Silberband 117 - Duell der Erbfeinde
einigen Tagen überhaupt nichts mehr wert sein werden. Nehmen Sie, was Sie wollen. Mich stört das nicht mehr. Ich bitte Sie nur, beschädigen Sie nichts. Vielleicht gelingt es anderen Intelligenzen, in Hunderten oder Tausenden von Jahren, Tahun wieder zu besiedeln, weil die Orbiter dann zur Vernunft gekommen sein werden. Wenn es so ist, sollten wir ihnen das Vergnügen gönnen, unsere Kunstwerke zu bewundern.«
Die beiden Männer blickten einander an.
»Der alte Trottel begreift überhaupt nichts«, sagte der Kahlköpfige.
»Sie wollen keine Wertobjekte?«, fragte der Mediziner ratlos. »Was dann?«
Der Blonde packte ihn am Kragenaufschlag und zog ihn zu sich heran. Vergeblich versuchte der Arzt, sich aus dem brutalen Griff zu lösen.
»Dickerchen«, schnaubte der Blonde. »Wir haben seit Tagen nichts Vernünftiges mehr gegessen und getrunken. Bald werden die Raumschiffe werden landen und uns abholen – wenn wir Glück haben! Wahrscheinlicher ist, dass man uns auf Tahun zurücklässt, weil nicht genügend Raumschiffe da sind. Kurze Zeit später werden die Orbiter alles Leben auf diesem Planeten auslöschen. Wir werden also weder Hunger noch Durst haben, wenn alles vorbei ist. Wir werden überhaupt nichts mehr haben.«
Henderson schüttelte den Kopf. Entsetzt dachte er an die gefüllten Vorratsräume, die sich der Wohneinheit anschlossen und die tief im Fels verborgen lagen. Dort lagerten die edelsten Weine, die auf den von Menschen besiedelten Planeten herangewachsen waren. Darunter waren Spezialitäten, von denen eine einzige Flasche wertvoller war als alle Kunstschätze in der Wohnung zusammengenommen. Handrat Henderson bedeuteten diese Weine mehr als alles andere, was er im Lauf vieler Jahre gekauft hatte. Nicht nur sein ganzes Kapital steckte in diesen Spezialitäten, sondern vor allem sein Herz.
Er war allein. Nicht einmal ein Roboter war bei ihm, der ihn hätte schützen können. Seine Familie war Tausende von Kilometern entfernt in einem Freizeithaus, wo sie sich auf die Evakuierung vorbereitete.
Handrat Henderson hatte viel von der extrem anwachsenden Kriminalität auf allen Planeten gehört. Überall glaubten Verzweifelte, die Situation ausnutzen zu können. Sie fürchteten sich vor dem Ende und warfen alle moralischen Bedenken über Bord. Sie verübten Verbrechen, um Dinge zu bekommen, die unter anderen Umständen für sie unerreichbar gewesen wären. Und sie übten Rache an denen, die sie hassten, weil sie glaubten, für ihre Tat niemals zur Rechenschaft gezogen zu werden. Sobald die Menschen evakuiert wurden, fragte wohl niemand mehr danach, was in den letzten Stunden davor noch geschehen war.
Davon hatte Henderson zwar gehört, aber zugleich geglaubt, er würde nie von solchen Dingen betroffen sein. Nun sah er sich zwei Männern gegenüber, die offenbar keinerlei Bedenken hatten, ihn auszuplündern.
»Sie können haben, was an Vorräten da ist«, sagte er stockend. »Die Kühlräume sind gefüllt. Die Automatik bereitet Ihnen zu, worauf Sie Appetit haben.«
Die beiden Eindringlinge lachten.
»Wir haben einen Tipp bekommen«, verriet der Blonde. »Uns geht es nicht um die Vorräte. Wir meinen das, was tiefer in den Felsen lagert.«
Abwehrend streckte Henderson die Arme aus. »Da ist nichts, was für Sie von Interesse sein könnte. Man hat Sie falsch informiert.«
Die beiden packten ihn an den Armen und schleiften ihn durch die Wohnung. Henderson schrie vor Schmerzen, doch damit änderte er nichts.
Als sie ihn durch den Wohnsalon zerrten, von dem aus sich ein überwältigender Blick auf ein bewaldetes Tal bot, erklang die Stimme Julian Tifflors von der Bildwand. Nur Henderson verstand, was der Erste Terraner sagte.
»Hören Sie doch!«, schrie er. »Hören Sie, verdammt! Die Orbiter ziehen ab! Wir werden nicht mehr evakuiert.«
Die Männer ließen ihn verblüfft los. Tifflors Stimme füllte den Raum. Der Erste Terraner verkündete eine Nachricht, mit der niemand auf Tahun mehr gerechnet hatte.
»Begreifen Sie?«, sprudelte Henderson heraus. »Das ist die Wende. Für uns alle. Jetzt wäre es geradezu töricht, ein Verbrechen zu begehen.«
Der Blonde und der Kahlköpfige blickten einander an. Dann lachten sie und sprangen ausgelassen durch die Wohnung.
Der Arzt drehte sich um und rannte aus dem Wohnsalon. Die Eindringlinge hielten ihn nicht auf.
»Was ist das?«, fragte der Blonde, als Henderson zurückkehrte.
»Ich glaub, ich seh nicht recht«, sagte der Kahle. »Der Onkel Doktor hat
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