Silberband 111 - Geburt einer Dunkelwolke
haben, kann das kein Zufall sein.
In meine Freude mischt sich aber auch ein Tropfen Traurigkeit. Warum haben nicht alle Läander die Botschaft gehört? Warum ist sie bei Millionen wirkungslos verhallt?
Ich stelle diese Frage Kharand. Ich bedränge ihn, seinen Geist zu öffnen und die körperlose Stimme zu suchen.
»Nicht alle sind auserwählt«, sagt er mit leichter Bitterkeit.
»Aber die Botschaft galt allen«, versichere ich. »Unser Volk war damit gemeint.«
Als der große Augenblick kommt, begebe ich mich nach Tho-Thoum. Ich hoffe, von meinem Schloss aus die Geburt der Dunkelwolke in allen Einzelheiten verfolgen zu können.
Kharand kommt nicht mit. Ich habe hart mit dem Freund gearbeitet, leider ohne Erfolg. Etwas scheint ihm zu fehlen, und es hat auch nicht geholfen, dass er seine Anima hervorkehrte und zu Khara wurde. Es ist nicht nur das Weibliche, das einen Läander zum Beherrscher des Paraplasmas macht. Zwar hatte Khara einen bescheidenen Erfolg und ein fingergroßes Stück Paraplasma erschaffen, aber sie war danach völlig ausgelaugt.
Ich bin schon viel weiter und mit mir viele meiner Schüler. Es kostet mich kaum Mühe, Paraplasma in jeder beliebigen Form zu erschaffen. Nur bin ich noch nicht so weit, mein ganzes Ich in diese Kunstwerke zu implizieren.
Wir alle können es kaum erwarten, dass die Ingenieure den Staubmantel verwirklichen. Von der Entstehung der Dunkelwolke hängt es ab, ob wir unser Ziel erreichen.
Als ich in Thobuskan eintreffe, erwartet mich Gwester mit seinem Raumschiff. Er versichert mir, dass ich aus dem Weltraum und mithilfe seiner technischen Instrumente die Geburt des Staubmantels viel besser erleben könnte.
Ich fliege mit ihm ins All.
Er hat recht. Seine Technik erlaubt es mir, die Vorgänge wie aus unmittelbarer Nähe zu beobachten.
Die Ingenieure bringen den dritten Planeten der Sonne Thoto aus seiner Bahn und bugsieren ihn in den Leerraum hinaus. Gwester versichert, dies sei ein komplizierter Vorgang.
»Wir dürfen das Gleichgewicht des Sonnensystems nicht stören«, erklärt er. »Jeder Fehler könnte zu einem Zusammenbruch der Gravitationskonstante führen, mit verheerenden Folgen für die anderen Planeten. Vor allem Thotond und der von euch bewohnte Mond Tho-Thoum wären davon betroffen. Aber – unsere Berechnungen stimmen.«
Trotz des Transports des dritten Planeten bleibt das Gleichgewicht des Sonnensystems stabil.
»Ihr müsst nun umdenken«, erklärt Gwester. »Thoto hat nur noch drei Planeten. Thotara rückt an die Stelle von Thoton, den wir beschleunigen und durch eine Transition in die Randzone eures Sternenreichs versetzen ...«
Thoton verschwindet urplötzlich, doch Gwesters Geräte erfassen ihn bald wieder. Nun zieht der Planet in der Peripherie von Arla Mandra eine neue, kurze Bahn.
»Jetzt kommt der schwierigste Moment«, sagt Gwester. »Wir müssen Thoton beschleunigen und in rasende Rotation versetzen, bis seine Eigengravitation verschwindet. Er wird auseinanderbrechen und sich in Staub auflösen, aber der Staub darf sich nicht verflüchtigen. Wir müssen in das Netz des Raum-Zeit-Gefüges eingreifen, um die Staubmasse in die gewünschte Form zu zwingen. Hoffentlich erwartest du keine physikalisch und hyperphysikalisch detaillierte Beschreibung ...«
Thoton wird schneller. Ich kann auf den Datenschirmen beobachten, wie er entlang der künstlich erschaffenen Gravitationsfelder von ungeheuren Kräften geschüttelt wird. Der Planet hat längst keine Kugelform mehr. Die Fliehkraft drückt ihn an den Polen zusammen und dehnt ihn im Äquatorialbereich aus.
Schließlich zerplatzt der Himmelskörper. Er öffnet sich wie eine Blume. Sein Feuer strebt auseinander, die gleißenden Blätter zerfallen in Fragmente, zerfallen weiter und erlöschen, während sie als kleine und kleinste Teilchen ihre vorbestimmte Bahn einschlagen.
Den langwierigen Vorgang erlebe ich mithilfe der Meditation in geraffter Form.
Um das Reich der zweiundzwanzig Sonnen schließt sich ein dichter Partikelring. Gwester sagt, dass dieser Staubgürtel, der breiter und breiter wird, kein Einseitendreher sei. Wo sich der Ring geschlossen hat, prallen die Partikel aus entgegengesetzten Richtungen aufeinander, und unkontrollierbare Turbulenzen entstehen. Gwester sagt auch, dass dieser Effekt unterdrückt werden könnte. Doch das liegt nicht in der Absicht der Ingenieure. Je unkontrollierter die Kräfte im Staubmantel toben, desto schwerer wird es für Eindringlinge, ihn zu
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