Silberband 111 - Geburt einer Dunkelwolke
Krithari!«, schrie Vljegah plötzlich auf. »Da sind die beiden lustigen Typen, die per Anhalter nach Manua Levu kamen und nach Crish weiterflogen!«
Sie rieb sich die Augen.
»Aber ... aber das ist unmöglich! Ich sehe sie doppelt – dreifach sogar ...«
»Es sind ausnahmslos Ebenbilder der letzten Flibustier.« Jost rang ebenfalls noch um seine Fassung. Eiskalt lief es ihm den Rücken hinab. »Jemand hat nach dem Grundmuster der Piraten offenbar Millionen von Doppelgängern hergestellt. Vielleicht haben die Flibustier das sogar selbst fertiggebracht. Also waren die Doppelgänger, die die LFT bisher festnehmen konnte, einfach nur Spione.«
Er kaute auf seiner Unterlippe.
»Ich begreife nur nicht, weshalb sie sich so leicht einfangen ließen. Da ist etwas mehr faul, Vljegah. Wir müssen eine Möglichkeit finden, die LFT über diese ungeheuerlichen Vorgänge hier auf Olymp zu informieren!«
Er wollte den Gleiter starten. Aber kaum hatte er Antigrav und Prallfeld aktiviert, da zuckte von einem der linsenförmigen Gleiter über der Stadt ein fahler Energiestrahl herab. Sekundenlang umhüllte eine wabernde bläuliche Aureole den Fluggleiter – als sie erlosch, funktionierten Antigrav und Prallfeldprojektor nicht mehr.
»Anscheinend haben die Invasoren etwas dagegen, wenn wir ein modernes Fahrzeug benutzen«, kommentierte Jost. »Wir müssen zu Fuß gehen.«
Dagegen hatten die Invasoren nichts einzuwenden. Jedenfalls reagierten sie nicht, als Jost und Vljegah ausstiegen und sich einen Weg durch die Menge bahnten. Viele hatten inzwischen erkannt, dass die Invasoren sich aus Ebenbildern mehrerer Grundtypen rekrutierten. Wegen der galaxisweiten Fahndung nach den sieben letzten Flibustiern kannten die meisten Einwohner von Trade City die Konterfeis der Piraten.
Erregung brodelte in der Menge auf. Cern Jost hörte Verwünschungen und Flüche. Die ersten Wurfgeschosse trafen einige der Invasoren.
»Garbeschianer!«, dröhnte eine unverkennbar menschliche Stimme auf Interkosmo aus unsichtbar bleibenden Akustikfeldern. »Kehrt in eure Häuser zurück, bis weitere Anordnungen erlassen werden! Über Olymp ist das Kriegsrecht verhängt. Vorerst besteht eine totale Ausgangssperre. Wer sich in einer halben Stunde noch außerhalb eines geschlossenen Gebäudes sehen lässt, wird entsprechend dem Kriegsrecht behandelt.«
Die Menge skandierte immer lauter gegen die vorrückenden Invasoren. Einzelne Gruppierungen wichen aber auch vor den Invasoren schrittweise zurück und verschwanden schließlich in den Häusern.
Cern Jost und Vljegah waren in einen Zugang zur subplanetarischen Rohrbahn gedrängt worden. Sie fuhren sogar einigermaßen bequem auf einer Gleitrampe zur Bahnhofshalle hinab.
»Das ist unsere Gelegenheit«, drängte Cern. »Der öffentliche Verkehr wird von Positroniken gesteuert und funktioniert anscheinend noch. Wir müssen uns nur einen Zug herauspicken, der in der Station unter dem Kaiserlichen Palast hält ...«
Von oben drängten mehr Menschen nach. Aber hinter ihnen erschienen auch schon die Ersten der Invasoren.
»... und wir müssen uns beeilen, bevor die Flibustier die Rohrbahn stilllegen«, sagte der Liga-Kundschafter.
Als Cern Jost und seine Gefährtin die Halle erreichten, von der aus Transportbänder zu den verschiedenen Röhren führten, brach hinter ihnen der Tumult los.
Der Liga-Kundschafter schaute zurück und sah, dass die ersten Invasoren in die Menge vorgedrungen und von dieser kurzerhand entwaffnet worden waren. Einige hartnäckige Stimmen forderten, die Invasoren mit ihren eigenen Waffen zu töten.
»Lasst sie laufen!«, rief Jost. »Wenn ihr sie umbringt, töten die vielleicht Hunderte von euch!«
»Aber sie sind die Piraten!«, brüllte jemand zurück.
»Sie sind nicht die Flibustier, sondern Duplikate!«, erklärte Jost. »Lasst sie laufen und verschwindet hier! Haut ab, schließlich habt ihr Widerstand geleistet!«
»Dürfen wir uns nicht wehren, wenn wir überfallen werden?«, schrie eine Frau.
»Doch – aber mit anderen Methoden«, sagte Jost.
»Er hat recht!«, rief ein junger Mann. »Wir Soldaten gehen in den Untergrund und werden einen Partisanenkrieg führen, sobald der Kaiser uns dazu aufruft. Alles andere wäre Dummheit und Leichtsinn.«
»Schlagt sie wenigstens bewusstlos!«, drängte ein älterer Mann.
Jost sah, dass mehrere Olympier die Invasoren – es waren neun – niederschlugen. Dann verteilte sich die Menge auf alle Transportbänder.
Der Kundschafter
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