Silberband 120 – Die Cyber-Brutzellen
Vermissten aufgespürt zu haben.
»Certhaytlin wünscht sicher schnellstens einen ausführlichen Bericht«, sagte der Gleiterkommandeur, nachdem Lordos mit wenigen Sätzen berichtet hatte, was geschehen war. »Wir hegen übrigens schon seit Längerem den Verdacht, dass es einem Schiff der Kanimooren gelungen sein könnte, den Wachring zu durchbrechen. Höchstwahrscheinlich hat dieses Schiff die automatische Station abgesetzt. Doch darüber reden wir später, jetzt fliegen wir zurück.«
Vor dem Frühstück am nächsten Morgen suchte Lordos die Betschiden auf. Er berichtete davon, dass Certhaytlin ihn zum Rapport befohlen hatte. »Der Kommandant hat mir gedroht, er werde mich an vorderster Front gegen die Kanimooren einsetzen. Das ist gleichbedeutend mit einem Todesurteil.«
»Ich weiß nicht, was ich von diesem Kranen halten soll.« Mallagan schaute den Tart nachdenklich forschend an. »Es wird Zeit, dass du uns mehr von seinen Plänen verrätst, damit wir die Dinge hier besser verstehen. Ich glaube, das ist jetzt nötig.«
»Certhaytlin will desertieren.«
»Und das ist alles? Deshalb will er uns und nun auch dich beiseiteschaffen? Er muss verrückt sein.«
»Wer seinen Posten verlässt, ist ein Verräter, vergiss das nicht. Certhaytlin glaubt, die Herzöge hätten euch geschickt, um ihn zu überführen.«
»Warum reicht er nicht einfach seinen Abschied ein?«
»Das hat er oft genug getan, nur entlässt ihn niemand aus dem militärischen Dienst. Deshalb will er sich absetzen. Ich würde das nicht einmal als richtigen Verrat bezeichnen.«
»Wie wollen wir unter diesen Voraussetzungen nach Kran kommen?«, wandte Faddon ein. »Niemand wird uns diesen Weiterflug zugestehen.«
»Wir zwingen Certhaytlin dazu«, sagte Lordos. »Wir benötigen nur einen Beweis, und den werde ich besorgen.«
Zur Nachtzeit war es Tarts streng verboten, die Kommandantur ohne ausdrückliche Genehmigung zu betreten. Aber die Wachmannschaften kannten Lordos und wussten, dass er oft nachts zu Certhaytlin gerufen wurde. Trotzdem war und blieb es für ihn ein Risiko. Er nahm es keineswegs nur der Betschiden wegen auf sich, sondern auch, weil es ihm selbst weiterhalf.
Er konnte das Gebäude ungehindert betreten. Diesmal wurde er von zwei Kranen angehalten, bevor er Certhaytlins Räumlichkeiten erreichte.
»So spät, Lordos? Das ist ungewöhnlich.«
»Der Kommandant ließ mich rufen.« Er wollte weitergehen, es wurde ihm nicht gestattet.
»Zu Certhaytlin willst du also? Wie kann der Kommandant dich gerufen haben, wenn er seit dem frühen Nachmittag auf Symulor ist, um gefangene Kanimooren zu verhören?«
Lordos versuchte, sein Erschrecken zu verbergen, aber er fand keine glaubwürdige Ausrede. »Welche Kanimooren?«, fragte er lediglich.
»Eines ihrer Schiffe wurde aufgebracht, deshalb ist der Kommandant nicht hier. Was willst du wirklich, Lordos?«
»Das geht nur mich etwas an.«
»Wie du meinst. Wir bringen dich zu Drampier, der für die Dauer von Certhaytlins Abwesenheit das Kommando übernommen hat.«
Lordos musste sich fügen. Vom Stellvertretenden Kommandanten war er stets mit Misstrauen behandelt worden, weil er als Vertrauter Certhaytlins galt. Vielleicht war nicht alles verloren.
Drampier befahl, den Gefangenen zu ihm zu bringen, und schickte dann die beiden Wachtposten wieder fort. Aufmerksam musterte er den sichtlich verlegenen Tart. »Welche Erklärung hast du für dein Verhalten, Lordos? Gerade du als enger Vertrauter Certhaytlins solltest wissen, dass er seit Stunden auf Symulor weilt. Was wolltest du in seinen Räumen? Hast du einen Kodeschlüssel?«
»Den brauche ich nicht; es gibt eine Kombination für den Nebeneingang.«
»Damit weißt du mehr als ich«, gab Drampier verblüfft zu. »Was also wolltest du bei Certhaytlin? Vor allem, weil du gewusst hast, dass er nicht da ist.«
»Das war mir wirklich nicht bekannt.«
»Ich würde dir gern glauben ...«
Lordos zögerte und sah Drampier forschend an. In dem Moment versuchten die beiden äußerlich so unterschiedlichen Wesen, jeweils die Absicht des anderen zu erkennen.
»Ich suche etwas«, sagte Lordos zögernd.
Drampier beugte sich vor und sah ihn zwingend an. »Was?«
Wieder zögerte der Tart, schließlich versteifte er sich. »Den Zugangskode zu seinem Datensafe.«
»Was könnte dich da interessieren, Lordos? Geheime militärische Pläne? In dem Fall müsste ich dich als Spion betrachten.« Drampiers Blick verlor ein wenig von seiner Härte.
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