Silberband 110 - Armada der Orbiter
Brüder sind, wollen von nun an in alle Ewigkeit in Frieden miteinander leben.
Hobostel sprach nicht laut. Er war überzeugt, dass die Götter auch seine Gedanken hören konnten.
Die Sonne verdunkelte sich immer mehr. Aber keine heilige Kugel kam aus dem Himmel.
Hobostel starrte intensiv zu dem Feuerball im Zenit hinauf, dessen Licht nun rasch schwächer wurde.
Plötzlich schien es ihm, als würde sich die Sonne verformen. Die leuchtende Scheibe flackerte, wurde zu einem Oval und zuckte. Dann waren da plötzlich zwei Sonnen. Aber eine unwirklicher als die andere, als seien beide nur Trugbilder. Sie überlappten einander wieder und verschmolzen miteinander.
Dann geschah es. Jäh schien die Sonne zu erlöschen. Der Turm, auf dem Hobostel stand, schwankte. Risse bildeten sich, die Lehmmauern brachen auf und gaben die Felsquader frei. Über den Himmel geisterten düstere Leuchterscheinungen.
Von der Spitze des Turmes aus sah Hobostel, wie die Menge in der Tiefe in wilder Panik in alle Himmelsrichtungen auseinanderströmte.
»Bleibt! Lauft nicht weg! Wir sind alle Brüder!«, wollte er ihnen zurufen. »Ihr dürft die Omen nicht falsch deuten. Die Götter werden kommen!« Aber da wurde der Turm erneut heftig erschüttert, und dieser Belastung hielt das Bauwerk nicht mehr stand. Ein plötzlich einsetzender Sturm, so heiß wie der Atem eines Vulkans, riss Hobostel von der sich neigenden Spitze des Turmes und wirbelte ihn durch die Luft. Im Flug sah er, wie die stürzenden Mauern in einem klaffenden Riss versanken, der sich im Boden gebildet hatte.
Der aufbrechende Untergrund verschluckte auch den Hohepriester, der in seinen letzten Sekunden den Glauben an die Götter verlor. Wie hätte Hobostel auch wissen können, dass die »Götter« den Weltraumbeben fast ebenso hilflos gegenüberstanden wie die Schiffbrüchigen von Pearsons Planet.
Julian Tifflor war gerade die neuesten Berichte über die Weltraumbeben durchgegangen, als Homer G. Adams ihn aufsuchte.
»Ich komme von einer Sitzung des wissenschaftlichen Beirats.« Adams setzte sich dem Ersten Terraner gegenüber. »Du kannst dir denken, welches Thema zur Sprache gekommen ist.«
»Die Weltraumbeben?«, fragte Tifflor pflichtschuldig, wartete aber keine Antwort ab, sondern redete sofort weiter. »Wenn ich mir die Berichte ansehe, wird mir angst und bange. Ich will die Gefahr keineswegs verharmlosen, aber es hat in der Milchstraße schon immer tückische Naturereignisse gegeben. Gesammelt erwecken sie allerdings den Eindruck des bevorstehenden Weltuntergangs. Aber wie gesagt, ich will nichts ignorieren. Was hat die Sitzung ergeben?«
»Wir haben endlich eine wissenschaftliche Auswertung über eines der Beben. Die Daten kamen von einem Vorposten im Sektor Nordost.«
»Ich bin unterrichtet«, sagte Tifflor.
Unter den Meldungen in seinem Arbeitsspeicher war auch jene der Beobachtungsstation Gamma-Zeta. Allerdings hatte er nur eine Zusammenfassung ohne wissenschaftliche Details erhalten. Immerhin ging daraus hervor, dass im ungefähren Zentrum des Bebens ungeheure Kräfte frei geworden waren. Die Gravitationsstöße hatten sich wellenförmig nach allen Seiten ausgedehnt.
Eine unbemannte Sonde, nahe dem Bebenzentrum stationiert, war förmlich zerquetscht worden. Im unmittelbaren Bereich der Station Gamma-Zeta war nur noch eine Schwerkraftveränderung von 28 Gravos registriert worden. Und von einer weiter vom Bebenzentrum entfernten Sonde war nur noch wenig mehr als ein Gravo gemessen worden. Aus den Unterlagen ging auch hervor, dass sich die Gravitationswellen mit über hundertfacher Lichtgeschwindigkeit ausgebreitet hatten.
Das war ein beeindruckender Wert, der verriet, dass die Ursache für dieses Weltraumbeben – und vermutlich für alle anderen ebenso – nicht im Einsteinraum liegen konnte, sondern im Hyperraum zu suchen war.
»Wenn du die Unterlagen kennst, will ich dich nicht mit Details langweilen«, sagte Adams. »Die Wissenschaftler sind nach einer ersten Grobauswertung zu der Ansicht gekommen, dass keineswegs schon der Höhepunkt dieser Entwicklung erreicht ist. Früher oder später muss es zu stärkeren Ausbrüchen kommen. Es wurde einstimmig verlangt, dass gewisse Maßnahmen getroffen werden. Ein entsprechender Antrag soll in einer Hauptversammlung der LFT gestellt werden. Ich hoffe, du widersetzt dich den Forderungen nicht, Tiff.«
»Was erwarten die Wissenschaftler?«
»In erster Linie den Einsatz aller verfügbaren Mittel zur Untersuchung
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