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Silberband 103 - Facetten der Ewigkeit

Silberband 103 - Facetten der Ewigkeit

Titel: Silberband 103 - Facetten der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Perry Rhodan
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zeichnen?«
    Sie legte einen Notizblock und einen Schreibstift vor ihn hin. Er fasste beides nicht an, denn er dachte an seinen Freund. Boyt war ein wahrer Freund. Er tat ihm Gutes. Niki wollte auch Gutes für Boyt tun. Er lächelte verschmitzt in sich hinein, als ihm die Nurse das Schreibwerkzeug zwischen die Finger drückte. Er wusste sie richtig einzuschätzen.
    »Zeichne. Irgendetwas, das dir gerade einfällt.«
    Der Freund . Er sah ihn deutlich vor sich: ein Weißling, dunkle Käfer als Augen, freundlich in der Tiefe, mystisch an der Oberfläche, lang und dünn, ohne den Babyspeck, den Niki am Körper hatte. Das liebliche Gesicht, kindlich wie Nikis, hohe Stirn mit vielen, vielen klugen Gedanken dahinter - und mit der Quelle des Saftes.
    Niki wurde hungrig, wenn er nur daran dachte.
    Er beeilte sich, mit der Zeichnung fertig zu werden. Er benötigte nur wenige Striche, um die wesentlichen Merkmale seines Freundes auf die Folie zu bringen. Dann schob er die fertige Zeichnung der Nurse hinüber, die ihr Buch, in das sie sich gerade vertiefen wollte, seufzend zurücklegte.
    Sie blickte die Zeichnung an, danach Niki. Lange, sehr lange.
    »Das ist ein Thema, über das wir auch noch sprechen müssen«, sagte sie in einem Tonfall, der ihn veranlasste, sich ganz klein zu machen. Er hätte am liebsten wieder Fragmente aus dem Buch rezitiert, um sich abzulenken.
    »Du hast die Ähnlichkeit mit dem Mann, den du verfolgt hast, gut getroffen«, fuhr sie fort. »Aber gewöhne es dir ab, Menschen wie DNS-Ketten zu zeichnen, auf die du in willkürlicher Reihenfolge ihre Glieder, Organe und Eigenschaften aufknüpfst. Das nur nebenbei. Niki, du weißt genau, dass du andere Patienten nicht belästigen sollst. Nicht alle sind so manisch veranlagt wie du und ständig zu Scherzen aufgelegt. Die meisten wollen ihre Ruhe .«
    Niki kapselte sich ab, um die Moralpredigt nicht anhören zu müssen. Er wanderte mit seinen Gedanken hinaus in die Wälder der Halbinsel, die ihn manchmal an seine Heimat erinnerten und manchmal an ein Gefängnis. Er sah das Gefängnis wie durch einen Raster, das war immer so, wenn er etwas begreifen oder analysieren wollte, dann sah er die Dinge im Ganzen, aber aufgerastert.
    Wenn es ihm zu bunt wurde, würde es ein Leichtes für ihn sein, aus dem Gefängnis auszubrechen. Er hoffte aber, dass er hier seine zweite Heimat fand.
    Obwohl er mit den Gedanken ganz woanders war, fiel es ihm auf, wenn die Nurse eine Stellungnahme von ihm erwartete. Dann rechtfertigte er sich einfach damit, dass er aussprach, was er gerade dachte. Er konnte sich das erlauben, weil die Nurse ihn für nicht ganz richtig im Kopf hielt. Er hätte zu gerne gewusst, was in ihrem Kopf vorging, wenn er etwas antwortete, was sie gar nicht hören wollte. Manchmal sagte er auch, was sie hören wollte, um ihr einen Gefallen zu tun.
    »Es ist hoffnungslos mit dir, Niki.« Sie seufzte. »Aber eines schreibe dir hinter die Ohren: Wenn du dich dem Patienten noch einmal ungebührlich näherst, dann kannst du was erleben. Wenn er etwas von dir will, kommt er von selbst. Halte dich an die Spielregeln, sonst stecke ich dich wieder ins Loch.«
    Niki zitterte, und seine Augen tränten. Das war ein böses Spiel. Sie hatte ihn schon einmal in die finstere Kammer gesteckt, in das ›Loch‹. Nur weil er sich ein Spielzeug gebastelt hatte. Einen Kasten, der bewegliche Bilder zeigte; das war doch nichts Böses. Aber sie hatte ihm den Bilderkasten weggenommen und ihm nicht geglaubt, dass er ihm gehöre. Darüber war er furchtbar wütend geworden, und er hatte um sein Spielzeug gekämpft. Danach hatte sie ihn in das Loch gesteckt, damit er sich beruhigte. Er wollte nicht wieder auf diese Weise gequält werden - deshalb rannte er fort.
    Es war bereits Nacht, und die Nurse rief verzweifelt seinen Namen und versuchte, ihm zu folgen. Aber er schüttelte sie ab.
    Er wusste, wo er seinen Freund finden konnte, und begab sich zu dem Kloster Megiste Lawra. Es war ein schönes Bauwerk, wirkte uralt, aber Niki wusste, dass es nicht das ›Original‹ war. Das echte Kloster Megiste Lawra war längst verfallen, die Terraner hatten dieses hier nur den alten Vorlagen nachgebaut.
    Niki wurde eingelassen und erhielt ein Zimmer zugewiesen, nachdem er seine Therapiekarte abgegeben hatte. Es war wichtig, seine Krankengeschichte überallhin mitzunehmen, damit die Ärzte jeder Station sofort wussten, was für ein Fall man war.
    Eine Betreuerin sagte ihm, in diesen bestimmten Trakt dürfe

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