Silberband 106 - Laire
langsam einen Dimmer betätigen. Als das Licht eine gewisse Helligkeit erreicht hatte und ich die Gegenstände darin verschwommen sehen konnte, wurde ein Summton hörbar.
Das Licht war orangefarbig, und der Summton passte dazu. Ich empfand das Licht und den Klang als harmonisch.
Kerinnja rührte sich. »Was ist das?«, fragte sie verschlafen.
»Pst!«, machte ich. »Ein Traum. Verscheuche ihn nicht.«
Ich war nun hellwach, kletterte über meine Schwester, die schwer wie ein Sack auf dem Bauch lag, und setzte mich an den Bettrand. Neugierig starrte ich in die orangefarbene Dämmerung.
Der Summton wurde unhörbar, aber irgendwie konnte ich ihn weiterhin spüren. Vater hatte Kerinnja einmal erklärt, dass Tiere ein feineres Gehör als Menschen hätten, und ich war sicher, dass unser Hund, den wir auf Gäa besessen hatten, jetzt einiges hätte hören können.
Kerinnja wälzte sich unruhig hin und her, und ich kraulte sie im Nacken, wie ich es von Vater gesehen hatte. Ihr Schlaf wurde wieder ruhiger.
»Keine Angst, kleine Terranerin«, sagte eine fremdländisch klingende Stimme aus der Luft. »Dir soll nichts geschehen.«
»Das hat Kerinnja heute schon zu mir gesagt«, erwiderte ich.
»Wer ist Kerinnja?«
»Meine Schwester.« Ich deutete auf sie. »Aber ich habe gar keine Angst. Wovor denn?«
»Mach trotzdem die Augen zu.«
»Warum?«
»Es ist besser, wenn du nicht siehst, was es sonst zu sehen gäbe.«
»Was?«
»Sollen wir dich in künstlichen Schlaf versetzen, kleine Terranerin?«
Ich musste kichern. So hatte mich noch niemand genannt. Der Sprecher musste also jemand sein, der kein Terraner war. Logisch, nicht? War es nicht einmal ein Mensch?, fragte ich mich und presste gehorsam die Augen zusammen. Ich tat dies besonders deutlich, mit entsprechender Grimasse und geballten Händen, damit es nicht auffiel, dass ich mogelte. Aber ich war recht neugierig, deshalb blinzelte ich.
In der Luft erschien eine Kugel. Das heißt, es war keine richtige Kugel, sondern nur kugelig, aber so unregelmäßig wie ein unbehauener Felsbrocken mit annähernder Kugelform. Die nicht kugelrunde Kugel dehnte sich wie ein Luftballon aus. Ein Luftballon aus Energie mit unregelmäßiger Form. Das Gebilde wurde größer und einer Kugel immer unähnlicher. Als es fast so groß wie Vater war, teilte es sich. Aus der Energieblase wurden zwei Gestalten.
»Du hast wirklich keine Angst?«, fragte die eine Gestalt.
»Nein«, sagte ich und tat weiterhin so, als presste ich fest die Augen zusammen. »Worum geht es? Ist das ein Spiel?«
»Ja … vielleicht. Ich weiß nicht, was das ist.«
»Du weißt nicht, was ein Spiel ist?«, wunderte ich mich. »Ein Spiel ist zum Beispiel, wenn ich rate, wer du bist.«
Die eine Gestalt näherte sich der Tür meines Zimmers. Sie war sehr breit und wirkte gedrungen. Am breiten Rücken hatte sie ein Flügelpaar, vorne Stielaugen wie ein Frosch, aber insgesamt sah sie aus wie einer von diesen terranischen Flugsauriern, die es nicht mehr gab. Wie konnte ich nur von solch seltsamen Fantasiegeschöpfen träumen? So hatte ich mir Loower nie vorgestellt.
Plötzlich erklang vom Korridor Gepolter. Vater rief mit verzweifelter Stimme Kerinnjas Namen, Mutter schrie schrill. Kerinnja sprang im Bett hoch. Sie starrte auf meinen Besuch und begann ebenfalls zu schreien. Ich konnte nur dasitzen und zuschauen.
Etwas prallte gegen meine Zimmertür. Die Tür sprang auf, und Vater taumelte herein. Er hielt die Waffe in der Hand, die er Mutter vor dem Schlafengehen gezeigt hatte.
»Sie sind da!«, schrie er und fuchtelte mit der Waffe durch die Luft. »Die Invasion der Loower hat begonnen.«
Kerinnja sprang aus dem Bett und lief zu ihm. Er drückte sie fest an sich und wich mit ihr zur Wand zurück, die Waffe gegen meine beiden Besucher erhoben. Aber er drückte nicht ab. Er erstarrte mitten in der Bewegung, gerade als er den Zeigefinger über dem Auslöser krümmte. In dieser Stellung blieb er stehen.
Auf dem Korridor war immer noch wüstes Gepolter zu hören. Ich sah eine unförmige Gestalt vorbeihuschen und wusste, dass zumindest noch ein dritter Besucher gekommen sein musste.
Dann tauchte draußen wieder Mutter auf. Sie warf einen Blick in mein Zimmer, sah mich, und ich hatte den Eindruck, dass mein Anblick sie beruhigte.
Sie verschwand, kehrte jedoch wieder zurück und stolperte zu mir ins Zimmer.
»Baya, was für ein Glück …«
Jetzt erst sah sie die beiden Fremden und schrie. Ihr Schrei verstummte wie
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