Silberband 108 - Grenze im Nichts
Margor die Zwotter an. »Empfangt ihr keine Botschaft bei seinem Anblick?«
»Oh …« Organizz nickte mit seinem schweren Kopf. »Was wunderlicher Schönsein, von gänzlicher Übergewältigtsein!«
»Unsinn!«, widersprach Margor. »Ihr empfindet beim Anblick dieses Psychods überhaupt nichts. Ihr habt nichts dazugelernt.«
Beide Zwotter sanken schuldbewusst in sich zusammen und gaben wimmernde Laute von sich.
»Ich will euch den guten Glauben zugutehalten, als ihr die Originale gegen diese Fälschungen ausgetauscht habt. Nur darum sehe ich von einer Bestrafung ab. Ihr könnt den Wert eines Psychods nicht abschätzen, weil ihr seine Ausstrahlung nicht spürt. Macht den angerichteten Schaden wieder gut, indem ihr uns zu dem Ort führt, an dem die Originale versteckt sind.«
Organizz und Generizza sangen erregt im Duett. Die anderen Zwotter fielen darin ein, bis von ihrem Kauderwelsch nichts mehr zu verstehen war.
Margor wandte sich an den Kristallroboter. »Verstehst du, was sie Palavern, Schneeflocke?«
»Sie diskutieren, was sie falsch gemacht haben könnten, dass die Nachbildungen dir weniger gut gefallen als die ihrer Meinung nach unvollendeten Originale. Diese Banausen!«
»Hauptsache, du kannst dich mit ihnen verständigen. Ab sofort bist du mein Dolmetscher. Mache den Zwottern klar, dass sie uns zu den Originalen führen müssen. Wir tauschen sie gegen diesen Plunder ein und leisten sogar noch eine Aufzahlung. Ich bin sicher, dass sie auf diesen Handel eingehen, denn sie sind recht geschäftstüchtig.«
Inzwischen hatten die Tempester weitere Zwotter herangeschafft. Margor gab seinen Leuten einen Wink und verließ mit ihnen die Museumshalle.
»Entweder sind die Zwotter wirklich so naiv, wie sie tun, oder sie sind besonders abgefeimte Burschen«, argwöhnte Hotrenor-Taak beim Hinausgehen. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie den Wert der Originale und vor allem ihre Bedeutung nicht erkannt haben. Schließlich sind sie die Nachkommen jener, die diese Psychode erschaffen haben.«
»Sie sind degeneriert«, erwiderte Margor. »Schon Harzel-Kold hat herausgefunden, dass den heutigen Zwottern die Kulturzeugnisse ihrer Vorfahren nichts sagen. Sie empfangen die Parusischen Sendungen der Psychode nicht. Sie sind handwerklich geschickt und können die Kunstwerke nachbauen, aber sie sind parapsychisch unbegabt und können kein Paraplasma erschaffen. Ihrer Meinung nach sind die eigenen Erzeugnisse den Vorbildern ebenbürtig, wenn nicht gar überlegen.«
»Könnte die Absicht dahinterstecken, die Originale aus dem Verkehr zu ziehen?«
Margor ließ die Frage des Laren unbeantwortet. Er war überzeugt, dass des Rätsels Lösung nicht bei den Zwottern lag, sondern bei den Psychoden selbst. Um sie rankten sich viele Legenden, die mögliche Erklärungen boten. Doch eine endgültige Deutung ließen alle nicht zu.
Harzel-Kold hatte einmal ein eiförmiges Psychod besessen, das ihm als Auge des Königs angepriesen worden war. Dieses Psychod verschwand über Nacht, ohne Spuren, die auf einen Diebstahl schließen ließen. Es schien sich einfach in Luft aufgelöst zu haben. Ähnlich verhielt es sich mit dem Psychod, das nach Jota-Tempesto gelangt war. Die Tempester verehrten jene Tanzende Jungfrau bislang wie eine Gottheit. Nur diesem Umstand verdankte es Margor, dass er sich dieses wilde Menschenvolk mit seinem Amulett hatte Untertan machen können.
»Ich muss die Psychode beschaffen.« Er trat durch das Hauptportal ins Freie. Dort hatten die Tempester alle Zwotter zusammengetrieben, deren sie habhaft geworden waren. Es waren an die dreihundert, viel mehr, als bei seiner Ankunft im Hause gewesen waren.
»Was soll mit ihnen geschehen?«, erkundigte sich Pontak.
»Lasst sie frei!«, befahl Margor. Als einige Tempester dem nicht sofort nachkamen, ließ er sein Amulett aufblitzen. Die Tempester wurden sofort gefügig, die Zwotter reagierten überhaupt nicht darauf.
»Verschwindet!« Erst als Margor eine drohende Haltung einnahm, liefen die Zwotter schreiend davon.
Die Sturmsirene heulte. Von Norden näherte sich eine gewaltige Staubfontäne, Finsternis senkte sich über das Land. Margor befahl alle ins Haus. Als die Fensterläden sich krachend schlossen und die Flügel des Hauptportals zugeschnappt waren, tauchte Schneeflocke auf. In seiner Begleitung befanden sich zwei Zwotter.
»Wir haben uns geeinigt«, sang Schneeflocke. »Die Zwotter nehmen die Fälschungen zurück. Organizz und Generizza werden uns zu dem
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