Silberband 111 - Geburt einer Dunkelwolke
Fragen ignorierte er. »Ich kann für Ihre Sicherheit nicht mehr garantieren.«
»Sie sagten, Sie hätten Kihnmynden helfen können, aber Sie hatten nicht den Mut dazu«, bemerkte Tekener. »Wollen Sie es diesmal wieder so machen? Ich versichere Ihnen, Ottarsk, dass uns niemand so schnell umbringen wird. Wir können uns ganz gut zur Wehr setzen. Und Gursc weiß genau, was ihn erwartet, falls er uns ermorden lässt. Ein solches Risiko geht er nicht ein.«
»Das sagen Sie. Aber Sie sind nicht gegen Unfälle gefeit, Tekener. Niemand wird Gursc etwas nachweisen können. Verlassen Sie Durgen noch in dieser Nacht. Oder sind Ihre Fragen an Kihnmynden so wichtig, dass Sie dafür Ihr Leben und das Ihrer Frau aufs Spiel setzen wollen?«
»Vielleicht sind sie noch wichtiger«, erwiderte der Terraner hart. »Und jetzt passen Sie auf, Ottarsk. Wir werden bei Ihnen bleiben, zumindest noch bis morgen früh. Wir haben versucht, mit Kihnmynden Kontakt aufzunehmen. Seine erste Reaktion war negativ – vorausgesetzt, er steht wirklich mit den Tieren in Verbindung. Aber wenn er hinter all diesen Vorfällen steckt, dann hat er vielleicht inzwischen seine Ansichten über uns geändert. Wenn er wirklich einen Boten schickt, dann möchte ich auch an dem Ort sein, an dem das betreffende Tier nach uns sucht.«
»Ich dachte, Sie glauben nicht an diese Möglichkeit«, sagte er misstrauisch.
»Das spielt überhaupt keine Rolle. Wir müssen herausfinden, wer oder was die Horden von Garbesch waren. Kihnmynden ist unsere letzte Hoffnung. Ich werde die Suche erst dann beenden, wenn ich eindeutige Beweise dafür habe, dass er im Dschungel umgekommen ist.«
»Verraten Sie mir bitte eines, Tekener«, sagte der Arkonide gedehnt. »Warum brauchen Sie diese Antwort so dringend? Was ist da im Gang?«
»Eben das müssen wir herausfinden. Es sind Wesen aufgetaucht, die wie Menschen aussehen, aber keine Menschen sind. Wir wissen nicht, woher sie kommen und welche Ziele sie verfolgen. Aber diese Leute halten uns für Garbeschianer, und sie sind überzeugt davon, dass sie uns eines nicht allzu fernen Tages in einer gewaltigen Schlacht vernichten werden. Das geht nicht nur uns Terraner an. Alle humanoiden Völker der Galaxis sind bedroht. Mag sein, dass diese sogenannten Orbiter sich selbst gewaltig überschätzen und wir mit ihnen fertig werden. Aber darauf dürfen wir uns nicht allzu sehr verlassen.«
»Sie haben nur einen Verdacht?«, sagte Ottarsk ungläubig. »Es kann alles nur ein Hirngespinst sein – Sie wissen es nicht? Und wegen einer so vagen Sache nehmen Sie all das hier in Kauf? Das ist wieder einmal typisch für die Terraner!«
Tekener lächelte, und Ottarsk, der dieses Lächeln nicht kannte, wich erschrocken einen Schritt zurück.
»Es ist typisch für uns«, bestätigte der LFT-Agent. »Und es ist vermutlich einer der Gründe, warum wir Terraner inzwischen in der Galaxis ein Wörtchen mitzureden haben, während man beispielsweise auf Durgen darauf angewiesen ist, nostalgische Wunschträume zu kultivieren. Schluss mit der Diskussion. Wir bleiben hier. Sie können natürlich versuchen, uns gewaltsam hinauszuwerfen!«
»Gegen so viel Sturheit ist kein Kraut gewachsen«, murmelte Ottarsk resignierend. »Wenn ich Sie richtig verstehe, wollen Sie sogar in diesen Räumen bleiben. Sie werden Mühe haben, einen Platz zum Schlafen zu finden.«
»Es reicht, wenn Sie uns einen der Nebenräume zur Verfügung stellen«, versicherte Tekener gelassen.
Der Arzt erhob keinen Widerspruch mehr.
»Glaubst du wirklich, dass heute Nacht irgendein Tier kommt, um uns zu Kihnmynden zu führen?«, fragte Jennifer ungläubig, als sie mit ihrem Mann allein war.
»Natürlich nicht«, erwiderte Tekener trocken. »Aber ich hatte keine Lust, mitten in der Nacht ins Hotel zu ziehen, in dem man uns viel leichter an die Kehle gehen kann.«
Am nächsten Morgen fanden sie vor der Tür zwei lebensgroße Puppen, deren Köpfe abgeschnitten waren. Die Puppen trugen Schilder auf der Brust, auf denen in arkonidischer Schrift geschrieben stand: Mindere Kreaturen gehören in die Sklaverei. Rebellische Sklaven werden ausgelöscht.
»Das ist deutlich«, sagte Jennifer betroffen.
»Dumm und überheblich.« Verächtlich stieß Tekener die männliche Puppe mit dem Fuß an. Aus dem Augenwinkel sah er eine Bewegung. Eine kleine Gestalt drückte sich wenige Meter entfernt in eine Nische. »Kinderkram!«, setzte er laut hinzu, nahm Jennifer am Arm und ging mit ihr
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