Silberband 103 - Facetten der Ewigkeit
entkommen!«, stöhnte Eawy. »Wir hätten uns doch Tifflors Hilfe versichern sollen.«
»Ich werde ihm die Flucht unmöglich machen«, gab Vapido zurück.
Während sie auf die Rampe zueilten, bildeten sich zwei scharf umrissene Kältezonen. Ein heftiger Sturm fegte die Seitenfläche der Pyramide abwärts.
»Yana ist in Lebensgefahr!«, rief der Pastsensor. »Ich bin sicher.«
Bis Eawy und Dun den westlichen und Bran Howatzer den nördlichen Eingang erreichten, prasselten bereits Hagelschauer herab.
Je weiter die drei in die Pyramide eindrangen, desto deutlicher registrierten sie, dass ihre Psi-Kräfte schwächer wurden.
Schneeschauer hüllten die Pyramide ein. Grelle Blitze verwandelten Palmen in lodernde Fackeln, und Hachmads Schreie verhallten im rollenden Donner.
Der Sturm schleuderte Margor vorwärts, als er die Rampe erreichte. Innerhalb von Sekunden war er völlig durchnässt, und das Fundstück wurde zunehmend schwerer. Mit letzter Kraft erreichte der Mutant den Gleiter, warf die erbeutete Hantel auf den Rücksitz und startete. Der Sturm ließ den Gleiter taumeln, aber jenseits der Mykerinos-Pyramide endete dieses meteorologische Phänomen.
Boyt Margor holte das Letzte aus dem Gleiter heraus.
Die Mutanten trugen die benommene Yana Sarthel aus der Pyramide, und Sicherheitschef Uchillos kam ihnen auf der Rampe entgegen, als sie ins Freie traten.
Der Himmel war wieder klar, doch überall zeigten sich die Spuren des Orkans. Schnee und Hagel tauten nur langsam weg.
Uchillos starrte Howatzer an und sagte in fast bösartigem Ton: »Am liebsten würde ich Sie drei einsperren. Sie waren unten. Was ist mit dem Fund?«
»Margor ist damit geflüchtet.«
Sanitäter kümmerten sich um die blutüberströmte Ägyptologin. Auf dem Weg zum Hotel wandte sich Eawy an Uchillos. »Zum Glück hat Margor keinen ernsthaften Widerstand bemerkt. Er hätte sonst hemmungslos getötet.«
Der Sicherheitschef antwortete nicht.
Kurze Zeit später stand eine Bildverbindung mit Tifflor und Adams.
»Ich glaube Ihnen jetzt«, sagte der Erste Terraner, nachdem die Mutanten vorgebracht hatten, wie sich das Problem aus ihrer Sicht darstellte. »Sie werden nicht mehr beschattet. Helfen Sie uns, Margor unschädlich zu machen?«
Boyt Margor kostete seinen Triumph ganz allein aus.
Der Behälter war mechanisch nicht zu öffnen gewesen. Erst seine psionischen Fähigkeiten hatten die Hülle aufspringen lassen. Nun lag der eigentliche Fund vor ihm.
Vorsichtig hob Margor den Inhalt mit beiden Händen heraus. Es waren seltsam wirkende, fremdartig geformte Teile. Er entdeckte daran etwas, das wie eine Öffnung wirkte, und blickte hinein.
Im nächsten Moment zuckte er gurgelnd zurück, als hätte ihn ein Schlag getroffen. Zitternd ließ er den unheimlichen Gegenstand in die Hülle zurücksinken. Nackte, primitive Angst wollte ihn lähmen.
Er hatte ins absolute Nichts, in den Abgrund aller Abgründe hineingesehen.
»Was ist das?«, flüsterte er und wusste plötzlich, dass er sich an einem Wendepunkt seines Lebens befand.
39.
Goran-Vrans Entwicklung verlief in durchaus normalen Bahnen, nicht anders als die seiner Altersgenossen. Aber gerade zu dem Zeitpunkt, als sein Reifeprozess abgeschlossen zu sein schien und er glaubte, alle erforschten Geheimnisse des Lebens und die Bestimmung seines Volkes zu kennen, wurde sein Weltbild zerstört. Er stand inmitten der Trümmer und kämpfte verwirrt um eine Neuorientierung.
Am Anfang war alles einfach gewesen. Die Welt seiner Kindheit war die Stadt mit ihren neun mal neun mal neun kegelförmigen Gebäuden, deren Spitzen in den dunstigen Himmel von Alkyra-II aufragten. Die Wüste dahinter begrenzte diese Welt; dort lebten die Monaden, jene monströsen Plasmawesen ohne Intelligenz und ohne beständige Körperform.
Eines Tages meldete sich eine lautlose Stimme in seinem Kopf, die er von da ab immer öfter hörte. Er lernte, dass diese wesenlose Stimme der ›Königin‹ gehörte, die sich selbst als Duade bezeichnete - und sie wurde zu einem gottgleichen Wesen für ihn.
Es war ein offenes Geheimnis, dass sein Volk vor Generationen nach Alkyra-II gekommen war, um auf den Impuls zu warten. Der Wüstenplanet war nicht die Heimat der Loower, und nicht alle Loower wohnten auf Alkyra-II. Goran-Vran erschien es fast so, als seien sie ein heimatloses Volk. Sie hatten an vielen Orten Neunturmanlagen errichtet, zur Tarnung vor dem Feind wirkten diese Bauten verfallen. Andere Loower durchstreiften in
Weitere Kostenlose Bücher