Silberband 106 - Laire
meldete, dass sein Kontaktmann nicht zu dem Treffen erschienen war, und sagte, dass er bei dessen Adresse nach dem Rechten sehen wolle.
Er war durch Zufall auf Haman Gheröl gestoßen. Auf der Suche nach geeigneten Leuten für Adams' neu gegründete und schnell wachsende Organisation war er natürlich die Passagierlisten der Einwandererschiffe aus der Provcon-Faust durchgegangen. Neben einigen anderen Namen hatte die Positronik Gheröls Namen als besonders geeignet für diese Aufgabe ausgeworfen.
Haman Gheröl verfügte nicht über besondere Fähigkeiten, sah man davon ab, dass er sich darauf verstand, Kontakte zu Vakulotsen zu knüpfen, was auf der Erde aber nicht gefragt war. Haman war ein Patriot der alten Schule, für den Terra über alles galt. Das war schon auf Gäa so gewesen. Haman war diszipliniert und ein kompromissloser Befehlsempfänger.
Diese Eigenschaft hätte ihn unter anderen Gegebenheiten eigentlich disqualifizieren müssen, denn es gab längst keinen Kommissgeist mehr. Von sturer Befehlsausführung hielt man in neuerer Zeit nicht mehr viel. Doch unter diesen besonderen Umständen konnten Männer vom Typ Hamans sehr wertvoll sein.
Untersuchungen hatten ergeben, dass diese Menschen besonders anfällig für die Psi-Botschaften des parasensiblen Motivlenkers Boyt Margor zu sein schienen. Kurz gesagt, man wollte Leute wie Gheröl für Margor als Köder auslegen in der Hoffnung, dass er sie zu Paratendern machte. Um an Margor heranzukommen – falls er sich überhaupt noch im Bereich der Erde aufhielt –, scheute man keinen Aufwand.
Die Angelegenheit wurde einfacher, weil Haman Gheröl auf der Suche nach einem Job war. Carl glaubte, ihn bei diesem Treffen verpflichten zu können, ohne ihm Details über seine Aufgabe verraten zu müssen.
Er erreichte Hamans Wohnung. Niemand öffnete ihm. Carl brauchte nicht lange, um mithilfe seines Spezialwerkzeugs einzudringen.
Die Wohnung war verlassen und aufgeräumt. Es herrschte eine geradezu peinliche Ordnung. Als Carl sich genauer umsah, stellte er fest, dass sich jemand große Mühe gemacht hatte, ein heilloses Durcheinander, das vorher geherrscht haben musste, sorgsam zu beseitigen und alle Spuren zu verwischen.
Besonders stutzig machte ihn jedoch, dass gewisse Kleinigkeiten absolut nicht stimmten. Wer immer hier Ordnung geschafft hatte, konnte nicht viel über die Lebensgewohnheiten einer terranischen Familie wissen, denn er hatte einzelne Gegenstände auf Plätze gestellt, auf die sie absolut nicht hingehörten. Was hatte eine Blumenvase auf dem Hygienebecken der Toilette zu suchen? Und wer setzte einen Bioplast-Gucky in die Speisenwärmerkammer? Entweder ein Witzbold oder einer, dem zwischenmenschliche Beziehungen fremd waren. Etwa jemand, der so weltfremd wie Margor war.
Die Sache war Carl wichtig genug, sie seinem Büro zu melden. Sollte das Spurensicherungskommando sich hier mal umsehen. Vielleicht fanden die Jungs vom Schnüfflerdienst einen Hinweis auf Margor.
Für Carl war damit der Fall Haman Gheröl erledigt. Er machte sich auf den Weg zu seiner nächsten Verabredung.
Sein Mann hieß Valdo Susper. Ein schneidiger Bursche, der mit aufgeblasenem Brustkorb und eingezogenem Bauch herumlief. Strammstehen war für ihn ein Zauberwort. Wahrscheinlich schlief er sogar stramm.
Ein terranischer Psychologe des 20. Jahrhunderts hatte behauptet, dass die herkömmliche Figur mit hervorstehender Brust und eingezogenem Bauch das Symbol verdrängter Sexualität sei und auf diese Weise seelisch kastrierte Jungen zu entmannten Männern heranwuchsen. Auf die Gegenwart übertragen, konnte man sagen, dass aus dressierten Jungen potenzielle Paratender des Boyt Margor wurden. Und dafür war Valdo Susper ein Prototyp.
19.
Boyt Margor: 11.11. bis 14.11.3586
Ich war kurz auf der Erde und habe Athos einen Besuch abgestattet. Auf der griechischen Halbinsel, wo die von mir gegründete GEPAPH ihre größte Niederlassung hat, befand sich die letzte Bastion von Paratendern.
Irgendwie erschien mir das seltsam. Ich wusste längst, dass meine drei erklärten Gegner Bran Howatzer, Eawy ter Gedan und Dun Vapido seit einiger Zeit mit der LFT zusammenarbeiteten. Sie kannten Athos und wussten, was dort gespielt wurde. Keine Frage, dass sie ihr Wissen der LFT mitgeteilt hatten. Umso verwunderlicher, dass Athos noch nicht ausgehoben wurde. Der Schluss, dass man die Halbinsel bloß beobachtete und hoffte, dass ich dort erscheinen würde, drängte sich mir auf. Offenbar sollte
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