Silberband 117 - Duell der Erbfeinde
und so in die stoffliche Existenz zurückzukehren. Unter normalen Umständen waren freie Bewusstseine völlig hilflos, jedenfalls war es in Art'Yschall so gewesen. In der neuen Sternenstadt schien sich rundweg alles zu verändern. Diese Bewusstseine jedenfalls waren außerordentlich aktiv, und Thezein bekam das zu spüren.
Verzweifelt wehrte er sich gegen jeden Versuch, den die Bewusstseine zu ihrer Verankerung unternahmen. Eben noch war er der Ansicht gewesen, es könne gar kein schlimmeres Schicksal geben, als von Falreyl assimiliert zu werden. Jetzt war er sich dessen nicht mehr so sicher, denn die Aussicht, von diesen Bewusstseinen überrumpelt zu werden, erschreckte ihn ungeheuer. Sie würden sein eigenes Ich glatt überrennen und total unterdrücken.
Thezein taumelte quer durch den Raum auf das Schott zu, von der unvernünftigen Hoffnung beseelt, auf diese Weise den Bewusstseinen entkommen zu können. Natürlich wusste er, dass ein Bürger in diesem geisterhaften Zustand mühelos jede Wand zu durchdringen vermochte, aber dieses Wissen drang nicht recht in sein Bewusstsein durch.
Er erreichte die Tür, aber sie wollte sich nicht öffnen lassen, sosehr er sich auch darum bemühte. Seine Kräfte drohten zu erlahmen, und es war ihm unmöglich, sich jetzt noch ausreichend gegen die freien Bewusstseine zu wehren. Entsetzt rutschte er zu Boden, als er spürte, wie etwas in ihm Fuß fasste.
Eine Zeit lang blieb er still liegen. Dann wurde ihm bewusst, dass keine weiteren Angriffe erfolgten. Die Bewusstseine ließen von ihm ab, und er konnte sie kaum noch in seiner Nähe spüren.
»Ich habe sie vertrieben«, sagte eine innere Stimme zu Thezein. »Manchmal ist es von Vorteil, nicht ganz alleine zu sein.«
Thezein erkannte mit Schrecken, dass es das fremde Bewusstsein war, das zu ihm sprach.
»Du brauchst keine Angst vor mir zu haben«, versicherte es. »Ich werde nicht für immer bei dir bleiben.«
»Wie heißt du?«
»Jakyl«, antwortete der Fremde.
»Was hast du vor?«, fragte Thezein unsicher. »Wie willst du dich von diesem Körper wieder trennen?«
»Ganz einfach: indem ich mich abspalte. Jeder Bürger kann das – wusstest du das nicht?«
»Doch. Aber wer tut so etwas schon? Du wärst wieder ein freies Bewusstsein ...«
»Ich werde mir einen Körper verschaffen«, verkündete Jakyl gelassen.
»Da brauchst du dir keine große Mühe zu geben«, bemerkte Thezein bitter. »Den Körper hast du bereits. Mich hinauszudrängen dürfte nicht schwer sein. Ich bin schwächer als du.«
»Du hast keine gute Meinung von mir«, sagte Jakyls Bewusstsein sanft. »Aber du wirst bald einsehen, dass du mir vertrauen kannst. Du hast einen Komponentenkörper, der zur Regeneration befähigt ist. Sobald wir unsere jetzige Aufgabe gelöst haben, werden wir deine Komponenten dazu anregen, dass sie wachsen und sich spalten. Dann übernehme ich den zweiten Körper, und jeder von uns kommt zu seinem Recht.«
Thezein war wie erstarrt.
»Das wäre ... Vermehrung«, stieß er hervor. »Sie werden uns verbannen, auslöschen.«
»Unsinn. Schon in kurzer Zeit werden die anderen ebenfalls diesen Weg gehen müssen. Wir werden vielleicht die Ersten sein, aber sie werden uns bald folgen.«
Thezein war erschüttert. Wenn er nun schon durch ein schlimmes Schicksal dazu verurteilt war, ein zweites Bewusstsein in seinem Körper zu dulden, dann hätte er sich doch gewünscht, dass es sich um einen normalen, gesunden Gast handelte.
»Du denkst, ich bin wahnsinnig?«, fragte Jakyl amüsiert. »Hast du die Rückverwandelten bereits vergessen?«
»Woher kennst du sie?«, fragte Thezein verblüfft.
»Ich habe vor langer Zeit dafür gesorgt, dass sie nicht ausgelöscht wurden, sondern sich im Lebensbereich der Schwebenden ansiedeln durften, Thezein. Ich war der einzige Bürger, der für sie sprach, und solange es noch Widerspruch aus unseren eigenen Reihen gab, durfte man sie nicht verurteilen. Sie vertraten eine Ansicht, die damals als geradezu verbrecherisch galt.«
»Sie wollten ihre alten Körper zurückgewinnen«, stellte Thezein fest.
»Ja, und sie wollten diese Körper allein bewohnen und sich auf eine ganz andere Art als wir der Vollendung nähern.«
»Sie haben dieses Ziel erreicht.«
»Haben sie dir das gesagt?«
»Nicht direkt«, antwortete Thezein verlegen. »Aber sie konnten entstofflichen und in dieser Form den Linearraum verlassen, um in materieller Form auf einem fremden Planeten wieder zu entstehen. Sie konnten sich
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