Silberband 102 - Aufbruch der Basis
Nährmutter umbringen?«, herrschte der Mediziner Plondfair an. »Wir haben Sie gewarnt. Jede Aufregung kann den sofortigen Tod bedeuten, aber das wollen Sie anscheinend nicht begreifen. Zum Glück bin ich zufällig vorbeigekommen. – Gehen Sie sofort! Ich werde dafür sorgen, dass Sie für den Rest des Fluges nicht mehr zu ihr dürfen.«
Plondfair ballte die Hände zu Fäusten. Fast hätte er die Beherrschung verloren, doch damit hätte er Koßjartas Lage nur verschlimmert. Er beugte sich über sie und rieb sie im Nacken. »Ich werde an alles denken, was du mir gesagt hast«, versprach er.
Er spürte die finsteren Blicke des Mediziners in seinem Rücken, als er die Kabine verließ.
Auf dem Korridor wartete der junge Kryn auf ihn, der ihn bei seiner Ankunft an Bord begrüßt hatte. »Sie sollen mich zu Gainth bringen?«, vermutete Plondfair.
»Ja«, stotterte der Wynger verblüfft. »Aber … woher wissen Sie das?«
Plondfair lachte nur. »Waren Sie jemals im Torgnisch-System?«, fragte er.
»Ich gebe keine Auskünfte«, erwiderte der Novize, offensichtlich verärgert darüber, dass er so aus der Fassung gebracht worden war.
Plondfair folgte dem Kryn. Er fragte sich, ob Gainth massiv gegen ihn vorgehen würde, hielt das aber doch für wenig wahrscheinlich, denn dann hätte der einflussreiche Priester ihn wohl kaum zu sich bestellt.
Plondfairs Führer blieb vor einer Kabinentür stehen.
»Sie können eintreten; Gainth erwartet Sie.« Seine Stimme bekam einen gehässigen Unterton, als könne er kaum erwarten, dass Plondfair einen gehörigen Dämpfer erhielt. Der Berufene beachtete ihn jedoch nicht länger, sondern betrat Gainths private Aufenthaltsräume.
Gedämpftes Licht herrschte, und Plondfair brauchte einige Augenblicke, um seine Umgebung zu erkennen. Gainth stand im Durchgang zu einem Nebenraum. Er trug einen weiten Umhang, seine Füße waren nackt.
»Setzen Sie sich!« Der Priester machte einen freundlichen Eindruck, doch Plondfair wusste längst, wie trügerisch das sein konnte. Er suchte sich eine Sitzgelegenheit.
Der Priester begann eine unruhige Wanderung.
»Ich gehe davon aus, dass das Alles-Rad Sie nicht ohne Grund in den Kreis der Berufenen aufgenommen hat«, sagte Gainth nach einiger Zeit. »Deshalb bin ich fast entschlossen, Ihr unbotmäßiges Verhalten zu verzeihen.«
»Ich bin mir keiner Schuld bewusst«, entgegnete Plondfair.
»Sie sind ein junger Narr, der sich nicht unter Kontrolle hat. Außerdem hängen Sie ketzerischen Gedanken nach. Ich habe mich entschlossen, Ihnen etwas zu zeigen, worüber Sie nachdenken können.«
Plondfair sah den Kryn abwartend an.
»Als junger Mann litt ich an einer unheilbaren Krankheit und war vom Tod bedroht«, fuhr Gainth fort. »Mein Ende schien schon gekommen, als man sich entschloss, mich ins Torgnisch-System zu schaffen und mir die Chance zu geben, über das Rad zu gehen.« Er blieb vor Plondfair stehen. »Natürlich bezweifeln Sie meine Worte.«
»Nein«, beteuerte der Lufke. »Ich glaube Ihnen.«
»Sie lügen! Es entspricht Ihrer Mentalität, alles anzuzweifeln, was man Ihnen sagt.« Gainth beugte sich zu Plondfair herab und öffnete seinen Umhang in Brusthöhe. In seiner Brust klaffte ein dunkles Loch. Es war die hässlichste Wunde, die Plondfair je gesehen hatte. Er senkte entsetzt den Blick.
»Baivier«, sagte Gainth. »Lokale Auszehrung eines lebenswichtigen Organs mit Durchbruch zur Körperoberfläche, junger Mann.«
Plondfair hatte schon von dieser schrecklichen und seltenen Krankheit gehört.
»Ich ging über das Rad und wurde gerettet«, fuhr der Kryn fort. »Sie können sich die Wunde noch einmal ansehen und sich davon überzeugen, dass kein Wynger unter normalen Umständen damit leben könnte.«
Plondfair stöhnte leise, als Gainth den Umhang wieder schloss.
»Von diesem Zeitpunkt an«, sagte der Priester ernst, »war mein Glaube an die Weisheit des Alles-Rads nicht mehr zu erschüttern. Ich wurde ein Kryn-Novize, denn nur als Priester kann ich einen Teil des Dankes abstatten, den ich dem Alles-Rad schuldig bin.«
Plondfair hatte Mühe, seine Erschütterung zu verbergen. Der Auftritt hatte seine Wirkung nicht verfehlt, aber auch wenn das beabsichtigt gewesen war, hatte Gainth einen unübersehbaren Beweis erbracht.
Der Kryn nahm nun ebenfalls Platz. Er setzte sich Plondfair gegenüber. »Sie wollen für alles eine Erklärung«, sagte er bitter. »Sie meinen, alles verstehen zu müssen, was das Alles-Rad in seiner
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