Silberband 108 - Grenze im Nichts
Behälter, in dem ein siganesisches Raumschiff liegt. Welche Schande!«
Doch Rassa bezweifelte, dass sich die Ertruser mit ihren Abwässern so große Mühe machen würden. Da die Detektoren nicht mehr anzeigten, um was es sich handelte, holte er mit einer Sondenlanze eine Probe ein, musterte die in dem Glaszylinder schwappende Flüssigkeit, roch daran – und grinste plötzlich breit. Dennoch nippte er nur vorsichtig daran, weil Verser ihn mit seinen pausenlos hervorgestoßenen Warnungen irritierte. Anschließend leerte er den Zylinder in einem Zug.
»Du hast dich vergiftet!«, jammerte sein Begleiter.
»Es wäre das erste Mal, dass sich ein Mensch mit Bier vergiftet hätte«, erwiderte Rassa. »Junge, wir schwimmen in einem Ozean besten ertrusischen Bieres.«
»Bier …«, jammerte Rayn Verser. »Ein Rauschmittel – und die stolze GAMMAEULE muss darin baden. Ich ertrage die Schande nicht. Vavo, wir sollten die Möglichkeit ins Auge fassen, die Biertonne zu …«
»Lagerfass«, fiel Rassa ihm ins Wort. »Ich nehme an, es handelt sich um ein Lagerfass, in dem das Bier nachgärt. Aber warum sprichst du nicht weiter?«
Rayn Verser schluckte krampfhaft. »Wir müssen dieses Lagerfass verlassen. Wenn der Loowerroboter landet und wir nicht da sind, nimmt er einfach sechs einheimische Siganesen – und wir haben das Nachsehen.«
Vavo schaute ihn lange an. »Wir sollen durch das Bier schwimmen, Rayn? Oder denkst du, dass wir das Fass leer trinken können?«
Verser schüttelte heftig den Kopf. »Schwimmen!«, stieß er halb erstickt hervor. »Mit geschlossenen Raumanzügen natürlich.«
»Gar nicht dumm. Wir schwimmen also nach oben, schießen ein Loch in die Fasswand und steigen aus.«
»So würde ich das nicht tun. Ein Leck fällt den Kontrollautomaten auf, was bedeuten könnte, dass unsere GAMMAEULE entdeckt wird. Es gibt aber doch sicher eine Vorrichtung zum Ablassen der bewussten Flüssigkeit …«
»Richtig!« Rassa schlug sich auf die Schenkel. »Der Anstichhahn zum Bierziehen … Wenn er weit genug ist, brauchen wir nur abzuwarten, bis die erste Probe gezogen wird, dann lassen wir uns durch das geöffnete Ventil mitspülen. Mit aktivierten Deflektoren, Antigrav und Ortungsschutz werden wir den Analyserobotern eine lange Nase drehen – und hui, schon sind wir draußen!«
Tukker Kirfut nahm die einunddreißigste Probe. Er überließ das nie den Automaten. Nicht, weil er glaubte, die Automaten könnten es nicht so gut wie er, sondern weil Braumeister Breckett es so von ihm verlangt hatte. Inzwischen hatte er sich nicht nur daran gewöhnt, die Arbeit selbst zu tun, sondern auch daran, genau so viel zu trinken, wie er einem Lagerfass zur Analyse entnahm, nämlich einen Liter.
Er hatte bereits dreißig Liter intus, als er die einunddreißigste Probe entnahm, aber er war sicher, dass sein Urteilsvermögen in keiner Weise getrübt war. Umso mehr erschrak er über die Halluzination, die ihn jäh überfiel. Im Probenbehälter bewegte sich etwas und wühlte das abgezapfte Bier wild durcheinander.
»Ein Siganese!«, brüllte Kirfut gewohnheitsmäßig, ohne zu wissen, dass hier sogar zwei Siganesen am Werke waren. Er schüttete das Bier aus – auf den Kachelboden, auf dem sich nicht einmal ein Siganese verbergen konnte. Dennoch befand sich in der Bierpfütze nicht die Spur eines der kleinen grünen Männer von Siga.
Zur Beruhigung zapfte Kirfut sich einen zweiten Liter Bier ab und trank, ohne abzusetzen. Im nächsten Moment nahm sein Gesicht einen überaus wachsamen Ausdruck an. Seine Augen und Nasenlöcher weiteten sich, er stieß zweimal laut auf. »Komischer Geschmack – und noch komischerer Geruch«, sagte er und zapfte den nächsten Liter ab.
»Schmeckt irgendwie metallisch«, stellte er nach einem vorsichtigen Schluck fest. Er nahm noch einen Schluck, dann spie er das Bier aus. »Als wäre es mit Ozon in Berührung gekommen. Aber das ist unmöglich. Wir reinigen unsere Fässer seit fünfzig Jahren nicht mehr mit Ozon.«
Er schüttete etwas von dem Bier in seine hohle Hand und musterte es genau. »Deutlich heller als gewöhnlich«, überlegte er im Selbstgespräch. »Gelb statt gelbbraun. Auch das könnte von Ozon verursacht sein.« Er stieß wieder auf. »Sauer, verdammt!«
Kirfut dachte nicht mehr an seine Halluzination, aber auch nicht mehr an Siganesen. Er stand vor einem praktischen Problem. Wie sollte er auch ahnen, dass der veränderte Geschmack und die hellere Färbung des Bieres vom
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