Silberband 102 - Aufbruch der Basis
verschwunden.
Das weit mehr als eine Stunde später erforderliche Bremsmanöver bereitete dem Kommandanten Sorge. Mit geringeren Werten ausgeführt, würde es deutlich mehr als die fünf Minuten der Beschleunigungsphase in Anspruch nehmen, aber eben auch weniger Streueffekte produzieren. Alles hing davon ab, ob der Nahbereich des Raumriesen ebenso umfassend überwacht wurde wie die Distanzen über mehrere Lichtminuten hinaus.
Träge tropfte die Zeit dahin. Die BAS-X-3 verglühte nicht in einem jäh aufflammenden Glutball.
Endlich das Bremsmanöver. Immer hastiger blinzelte Bahrajn, weil der Schweiß in seinen Augen brannte.
Minutenlang redete niemand. Dann sagte Roi Danton: »Es sieht so aus, als hätten wir es geschafft!«
Die BASIS war mit bloßem Auge sichtbar – ein atemberaubendes Gebilde, dessen Umrisse von dem weit entfernten Sternenglanz der Milchstraße wie ein Phantom aus der absoluten Lichtleere des extragalaktischen Raums hervorgehoben wurde.
Nur noch mit dem Hilfstriebwerk dirigierte Bahrajn das Boot. Mit äußerster Vorsicht landete er unter dem Raumschiff der IMPERIUMs-Klasse, das nahe dem Mittelpunkt der Plattform verankert stand.
»Ich bin Ihnen eine Erklärung schuldig«, sagte Danton endlich. »Sie haben ein Recht, zu erfahren, warum ich diesen Vorstoß unternehme. An Bord der BASIS befindet sich eine Frau, die nicht menschlicher Abstammung zu sein scheint. Sie weiß möglicherweise von Dingen, die das Ziel der Expedition PAN-THAU-RA betreffen, und muss deshalb unbedingt in Sicherheit gebracht werden.«
»Es wird nicht leicht sein, in der BASIS eine einzelne Person zu finden«, gab Bahrajn zu bedenken. »Wie erkennen wir die Frau?«
»Sie nennt sich Dunja Varenczy, und sie ist von unbeschreiblicher Schönheit«, antwortete Danton.
Der Flug der BAS-X-3 war an Bord der BASIS nicht so unbemerkt geblieben, wie Danton und Bahrajn glaubten. Es war kaum mehr als ein Zufall gewesen, dass Jentho Kanthall, als ihn die Nachricht vom Start der BAIKO erreichte, ein Interesse für die Vorgänge entwickelt hatte – womöglich, weil er keine logische Erklärung dafür hatte.
In seinem Quartier stand ihm der Peripherierechner zur Verfügung, an den seine Datengeräte angeschlossen waren. Kanthall verlangte eine Analyse der aufgezeichneten Ortungsdaten. Das Ergebnis deutete darauf hin, dass außer der BAIKO noch eine zweite Energiequelle vorhanden gewesen sein musste.
Kanthall ließ die Emissionen der BAIKO ausfiltern und fand schließlich die zweite Energiequelle. Sie war von sehr geringer Intensität, offenbar ein kleines Fahrzeug, das sich der BASIS näherte.
Noch vor wenigen Stunden hätte er angesichts eines solchen Sachverhalts sofort den Befehl gegeben, das unbekannte Fahrzeug aufzubringen und seine Besatzung gefangen zu nehmen. Mittlerweile empfand er anders, denn vor vierzig Minuten war ihm Dargists Ultimatum zugegangen. Das Ungeheuer forderte, dass die gesamte Besatzung der BASIS ›alsbald‹ rekonditioniert werde. Obwohl Dargist kein Zeitverständnis besaß, ging aus der Forderung hervor, dass Kanthall nur wenige Stunden blieben, um ein Wunder zu vollbringen. Er hatte mit Dargist zu diskutieren versucht, aber das Monstrum hatte sich gegen jedes Argument gesperrt.
Dargists plötzliche Feindseligkeit war auf den Zwischenfall mit der Brigade zurückzuführen. Kanthall hatte inzwischen erfahren, dass keineswegs die gesamte Brigade, sondern nur wenige ihrer Mitglieder vor einer nicht näher definierten Drohung davongelaufen und in den Zustand der Emotionalität zurückgefallen waren. Er versuchte gar nicht, Dargist gegenüber den Vorfall zu beschönigen, sondern gab zu, dass das Rekonditionierungsprogramm seine Schwächen habe. Aber das Ungeheuer hatte Verdacht geschöpft.
Kanthall nahm emotionslos zur Kenntnis, dass er sich in Gefahr befand. Falls er das Ultimatum nicht erfüllte, würde er selbst das erste Opfer des Ungeheuers sein. Dargist hatte zu verstehen gegeben, dass die bisherigen Leiter der Expedition, deren Verschwinden ihm keineswegs entgangen war, als Erste der Lehre der reinen Vernunft zugeführt werden mussten.
Nur wenn es Kanthall gelang, Hamiller, Kauk und ihre Begleiter zu überreden, dass sie die Behandlung über sich ergehen ließen, gab es vielleicht noch eine Möglichkeit, Dargists Drohung abzuwenden. Aber nur er selbst – wenn überhaupt jemand – würde Hamiller und Kauk zum Nachgeben überreden können. Andererseits würde Dargist misstrauisch werden, sobald er
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