Silberband 112 - Die Energiejäger
nicht so hoch.«
»Können wir eine Pause machen?«, fragte Glonz. »Ich bin müde.«
»Weiter oben«, erwiderte der Expeditionsleiter. »Jetzt noch nicht, sonst hängen wir in der Steilwand, wenn der Sturm kommt.«
»Sturm? Was für ein Sturm?«
»In dieser Gegend stürmt es jeden Abend«, erläuterte Knatze. »Dann sind wir am besten in der Mulde der Heiligen aufgehoben.«
»Es gibt die Mulde der Heiligen also wirklich?«, erkundigte sich einer der Männer.
»Es gibt sie. Und ihr werdet die Heiligen Männer auch sehen.«
»Mir ist unbegreiflich, dass sie in dieser Kälte überleben«, sagte Glonz.
»Die Kraft ihres Glaubens ist unendlich. Nur sie erklärt das Phänomen.«
Knatze trieb die Männer aus der Höhle, in die sie ihm gefolgt waren, und befahl ihnen weiterzuklettern. Der Aufstieg wurde schwieriger, die Wand ragte nun fast senkrecht auf. Überall hatten frühere Pilgerführer jedoch Stahlhaken in den Fels geschlagen; die Männer fanden deshalb genügend Halt.
Knatze kletterte als Letzter, um die Gruppe abzusichern. Unerbittlich und ohne sich um ihre Proteste zu kümmern, trieb er die Männer voran. Er wusste, was er tat, und seine Schützlinge begriffen endlich, als die Sonne sich dem Horizont zuneigte und der Eissturm losbrach. Zu dem Zeitpunkt hatten sie die Steilwand schon überwunden und drangen in eine geschützte Schlucht ein, deren Wände steil anstiegen. Die Pilger blickten nach oben und sahen, dass faustgroße Eissplitter über die Schlucht hinwegpeitschten.
»Wenn wir jetzt noch in der Wand gewesen wären, hätte keiner von uns überlebt«, erklärte der Expeditionsleiter. »Wir hätten auch keine Wärmeblasen bilden können, weil wir nirgendwo genügend Halt gefunden hätten. Dies ist die Mulde der Heiligen .«
»Du hast gute Arbeit geleistet«, sagte Glonz lobend. »Ich kann dich zwar nicht ausstehen, weil du mir zu hochmütig bist, aber ich kann nicht leugnen, dass du richtig gehandelt hast.«
Knatze verneigte sich spöttisch. »Dein Lob rührt mich zu Tränen. Aber jetzt weiter. Noch ist es nicht dunkel.«
Sie bewegten sich tiefer in die Schlucht hinein, deren Grund mit Eis bedeckt war. Es erschien unmöglich, dass hier jemand lebte. Wovon hätte derjenige sich ernähren sollen, wenn nicht vom Eis?
Dennoch stießen die Pilger nach etwa einer Stunde auf fünf Dallazen.
»Das sind die Heiligen Männer«, sagte Knatze leise, als sie bis auf etwa zweihundert Meter heran waren. »Behandelt sie höflich und gebt ihnen von unserem Vorrat ab.«
Die fünf Heiligen Dallazen waren nackt, sie hatten sich das Fell abrasiert. Der Anblick war ein Schock für Knatzes Begleiter. Keiner von ihnen hatte sich bis zu dieser Begegnung vorstellen können, dass ein Dallaze auf sein Fell verzichtete. Es schützte ihn gegen die raue Natur Matazemas und ermöglichte ihm überhaupt erst, Wärmeblasen zu bilden.
Die Heiligen Männer hatten nicht einmal ein Feuer angezündet. Sie kauerten im Kreis auf dem nackten Eis und redeten leise miteinander. Die herannahende Gruppe schienen sie nicht zu bemerken. Erst als Knatze und seine Begleiter vor ihnen standen, wandten sie sich den Pilgern zu. Ihre Haut war blau und glatt. Nirgendwo zeigte sich eine Irritation durch die Kälte, wie sie bei jedem anderen Dallazen aufgetreten wäre. Die Dallazen lebten für gewöhnlich in der eisfreien Äquatorzone des Planeten.
Knatze begrüßte die Heiligen Männer höflich, obwohl sie teilnahmslos ins Leere blickten. Erst als er seine kurze Rede beendet hatte, lächelten sie.
»Wir freuen uns, dass du wieder hier bist, Knatze«, sagte einer von ihnen. »Die Stunde ist nah. Die Prophezeiung wird sich erfüllen.«
»Daran zweifle ich nicht. Dürfen wir in dieser Nacht bei euch bleiben?«
»Ihr dürft. Geht in die Höhle dort drüben. Du kennst sie ja.«
Damit war die Unterhaltung beendet. Knatze legte Geschenke vor den Nackten nieder und zog sich mit seinen Schützlingen in die Höhle zurück, in der er bei jeder Expedition übernachtete.
»Was soll das alles?«, fragte Glonz heftig. »Wieso leben die hier oben? Glauben die etwa wirklich, was sie sagen?«
»Sie glauben. Das ist alles. Es heißt, dass sie mit ihren Geisteskräften das Universum durchdringen. Vielleicht stimmt das sogar.«
»Dann sollen sie dafür sorgen, dass sich die Himmel über Matazema endlich verdunkeln und der Stern herabkommt«, bemerkte Glonz ironisch. »Ich bin gespannt darauf, wie es sein wird, wenn das göttliche Wort Dgakor
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