Silberband 117 - Duell der Erbfeinde
Transmitterraum. Er wollte sich umdrehen, um einen der beiden im Raum befindlichen Bürger zu warnen, aber es war bereits zu spät. Für einen Moment waren beide, Sieger wie Besiegter, verschwunden, dann tauchten sie wieder auf – zwei teilweise miteinander verwachsene, unförmige Körper, die einen erschreckenden Anblick boten. Sie stürzten leblos zu Boden. Da, wo das zweite Paar gestanden hatte, glomm ein helles Leuchten auf, dann verdichtete es sich zu einem jener Kristalle, die Dihat schon einmal gesehen hatte.
Er überwand sein Entsetzen und rief den beiden Bürgern, die hinter ihm ihre Anweisungen gaben, eine Warnung zu. Sie antworteten nicht. Er drehte sich hastig um und erstarrte fast. Die beiden waren emsig miteinander beschäftigt. Beide hatten bereits viel von ihrer Körpersubstanz verloren. Es sah wirklich so aus, als verspeisten sie sich gegenseitig bei lebendigem Leib. Dabei gaben sie ungerührt Daten von sich, nach denen die Androiden ihre Arbeit verrichten sollten.
Dihat schnappte nach Luft und sprang auf.
»Hört auf damit!«, schrie er die Bürger an. »Seht doch, was mit euren Leuten geschehen ist!«
Sie nahmen keine Notiz von dem Androiden. Knapp eine Minute später setzten sie ihre Bewusstseine frei und ließen ihre bis zur Unkenntlichkeit ineinander verschmolzenen Körper unbelebt zurück.
Dihat glaubte, einen grässlichen Albtraum zu erleben. Wohin er auch sah, überall entdeckte er Bürger, die aufeinander losgingen und sich in den verschiedensten Stadien der Auflösung befanden. Einigen gelang es, sich rechzeitig in Kristalle zu verwandeln. Die meisten lagen jedoch als leere Hüllen auf dem Schlachtfeld, sobald sie ihren Geist aufgegeben hatten. Einige befanden sich in einem Zwischenstadium, waren noch nicht ganz Kristall, aber auch nicht mehr durchgehend Bürger im herkömmlichen Sinne.
»Wir müssen hier raus, und zwar sofort«, sagte Dihat zu seinen Kameraden. »Das gibt eine Katastrophe.«
Sie starrten ihn stumpfsinnig an, und er stellte erschrocken fest, dass er über all der Aufregung vergessen hatte, auf sie zu achten. Aus irgendeinem Grund hatten sie alles vergessen, was kurzfristig unter dem Einfluss der Reststrahlung in ihren Bewusstseinen erwacht war. Sie waren wieder Androiden reinsten Wassers.
Dihat riss sich zusammen. »Ich übernehme das Kommando!«, sagte er rau. »Kommt mit!«
Sie erhoben sich gehorsam und folgten ihm.
Es bereitete ihm großes Unbehagen, durch die Zentrale zu den anderen Räumen zu gehen, in denen seinesgleichen arbeiteten. Immer wieder war er gezwungen, Umwege in Kauf zu nehmen, um nicht mit kämpfenden oder in Auflösung begriffenen Bürgern zusammenzustoßen.
Als sie die vorletzte Gruppe von Androiden erreicht hatten, entdeckte er voller Entsetzen vier Bürger, die sich in eindeutiger Weise mit einem toten Körper beschäftigten.
Dihat verlor die Übersicht. Seine Nerven streikten. Von Ekel geschüttelt, zog er seine Waffe und schoss so lange, bis weder von den vier Bürgern noch von den von ihnen heimgesuchten Körpern etwas übrig war. Niemand zog ihn für seine Tat zur Rechenschaft. Die Androiden glotzten ihn verständnislos an, ein paar Bürger, die den Vorgang beobachtet haben mussten, wandten sich gleichmütig ab.
»Sie sind wahnsinnig geworden«, sagte Dihat zu sich selbst. »Sie haben vollständig den Verstand verloren. Sie vernichten sich selbst.«
Er wusste, dass das nicht ganz stimmte, denn die Bewusstseine der Bürger würden auf jeden Fall erhalten bleiben – wenigstens für eine gewisse Zeit – und sich andere Körper suchen, in denen sie sich verankern konnten. Die von der Idee der Entstofflichung besessenen Bürger würden keinen Augenblick zögern, immer größere Mengen von freien Bewusstseinen an sich zu ziehen. Damit aber näherten auch sie sich dem Punkt, an dem ihnen die Auflösung drohte.
Dihat schob verzweifelt alle Gedanken beiseite. Er wäre sehr froh gewesen, hätte er in diesem Augenblick aufhören können, sich Gedanken zu machen und Gefühle zu empfinden. Verbissen suchte er den Rest der Gruppe zusammen und führte die fünfzig Androiden zum Transmitter. Auch dort tummelten sich Bürger in allen Stadien der Verschmelzung und einer nachfolgenden Auflösung. Das schwarze Transportfeld war erloschen.
»Schaltet den Transmitter ein!«, befahl Dihat zwei Androiden.
Während die beiden an den Geräten arbeiteten, hielt er mit gezogener Waffe Ausschau. Er rechnete damit, dass wenigstens noch einige Bürger so
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