Silberband 117 - Duell der Erbfeinde
Männer und Frauen kamen dort nicht schnell genug weiter.
»Doch. Ich weiß es«, antwortete die Axe-Type und stieß Lenoy von sich.
Sie schwebte zwischen die Wartenden, die in einem hektischen Durcheinander versuchten, den Antigravschacht zu verlassen. Ein breiter Strom von Menschen wälzte sich durch den Gang zum Hangar, und von unten schwebten immer noch Orbiter herauf.
»Niemand hat euch erlaubt, die Anlage zu verlassen!«, schrie die Stellvertretende Kommandantin. Keiner achtete auf sie. Sie wurde mitgerissen, stürzte und klammerte sich an das Bein einer Tobbon-Type. Der Koloss beugte sich zu ihr herab und zog sie an den Schultern hoch. Lachend stellte er sie auf die Füße.
»Wir wollen doch nicht, dass du hierbleiben musst, Kleine«, sagte er.
Lenoy blickte ihn fassungslos an. Es ging ihr nicht in den Kopf, dass jemand so mit ihr sprach.
Sie stolperte zwischen den anderen Orbitern auf den Hangar zu, hatte keine Möglichkeit, dem Druck der Menge auszuweichen. Immer wieder drohte sie zu stürzen, doch als sie die Treppe erreichte, begriff sie, dass sie sich nicht länger sträuben durfte. Mit jeder Stufe entfernte sie sich weiter von der Macht. Aber sie hatte nicht die Kraft, die Orbiter in die Anlage zurückzutreiben.
Ein Jubelschrei hallte durch die Anlage von Martappon. Die Orbiter feierten Jen Salik als ihren Ritter der Tiefe. Niemand bezweifelte jetzt noch, dass er den Ritterstatus zu Recht trug.
Jen Salik stand dem Trubel recht hilflos gegenüber. Er war ein bescheidener Mann, der sich nie in den Vordergrund gestellt hatte.
»Alle bedauern, dass sie Amtranik-Keijders Lügen geglaubt haben«, sagte Shakan.
»Immerhin hätte es sein können, dass er die Wahrheit gesagt hat«, erwiderte der Terraner leise. »Ich mache keinem einen Vorwurf daraus.«
»Mir gibt es schwer zu denken, dass Amtranik uns täuschen konnte«, fuhr Shakan fort. »Vorher glaubte ich stets, dass ich in der Lage sei, immer das Richtige zu tun. Eigentlich habe ich nie eine meiner Entscheidungen infrage gestellt. Nun ist das alles anders. Ich weiß, dass ich selbstkritischer sein muss.«
»Wir müssen den Blick nach vorn richten«, sagte der Ritter. »Wenn wir nur über das Vergangene klagen, wird nichts anders. Ich brauche jetzt eine Funkverbindung zu Quiryleinen.«
Die Orbiter lachten und schwatzten lautstark durcheinander. Jen Salik ließ ihnen das Vergnügen. Nachdem Amtranik mit seiner Flotte verschwunden war, bestand zumindest keine unmittelbare Gefahr für die Anlage. Zunächst galt es für Salik, sich einen Überblick über die Situation auf allen vierundzwanzig Welten der Orbiter zu verschaffen.
Shakan war für wenige Minuten im Funkbereich verschwunden gewesen, nun drängte er sich wieder zwischen den Orbitern hindurch, deren Zahl in der Zentrale ständig wuchs.
»Ich habe die Verbindung zu Quiryleinen. Soll ich sie in einen der abgetrennten Bereiche legen?«
»Etwas mehr Ruhe ist wohl notwendig«, erwiderte der Terraner lächelnd. »Hast du Quiryleinen geschildert, was hier passiert ist?«
Shakan erschrak. Betroffen blickte er Salik an.
»Durfte ich das nicht?«, fragte er.
»Natürlich ist das in Ordnung. Wir haben keine Geheimnisse vor ihm.«
Shakan atmete erleichtert auf. Jen Salik folgte dem Kommandeur in einen der an die Zentrale angrenzenden Räume. Augenblicke später blickte Quiryleinen von der Bildwand herab.
»Ich wusste, dass Sie sich durchsetzen würden, mein Ritter«, sagte Quiryleinen.
»Amtranik hat zugegeben, ein garbeschianischer Hordenführer zu sein«, erwiderte Jen Salik. »Aber damit wollen wir uns nicht aufhalten.«
»Haben Sie einen Befehl für mich?«
»Allerdings. Die humanoiden Völker der Milchstraße dürfen nicht mehr belästigt werden, denn sie sind nachweislich keine Garbeschianer. Die Orbiterflotten müssen aus allen okkupierten Sonnensystemen abgezogen werden. Sie sollen in den Sektor YEIN-VSF-ll zurückkehren und sich zu meiner Verfügung halten.«
»Selbstverständlich«, antwortete Quiryleinen. Ein zufriedenes Lächeln lag in seinem Gesicht.
21.
Der Industrielle Pierre le Servile, der etwa zur gleichen Zeit auf der fernen Erde sein Haus verließ, ahnte noch nichts von diesem Befehl.
Er öffnete den Einstieg seines Gleiters und blickte zurück. Seine Frau und die drei Kinder standen vor der Villa, um ihn zu verabschieden. In ihren Augen sah er keinen Vorwurf, obwohl seine Familie und er in den nächsten Tagen aus der hohen Gesellschaft in bitterste Armut
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