Silberband 108 - Grenze im Nichts
Wahrheit verhungert waren.
Aber wer war dieser grausame Feind gewesen …? Zum ersten Mal spürte der Hüter des Lichts Rachegefühle. Entsetzt darüber, kehrte er in die Memozentrale seines Ewigkeitsschiffs zurück und ließ sich vom Semorgehirn therapeutisch betreuen.
Nach der abgeschlossenen Behandlung hegte Tengri Lethos keine Rachegedanken mehr. Trotzdem wollte er herausfinden, woher der Feind gekommen war. Er musste eine Methode finden, die Aggressivität der Unbekannten abzubauen oder in positive Bahnen zu lenken.
Er wusste, dass nichts im Universum absolut böse war und dass er keineswegs berechtigt war, den Richter zu spielen, sondern nur die Pflicht hatte, das Gute in anderen Wesen zu verstärken.
Gerade wollte er mit dem Semorgehirn beraten, als es sich seinerseits meldete und mitteilte, es hätte eine Nachricht von Omar Hawk aufgefangen.
»Aus der Galaxis Milchstraße?«, fragte Lethos. Der Oxtorner musste noch mit seiner Mission befasst sein, die ihn zurück in seine heimatlichen Gefilde geführt hatte.
»Hawk berichtet von parapsychischen Manipulationen an Angehörigen intelligenter Völker der Milchstraße. Leider war die Botschaft so stark verstümmelt, dass ich den Wortlaut nur teilweise rekonstruieren konnte. Den Rest musste ich aus der Emotio-Analyse der Botschaft erraten.«
»Parapsychische Manipulationen?«, wiederholte der Hüter des Lichts. Er dachte an den Tod der Lurianer, der ebenfalls das Ergebnis parapsychischer Manipulationen sein konnte. Aber die Milchstraße und die Galaxis Chjenjenya lagen so weit auseinander, dass wohl nur Superintelligenzen diese Entfernung schnell überbrücken konnten. Von dem Ewigkeitsschiff abgesehen. Die Tat auf Luria war aber nicht das Werk einer Superintelligenz. Diese Wesenheiten dachten und handelten mit völlig anderen Maßstäben.
»Omar Hawk schien uns mitteilen zu wollen, dass seine Mission ihn noch für einige Zeit im Rosetta-Nebel festhalten wird. Danach will er sich um die Angelegenheit kümmern. Er scheint die Information aus dritter Hand zu haben, muss aber von ihrer Richtigkeit überzeugt sein, sonst hätte er keine Botschaft geschickt.«
»Und er scheint zu befürchten, dass durch die parapsychischen Manipulationen großes Unheil angerichtet werden könnte«, folgerte Lethos. »Aber warum setzt er sich nicht mit Tifflor in Verbindung? Gerade die Terraner müssten am besten dafür geeignet sein, die Entwicklungen in ihrer Heimatgalaxis positiv zu beeinflussen. Auf sie setze ich fast die gleichen Hoffnungen, wie ich sie auf die Lurianer setzte.«
Er blickte auf das holografische Abbild Lurias. »Omar muss gute Gründe gehabt haben, sich mit uns statt mit Tifflor in Verbindung zu setzen«, überlegte er laut. »Den Lurianern kann ich leider nicht mehr helfen. Aber vielleicht kann ich verhindern, dass in der Milchstraße ähnlich grauenvolle Dinge geschehen.«
Seine Gedanken schweiften ab zu Omar Hawk, der mit seinem Okrill Sherlock ein unzertrennliches Paar bildete und der sich als wertvoller Helfer erwiesen hatte. Omar hätte niemals einen Hilferuf geschickt, wenn er selbst in der Lage gewesen wäre, die Gefahr abzuwenden.
»Wie lange brauchen wir bis zur Milchstraße?«
»Mindestens zwei Wochen Terrazeit«, antwortete das Semorgehirn.
14.
»Ihre Exzellenz, die Botschafterin von Siga!«, meldete Kamuree Trautman, der diensthabende Sicherheitsoffizier von Imperium-Alpha.
»Mit welchem Anliegen?«, fragte Julian Tifflor. Er war ein wenig ungehalten, denn er wollte zwischen zwei Konferenzen einen Abstecher zum Mars machen und mit dem Türmer reden. Andererseits kannte er Aloe Puthmer seit Langem und schätzte sie sehr.
»Eine Beschwerde, Mister Tifflor«, antwortete Trautman. »Es handelt sich um einen Siganesen, der für die LFT arbeitet. Mehr wollte mir die Botschafterin nicht anvertrauen.«
Tifflor runzelte die Stirn. Es gab nicht viele Siganesen bei der Liga Freier Terraner. Die meisten siganesischen Spezialisten arbeiteten heute für die GAVÖK. »Ich lasse bitten!«, sagte er, nachdem ihn seine Überlegungen nicht weitergebracht hatten.
Eine ovale Antigravplattform, sechzig Zentimeter lang und dreißig Zentimeter breit, schwebte herein und stoppte vor Tifflors Arbeitstisch. In einem auf der Plattform verankerten Kontursessel saß die schlanke Siganesin. Sie war grünhäutig wie alle kleinen Menschen von Siga und rund elf Zentimeter groß. Ihr seidig glänzendes schwarzes Haar fiel wellig über ihre Schultern. Die Botschafterin
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