Silberband 120 – Die Cyber-Brutzellen
als er sich die Haut des Wesens genauer ansah. Sie war nicht nur dunkelbraun und rissig, sondern zu mindestens drei Vierteln verbrannt. An den Rändern der schwarzen Schlackenkrusten wucherten schimmelpilzähnliche Organismen.
Surfo Mallagan schaute sich die anderen Kammern ebenfalls an. Es waren insgesamt neunundzwanzig, und in allen befanden sich gleichartige Geschöpfe mit mehr oder minder schweren Verbrennungen.
Jemand hat sie hierher gebracht und konserviert, aber ihre Hirnfunktionen künstlich aufrechterhalten!, erkannte Mallagan, als er die mit dünnen Leitungen verbundenen silbrigen Nadeln sah, die in den Schädeldecken steckten.
Urplötzlich verstand er. Die Gehirne dieser Wesen hatten die Fähigkeit, materielle Projektionen entstehen zu lassen. Zu mehr als reinem Umherschweben und Beobachten waren sie offenbar nicht fähig. Sie mussten nach vielleicht hundert, tausend oder noch mehr Jahren ihres künstlichen Lebens überdrüssig geworden sein und sehnten sich nach Erlösung. Selbst vermochten sie die Apparatur, die ihre Körper konservierte und ihre Gehirne am Leben erhielt, nicht abzuschalten, wahrscheinlich nicht einmal zu erreichen. Darum hatten sie wer weiß wie lange nach jemandem gesucht, der das für sie tun konnte – und nun hatten sie endlich einen geeigneten Helfer gefunden.
Surfo Mallagan sah sich nach einem Schalter oder etwas Ähnlichem um. Er fand nur eine in die Seitenwand eingelassene hellblaue Leuchtplatte.
»Ich helfe euch«, sagte er mitfühlend und drückte die Platte ein.
Ein Summen hing plötzlich in der Luft, dann zogen sich die Silbernadeln aus den Schädeln zurück. Mallagan glaubte, ein Seufzen zu hören, war sich dessen aber ganz und gar nicht sicher.
Als die Kammern dunkel wurden, wandte er sich ab und kehrte auf dem Weg zurück, auf dem er gekommen war. Kaum stand er neben seinen Gefährten, ertönte ein lautes Gurgeln und Rauschen. In der Mitte des Sees bildete sich ein Trichter, in dem das Wasser rasend herumwirbelte. Der Trichter wurde größer, während der Wasserspiegel rasch sank, schließlich schossen mächtige Luftblasen empor, danach beruhigte sich das Wasser.
»Diese Wesen sind vor einigen Minuten so schnell verschwunden, als hätten sie sich in Luft aufgelöst!«, rief Scoutie. »Was ist dort unten geschehen?«
»Ich sage es euch, wenn wir wieder draußen sind.« Mallagan lächelte zufrieden.
Fünf Tage später schleppten sich die Betschiden über einen Pass, der das Gebirgsmassiv in schätzungsweise zweitausend Metern Höhe durchschnitt. Sie waren abgerissen, erschöpft und halb verhungert. Seit drei Tagen hatten sie kein Wild mehr aufgespürt und nicht mehr als eine Handvoll essbarer Wurzeln ausgegraben. Lediglich an Wasser hatte es ihnen nicht gemangelt, denn bis zirka fünfhundert Meter unterhalb des Passes gab es reichlich Quellwiesen.
Auf der Passhöhe wehte ein heißer Nordwind. Hier wuchs nichts mehr, die Berggipfel ragten kahl und öde bis zu etwa dreitausend Metern auf.
»Eine Pause«, bat Scoutie. »Nur kurz, im Schatten!«
»Hier gibt es keinen Schatten«, entgegnete Mallagan.
Müde hob die Frau den rechten Arm, ließ ihn aber sofort wieder sinken. In der Felswand zur Rechten gähnte eine Höhlenöffnung.
»Nicht schon wieder«, sagte Faddon, aber wenige Minuten später genoss er bereits den Schatten. »Was mögen das für Wesen gewesen sein, dort unter dem See?«, überlegte er laut. »Die letzten intelligenten Bewohner von Kranenfalle?«
»Kaum«, antwortete Mallagan. »Wir haben nirgendwo Überreste einer Zivilisation entdeckt – und dort unten gab es hochmoderne Technik. Diese Geister müssen Raumfahrer gewesen sein. Woher sie kamen, werden wir wohl nie erfahren.«
Scoutie seufzte. »Inzwischen fühle ich mich wieder wohler. Ich brenne darauf, endlich die SOL zu sehen!«
»Das Wrack der SOL«, korrigierte Brether Faddon. »Falls das Riesenschiff überhaupt die SOL ist.«
Sie gingen weiter und schritten kräftig aus. Nach etwa einer halben Stunde erreichten sie das Ende des Passes. Von da an fiel das Gelände relativ steil ab – und dahinter erstreckte sich im Norden eine teilweise nebelverhangene, scheinbar endlose Wüste.
Aber dieser trostlose Anblick interessierte die drei Betschiden nicht mehr. Sie hatten nur Augen für das kugelförmige Gebilde dort unten in der Ebene.
»Das ist wahrhaft ein riesiges Schiff!«, entfuhr es Scoutie nach Minuten ergriffenen Schweigens. »Es ist viel größer als die Raumschiffe der
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