Silberband 106 - Laire
das Sanatorium für geistig Instabile und Psi-Geschädigte für mich zur Falle werden.
Aber ich war auf der Hut. Einesteils war Athos für mich zur wichtigsten Nachschubbasis geworden. Denn die dort lagernden Vorräte an Lebensmitteln und technischem Gerät waren für mich von existenzieller Bedeutung. Ich brauchte sie für meine Hyperraumklausen. Andererseits war es ein Wagnis, den Kontakt mit den Paratendern auf der Halbinsel aufrechtzuerhalten.
Ich hatte trotzdem einen Weg gefunden, ihnen Befehle zu übermitteln, ohne persönlich aufzutreten. An vorher nicht festgelegten Orten hinterlegte ich Tonaufzeichnungen mit einem Miniatursender, den meine Paratender anpeilen konnten. In der Regel handelte es sich dabei um Anordnungen, welche Vorräte wo in Container verpackt abgestellt werden sollten.
Wenn das geschehen war, fand ich mich an diesen Sammelstellen ein und brachte die Container mit dem Auge in die Hyperklausen. Natürlich ging ich besonders vorsichtig ans Werk, doch bislang hatte ich noch keine Anzeichen einer Einmischung meiner Feinde bemerkt. Vielleicht warteten sie darauf, zu einem großen Schlag auszuholen. Ich dachte nicht daran, ihnen eine solche Gelegenheit zu bieten.
Von den auf Terra verbliebenen Paratendern kannte keiner meinen Aufenthalt. Sie wussten nichts über die Klausen im Hyperraum, von denen ich bereits sieben erschaffen, ausgerüstet und mit Personal besetzt hatte.
Als ich im Umgang mit dem Auge noch nicht so versiert gewesen war, hatte ich den einen oder anderen Paratender im Hyperraum verloren. Dabei denke ich vor allem an das erste Wischeropfer, den Psioniker Dentrov Quille. Einige, die später dasselbe Schicksal erlitten, hatte ich absichtlich während des distanzlosen Schritts zurückgelassen. Sie waren für immer im Hyperraum verschollen.
Wie gesagt, ich verließ Athos und erreichte eine der Hyperklausen. Ich hatte den Hyperraumnischen Nummern in der Reihenfolge ihres Entstehens gegeben, und da ich diese zuletzt erschaffen hatte, nannte ich sie Hyperklause sieben.
Chef war hier der Para-Physiologe Guntram Peres, der schon auf Terra zu meinen engsten Vertrauten gehört hatte. Ihm unterstanden vier Paratender. Hyperklause sieben war am schwächsten besetzt, aber die Besatzung war in keiner stärker als acht Mann.
»Du kommst mit leeren Händen, Boyt?«, sagte Peres enttäuscht.
»Was hast du erwartet?«
Er übergab mir eine Druckfolie. »Wir benötigen vor allem Sauerstoff, die Luft wird langsam knapp. Außerdem Konzentratnahrung. Und wir wissen nicht, wohin mit den Abfällen.«
»Ich nehme sie mit«, sagte ich.
Auf allen zehn Decks herrschte eine Schwerkraft von annähernd einem Gravo. Ich hatte noch nicht herausgefunden, ob das Auge sich diesbezüglich angepasst und eine mir genehme Schwerkraftkonstante geschaffen hatte oder ob das von dessen Erbauern so programmiert worden war.
Es gab auch eine schwerelose Achse, einem Antigravlift ähnlich, die das Überwechseln von einem Deck zum nächsten erlaubte. In den ersten vier Klausen hatte ich inzwischen zusätzlich Nottreppen installieren lassen, damit niemand bei eventuellen Energieproblemen auf einem der Decks festsaß. Aber eine solche Notsituation war bislang nicht eingetreten.
Peres schwebte mit mir in der Mittelachse zum untersten Deck, wo der Müll provisorisch in Kunststoffsäcken gelagert war. Ich stellte mich mit dem Auge dazu und leitete den Wischereffekt ein, der mir zum distanzlosen Schritt in die nächste Hyperklause verhalf. Obwohl dieses Überwechseln von einer Nische in die andere praktisch ohne Zeitverlust geschah, kostete es mich keine Mühe, den Müll im richtigen Moment abzustoßen und im Hyperraum zurückzulassen.
Ich erreichte Hyperklause sechs ohne den Ballast. Chef-Paratender war hier Claus Pollag, ein kaum zwanzigjähriger Mann, der eine spartanische Erziehung genossen hatte und zu dem ich eine besondere Psi-Affinität verspürte.
Pollag hatte seine fünf Paratender gerade auf dem fünften Deck vergattert. Ich materialisierte hinter ihm, und er bemerkte mich deshalb nicht sofort.
»Ich verlange von allen absolute Disziplin«, führte er gerade aus. »Auch wenn Boyt nicht da ist. Wir sind hier den Gesetzen des Hyperraums unterworfen, und eine der Eigenheiten der isolierten Klausen ist, dass wir in Boyts Abwesenheit von ihm psionisch abgeschnitten sind. Wenn einige von euch glauben, das ausnützen zu können, und sich gehen lassen …«
An der Reaktion seiner Leute musste Pollag erkannt haben,
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