Silberband 114 - Die Sporenschiffe
Dann hatte er nicht nur das Ende der ZYFFO, sondern zudem seinen Tod eingeleitet.
Die ZYFFO wuchs und dehnte sich aus, dabei nahm sie schließlich eine dunkelrote Farbe an. Die Energiemedusen zitterten und vibrierten wie mächtige Halme im Wind. Es war ein bizarrer und atemberaubender Anblick.
Von Veylt ließ den Kopf nach vorn sinken und wartete, dass die Lichtzelle in sich zusammenfiel. Er dachte über sein Leben nach und versuchte, sich zu erinnern, was er erlebt hatte. Doch das war unmöglich, zu lange hatte er für den Wächterorden gearbeitet. Ausgestattet mit der relativen Unsterblichkeit eines Ritters der Tiefe, hatte er viele Galaxien und Sonnensysteme besucht. Seine Einsätze waren ihm oft sinnlos erschienen. Für jedes Leck, das er im Damm gegen die negativen Kräfte geschlossen hatte, waren neue Einbrüche hinzugekommen. Und immer mehr Ritter wurden Opfer des Gegners.
Wie lange war es jetzt her, dass er mit einem anderen Mitglied des Wächterordens zusammengetroffen war?, überlegte von Veylt. Hatte ihn vielleicht nur die Einsamkeit in diese Lage getrieben?
War er bereits der letzte Ritter?
Er dachte an die Legende, dass alle Sterne erlöschen würden, wenn der letzte Ritter der Tiefe gegangen war. Es war ihm nie gelungen, herauszufinden, wie viel Wahrheit sich in dieser Legende verbarg. Bei seinen Nachforschungen war er immer wieder auf Schranken und Hindernisse gestoßen. Der Ursprung des Ritterordens lag in ferner Vergangenheit verborgen. Manchmal hatte von Veylt auch den Eindruck gewonnen, dass jene, die den Orden ins Leben gerufen hatten, kein Interesse mehr dafür aufbrachten. Die Ritter waren mehr oder weniger sich selbst überlassen worden.
War die Schlacht schon entschieden? Befanden sich jene, die für eine kosmische Ordnung eintraten, bereits auf dem Rückzug? Manchmal hatte es den Anschein. Igsorian von Veylt hatte oft den Eindruck, auf einem verlassenen Schlachtfeld zu operieren, als letztes Mitglied einer untergegangenen Armee.
In diesem Augenblick fiel die ZYFFO in sich zusammen. Es war ein schnelles Ende. Das Schiff kollabierte wie eine erlöschende kleine Sonne. Die Energiemedusen der Bilkotter krümmten sich und zeigten mit ihren Ausläufern auf den schwach leuchtenden Punkt, der einmal die ZYFFO gewesen war. Unwiderstehlich wurden sie von der schrumpfenden Lichtzelle angezogen, die nun rasend schnell an Masse gewann.
Von Veylt betätigte das Katapult und schoss Donnermann von Bord.
Die ZYFFO hörte auf zu strahlen. Sie wurde zu einem dunklen Gebilde, in das die Energiemedusen hineinstürzten. Von Veylt spürte, wie die ungeheuren Kräfte des so plötzlich entstandenen Schwarzen Lochs auch an ihm zerrten, obwohl er sich weiterhin in der Schutzschirmaura des Pilotensessels befand. Das heißt, der Sessel hatte zu existieren aufgehört, es gab nur noch die Rettungsblase mit dem Ritter darin. Innerhalb kürzester Zeit würde sie zerbersten und von Veylt davonschleudern. Wenn er Glück hatte und es noch eine Auffangstation gab, würde er dort herauskommen, andernfalls ...
Von Veylt wollte nicht darüber nachdenken.
Die Blase platzte. Igsorian von Veylt fühlte sich wie von einer gigantischen Faust zusammengedrückt.
Unter der gewaltigen physischen und psychischen Anstrengung, die er unternehmen musste, um diesen Augenblick zu überstehen, brach in seinem Bewusstsein eine Barriere, die so stabil war, dass sie sein ganzes langes Leben lang gehalten hatte. Sie löste sich auf und darunter hervor quoll die ungeheuerliche Erkenntnis über seine wahre Identität.
Ich bin nicht Igsorian von Veylt! Ich bin Harden Coonor!
Bevor er den Verstand verlieren konnte, trat der Prozess der Rettungsanlage in seine letzte Phase. Die zu einem Schwarzen Loch gewordene ZYFFO, die die Energiemedusen der Bilkotter verschlungen hatte, schloss sich um den einsamen Passagier und schleuderte ihn in einem transmitterähnlichen Effekt ins Nichts ...
Angst
Amsterdams ringförmig von Grachten durchzogene Altstadt war auf Pfählen erbaut, aber es waren längst nicht mehr die originalen Gebäude. Ihre zweite Existenz verdankte die Stadt dem Architekten Donkor Remo, der sie im Jahre 2477 nach Originalplänen wieder aufgebaut hatte.
Jen Salik stand auf einer der vielen Brücken und schaute in das glasklare Wasser hinab. Schwäne und Graugänse trieben mit der sanften Strömung dahin.
Das friedliche Bild schien geradezu dafür geschaffen, Ordnung in die verworrenen Gedanken eines Mannes zu
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