Silberband 102 - Aufbruch der Basis
noch verstärkt – falls es einen gab.
Er ging zu Verthe. Sie drehte nur den Kopf ein wenig, als er sich ihr näherte, und lächelte matt.
»Alles gut überstanden?«, fragte er.
»Ich bin in Ordnung.« Ihre Worte klangen so eigenartig, dass er aufmerksam wurde. Er bemerkte, wie es in ihren Augen aufblitzte, und verstand. Sie wollte ihm zu verstehen geben, dass sie die Phase der Verzückung überwunden hatte und zu nüchterner Überlegung zurückgekehrt war. Sie scheute sich nur davor, das offen zu sagen.
»Bist du schon lange wach?«, fragte er.
»Seit einigen Minuten«, antwortete sie und stand auf. »Ich muss mich bewegen.«
Schweigend verließen sie ihre Wohninsel, gingen eine Weile wie ziellos umher und näherten sich dann einer Tür.
»Ich glaube, es hat keinen Sinn, mit den anderen zu sprechen«, bemerkte Verthe endlich. »Keiner beachtet seine Nächsten, jeder ist mit sich allein. Alle warten nur darauf, dass etwas geschieht.«
»Und was wird geschehen?«
»Mir wäre wohler, wenn ich das wüsste.«
Sie hatten die Tür erreicht. Plondfair ließ seine Hand über den Rahmen gleiten. Er fühlte eine Erhebung unter den Fingern und drückte sie ein. Die Tür glitt auf. Dahinter lag ein Kontrollraum mit Überwachungsinstrumenten, aber ohne Sitzgelegenheiten.
»Für Roboter eingerichtet.« Der Lufke berührte Sensortasten unter den Schirmen. Das Bild einer Containerstraße entstand. Über verschiedene Transportbänder flossen Ströme von Konserven zu den Containern.
Plondfair deutete auf eine der übrigen Wiedergaben. »Hier werden die Container in Waggons einer Vakuumbahn verladen. Das bedeutet, dass Lebensmittel in erheblichen Mengen von hier aus zu einem anderen Bereich in der Konditionierten Zone gebracht werden.«
Er erläuterte Verthe, was er unter dem Begriff der Konditionierten Zone verstand, mit dem er die von unbekannten Kräften geschaffene Lebensinsel auf Välgerspäre bezeichnete. Damit gab er der Welt, in der Verthe und er sich befanden, einen treffenden Namen.
»Es gibt hier also nicht allein die Berufenen, sondern mehr Wynger, die versorgt werden müssen«, folgerte die Frau. »Wahrscheinlich Tausende. Für weniger wäre kaum eine derart aufwendige Anlage errichtet worden.«
Plondfair entdeckte nichts weiter, was ihm wichtig erschien. Er kehrte mit seiner Gefährtin in den Saal zurück. Hier waren inzwischen sieben Kegelroboter erschienen. Lautlos versorgten sie die Berufenen mit einer einfachen Mahlzeit. Von Plondfair und der jungen Frau nahmen sie keine Notiz. Es schien weder sie noch sonst jemanden zu stören, dass die beiden den Kontrollraum besichtigt hatten.
Die beiden Berufenen erhielten ebenfalls ungewürztes, aber wohlschmeckendes Fleisch. Die Menge reichte aus, sie zu sättigen. Danach warteten sie. Doch nichts geschah.
Plondfair ging wieder zu Verthe. »Ich will wissen, wohin die Lebensmittel gebracht werden«, raunte er. »Irgendwo muss eine Art Stadt sein.«
Verthe hatte ebenfalls darüber nachgedacht. »Wir müssen den Verladebahnhof finden und uns in einem Container verstecken«, erwiderte sie im Flüsterton. »Zuvor aber müssen wir prüfen, ob die Behälter luftdicht sind, damit wir in der Vakuumröhre nicht ersticken.«
»Der Bahnhof kann nur irgendwo unter uns sein«, vermutete Plondfair. »Die Röhre führt durch das Gestein. Wahrscheinlich befinden wir uns in der Mitte der Konditionierten Zone, also führt die Bahnstrecke zur Peripherie. Wir gehen eine Runde, vielleicht finden wir dabei einen Abgang.«
Niemand hielt sie auf, aber diesmal betraten sich nicht den Kontrollraum, sondern folgten der Saalwand. Hier war es so dunkel, dass sie nur wenige Schritte weit sehen konnten.
Das Licht der Wohninseln schien im Nichts zu versickern. Der Boden fühlte sich weich an.
Einer der Berufenen in ihrer Nähe erhob sich von seiner Liege und begann mit gymnastischen Übungen. Dabei schien er unsichtbaren Energiefeldern ausgesetzt zu sein, die seinen Körper belasteten.
Nach und nach stießen Plondfair und Verthe auf eine Reihe von Türen, von denen sich einige öffnen ließen. Dahinter lagen Räume, die teils leer, teils mit Vorräten vollgestopft waren, technische Einrichtungen enthielten oder in nach oben führende Gänge mündeten. Schließlich fanden sie einen Raum, von dem aus ein Antigravschacht nach unten ging. Sie wollten ihn schon betreten, als Verthe auf einen in der Nähe stehenden Roboter aufmerksam wurde. Rasch schloss sie den Zugang wieder.
Langsam
Weitere Kostenlose Bücher