Silberband 106 - Laire
Gefühl der Unwirklichkeit beschlich ihn. Ihre Blicke schienen ihn zu durchdringen. Entdeckte er ein Lächeln oder den Schimmer von Interesse, dann musste er gleich darauf feststellen, dass weder das Lächeln noch das Interesse dem Menschen Perry Rhodan galten, nicht einmal dem Mann, der bis jetzt noch Kommandant der SOL war.
Er ging in stillem Grimm weiter und entdeckte endlich unterhalb der Tribüne Hellmut. Der Sprecher der SOL-Geborenen diskutierte mit Yaal und deutete ärgerlich auf die vordersten Sitzreihen, wo sich auf den besten Plätzen Yaals engste Freunde niedergelassen hatten.
»Was wollen Sie eigentlich?«, hörte der Terraner Yaal sagen, als er nahe genug heran war. »Ihrer Initiative haben wir es sicher nicht zu verdanken, dass die SOL heute in unseren Besitz übergeht.«
Hellmut wandte sich wütend ab. Dann entdeckte er Rhodan. »Ich freue mich …«, begann er, aber Yaal unterbrach ihn.
»Hoffentlich haben Sie Ihre Rede gut vorbereitet«, sagte der Kosmobiologe grob zu dem Aktivatorträger. »Haben Sie vor, uns diese Feier im letzten Moment noch zu verderben?«
Hellmut griff hastig nach Rhodans Arm, als fürchte er, den Kommandanten der SOL zurückhalten zu müssen. Rhodan schüttelte den Kybernetiker mühelos ab.
»Was werden Sie den Solanern sagen?«, konterte er ausdruckslos.
»Das bekommen Sie in wenigen Minuten zu hören«, gab Yaal nach einer winzigen Pause zurück. Es war sein unerschütterliches Selbstvertrauen, das ihn arrogant und taktlos erscheinen ließ.
Noch vor wenigen Sekunden hatte Rhodan überlegt, ob er einen letzten Versuch unternehmen sollte. Er war beinahe entschlossen gewesen, mit Hellmut und Yaal zu reden. Wenn er ihnen sagte, was er von dem Verhalten der Solaner hielt, und erklärte, dass er keineswegs die Absicht hatte, die SOL-Geborenen zu schikanieren … Sie lebten lange genug in diesem Schiff, um zu wissen, wie leicht es dazu kommen konnte, dass Menschen in der Nähe einer Gefahr weilten, ohne sich dessen bewusst zu werden, während ein Außenstehender auf den ersten Blick erkannte, dass etwas nicht stimmte. Wenn es ihm gelang, sie wenigstens so weit zu bringen, dass sie ihm zuhörten … Der Gedanke verflog.
»Ich glaube nicht …«, sagte Rhodan sehr ruhig.
»Was …?« Yaal verstummte sofort wieder, denn der Aktivatorträger stand da schon auf dem Podium.
»Ich habe Ihnen eine Mitteilung zu machen«, eröffnete der Terraner laut. »Es geht alle an. Deshalb bitte ich, dafür zu sorgen, dass man mich überall in der SOL hören kann.«
Aus den Augenwinkeln heraus sah er Hellmut, der ihn entgeistert anstarrte, sich jäh umdrehte und davonging. In Gedanken bat Rhodan den Kybernetiker um Verzeihung. Er wünschte sich, er hätte Hellmut und den Solanern, die ebenfalls vernünftig und aufgeschlossen waren, das nicht antun müssen.
Er bekam ein Zeichen. Die Verbindungen bestanden bereits.
»Sie haben sich hier versammelt, um die SOL endgültig in Besitz zu nehmen. Ich übergebe Ihnen das Schiff. Es gehört Ihnen.«
Für einen Augenblick blieb es totenstill. Die Solaner waren so überrascht, dass sie sich nicht einmal freuen konnten. Dann erinnerten sie sich der Pläne, die sie für diese Minuten geschmiedet hatten.
Rhodan hatte das einkalkuliert. Ihm war längst klar, dass die geplante Feier kaum noch der Übergabe selbst galt – die Solaner betrachteten das Schiff schon seit Wochen als ihr uneingeschränktes Eigentum. So gesehen diente die Zeremonie nur der Bestätigung des bereits bestehenden Zustands. Rhodans Anwesenheit war für die Solaner aus einem anderen Grund wichtig. Als Kommandant trug er die Verantwortung dafür, dass die SOL in immer neue Gefahren geraten war. Es war seine Suche, mit der die Solaner sich nicht abfinden wollten. Alle Unannehmlichkeiten der Vergangenheit resultierten in ihren Augen aus Rhodans an Sturheit grenzender Ausdauer, mit der er Wege beschritt, die den SOL-Geborenen unverständlich blieben. Er verkörperte alles, was sie mit dem Begriff Terra gleichsetzten. Der Aktivatorträger erschien ihnen als Inbegriff jener für sie weitgehend unverständlichen Bindungen, die zwischen den Terranern und ihrer Heimatwelt selbst dann noch bestanden, wenn die SOL von der Erde schier unendlich weit entfernt war.
Darum sollte er und kein anderer den Schlussstrich unter die Beziehungen zwischen Solanern und Terranern ziehen. Wenn er die SOL offiziell übergab, war das mehr als ein juristischer Vorgang.
Rhodan hatte nun die Spielregeln
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