Silberband 111 - Geburt einer Dunkelwolke
sobald die ersten Keilschiffe Olymp anflogen.
Genau das durfte nicht geschehen. Eine Besetzung des Planeten würde dadurch nicht verhindert werden. Aber womöglich musste teuer dafür bezahlt werden.
Mit Tränen in den Augen sendete Nurim Dagorew seine Nachricht planetenweit auf allen Frequenzen.
»Hier spricht Fürst Nurim Dagorew! Als Stellvertreter des Kaisers Anson Argyris wende ich mich an alle Soldaten und zivilen Bewohner des Systems von Boscyks Stern. Der Kommandeur der fremden Flotte hat mir soeben eröffnet, dass Olymp von seinen Schiffen besetzt werden wird. Da wir mit unseren beschränkten Mitteln keine wirksame Verteidigung aufbauen können, ordne ich hiermit an, dass jeder aktive Widerstand gegen die Besetzung Olymps zu unterbleiben hat.
Wir werden jedoch niemals kapitulieren, sondern den Invasoren auf allen Gebieten passiven Widerstand entgegensetzen. Da wir als Garbeschianer bezeichnet werden, halte ich ein Missverständnis für möglich. Hoffen wir, dass sich alles tatsächlich als Irrtum erweist. Doch auch in einem solchen Fall werden wir die Kränkung, die wir soeben erfahren müssen, niemals vergessen.
Die Zivilbevölkerung begibt sich umgehend in die Schutzräume oder an einen der sonstigen Orte, die Schutz bieten! Das Personal von Containtrans hält sich bereit, die Transmitterstraße zum Solsystem zu desaktivieren, sobald feindliche Kräfte die Anlagen des Container-Transmitters besetzen. Alle Einheiten der Streitkräfte von Olymp lösen sich auf; die Angehörigen tauchen in Zivil, jedoch mit ihren Waffen und sonstiger tragbarer Ausrüstung unter, enthalten sich aber bis auf Widerruf militärischer Aktionen.
Es lebe die Freiheit!«
Nurim Dagorew schaltete ab. Er schnäuzte sich lautstark und wandte sich dem Hyperkom zu, über den er erst mit Julian Tifflor gesprochen hatte.
Der Erste Terraner musste über die Entwicklung im System von Boscyks Stern unterrichtet werden.
»Das Schiff bremst ab«, stellte Brush Tobbon fest, nachdem er mit geschlossenen Augen auf die Maschinengeräusche gelauscht hatte. »Die Frage ist, ob wir endlich am Ziel sind.«
»Immerhin waren wir vier Tage unterwegs«, sagte Körn Brak.
Simudden seufzte. »Die Hauptflotte hatte damit ausreichend Zeit, um Olymp bereits zu besetzen.«
»Warum hat dieser Neu-Arkonide sich meine Warnung auch nicht angehört!«, schimpfte Tobbon. »Wenn ich den Burschen jetzt noch erwische ... Es geht mir einfach gegen den Strich, dass die Orbiter Olymp einfach so erobern können. Wir haben uns nie an den Planeten rangetraut ...«
»Wir waren eben nicht leichtfertig genug«, wandte Simudden ein. »Außerdem konnten wir keine Riesenarmada aufbieten wie die Orbiter.«
»Wir hätten bluffen sollen«, erwiderte Tobbon. »Dann würden uns die Völker der Milchstraße mit anderen Augen ansehen.«
»Machen wir uns doch nichts vor.« Simudden fuhr sich mit beiden Händen durchs Gesicht. »Wir haben uns mit einem falschen Glorienschein umgeben, um vor unserem eigenen Gewissen unsere blutigen Raubzüge zu rechtfertigen. In Wahrheit waren wir niemals so etwas wie Freiheitskämpfer oder Rächer der Ausgebeuteten oder wie man das so schön nennt. Wir waren schlichtweg Verbrecher, die aus Habgier raubten und töteten. Und wahrscheinlich noch aus einer ganzen Reihe von Gründen, die tief in uns verborgen liegen. Ich bin verdammt noch mal kein Seelenklempner, der das alles auf die Reihe kriegt.«
»Wir wollten uns nicht in die Zwangsjacken gesellschaftlicher Zwänge stecken lassen«, entrüstete sich Kayna Schatten. »Niemand hat je nach unseren Wünschen gefragt. Deshalb sind wir Ausgestoßene. Wir mussten uns immer gewaltsam das nehmen, was uns zustand!«
Körn Brak hob den Kopf. Er wirkte müde. »Wir haben nicht immer das Richtige getan, Kayna«, sagte er mit zittriger Stimme.
Markon Treffner lachte trocken. »Alles war immer richtig – von unserem Standpunkt aus, Dezibel. Aber inzwischen stehen wir ein wenig abseits davon, wenn auch nur gezwungenermaßen. Vielleicht schaffen wir es doch, zu entkommen, dann ändert sich unser Standpunkt abermals.«
Simudden schaute den Galaktischen Mediziner prüfend an, dann zuckte er die Achseln.
»Plötzlich sucht jeder von uns nach einer Rechtfertigung für unser früheres Verhalten. Das bringt uns nicht einen Zentimeter weiter. Ich finde, wir sollten stattdessen nach vorn schauen. Dann begreifen wir nämlich, dass unsere Taten bald niemanden in der Milchstraße mehr interessieren werden. Wir
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