Silberband 120 – Die Cyber-Brutzellen
Walzenraumer stand noch dort, der Patriarch schien keine Eile zu haben.
Kein Wunder, wenn er hier auf einen Schlag mehr verdienen kann als anderswo in Jahren.
Auf Antigravplatten schwebten mehrere Container heran.
Tosen öffnete die Tür, und Primas raste hinaus. Der Halkone hetzte auf einen der Container zu und sprang jaulend daran hoch. Einer der Springer, die den Transport begleiteten, wollte Primas wegjagen, doch Tosen befahl, den Transport umgehend zu stoppen.
Der Springer gehorchte. Dann erst schien er zu erkennen, wer ihm gegenüberstand. Seine Augen weiteten sich.
Tosen blickte den Rotbärtigen zornig an. Er glaubte zu wissen, was der andere dachte. Xingar und seine Sippe waren offenbar davon überzeugt, dass er nicht mehr lebte.
»Der Container kommt in den Kontrollraum!«, ordnete Bruke an. »Sofort!«
Der Springer zögerte, schien sich dem Befehl widersetzen zu wollen. Dann grinste er breit, als beeindrucke ihn der Befehl in keiner Weise.
»Wie du willst«, sagte er, lenkte die Fracht in den Kontrollraum und öffnete den Container, nachdem sich das große Zugangsschott hinter ihm geschlossen hatte.
Mit funkelnden Augen blickte Primas auf die Kästen, die in dem Behälter standen. Tosen ließ sie nacheinander ausladen. Fast alle enthielten Maschinenteile. Nur in einem befanden sich, eingebettet in schützenden Schaumstoff, mehrere Glasbehälter.
Jaulend flüchtete Primas bis an die Tür. Tosen ließ ihn hinaus.
»Was ist in den Flaschen?«
»Pheromone«, sagte der Springer.
Das waren Botenstoffe, organische Substanzen, die Instinkthandlungen auslösten und soziale Funktionen kontrollierten. In der Natur wurden sie in mikroskopisch kleinen Mengen abgesondert, häufig als Duftstoffe, mit denen Fluchtreaktionen ausgelöst, Reviere und Wege markiert oder Sexualpartner angelockt wurden.
Für Tosen stand angesichts der Menge der Botenstoffe fest, dass es sich um synthetische Pheromone handelte. »Wer hat das Zeug bestellt?«, fragte er.
»Keine Ahnung«, knurrte der Rotbärtige. »Das geht mich auch nichts an. Stehen sie auf der Verbotsliste?«
Die Frage brachte Tosen in Verlegenheit. »Kein Verbot«, bestätigte er zögernd.
»Dann können die Flaschen passieren. Oder nicht?«
»Ich muss mich erst überzeugen, dass sie tatsächlich frei einführbar sind.« Bruke Tosen verließ den Kontrollraum. Als er zurückkehrte, gab er den Import frei.
Gleichzeitig verlor er den Kontakt zur Wirklichkeit. Wieder erschien es ihm, als zerreiße ein Vorhang.
Er fand sich in seinem Büro wieder. Vor ihm war ein Holo aktiv. Es zeigte den Springer, den er eben kontrolliert hatte. Nur Minuten waren vergangen, aber diese Minuten fehlten ihm. Er wusste nicht, was er währenddessen getan hatte.
Er hatte Mühe, den Schock zu überwinden. Währenddessen beobachtete er den Springer, ohne zu verstehen, was der Rotbärtige tat. Schließlich erfasste Bruke, dass der Händler an der Klimaanlage des Hafengebäudes hantierte. Aus einer der Flaschen schüttete der Mann Pheromone in eine Rohröffnung.
Sekunden später breitete sich ein eigenartiger Geruch aus. Tosen sprang auf. Er wollte ins Freie flüchten, stolperte jedoch über Primas, der unter dem Schreibtisch hervorkam, und stürzte der Länge nach zu Boden.
Abermals erlebte er einen Bewusstseinssprung.
Er stand im geöffneten Durchgang zu einem kleinen Raum, den er allem Anschein nach gerade hatte betreten wollen, und blickte in eine riesige Halle, in der er die Antriebsaggregate eines Raumschiffs erkannte. Zwischen den Maschinen arbeiteten Roboter und Springer.
Hastig trat Tosen in den Raum, in dem Schmiermittel aufbewahrt wurden. Vier Metallbehälter standen auf dem Boden, es waren seine Reisekoffer. Jedenfalls trugen sie das gezackte Symbol, mit dem er sein Eigentum zu markieren pflegte.
Verwirrt und schockiert über den neuerlichen Bewusstseinssprung, ließ Bruke sich auf den Boden sinken. Er blickte in die Halle und fragte sich, wie er in die XIN-I gekommen war. Dass er sich in dem Walzenraumer befand, stand für ihn zweifelsfrei fest.
Doch wie hatte er es geschafft, an den Springern und den Robotkontrollen vorbeizukommen? Und wozu die Koffer?
Ich wollte das Schiff sprengen!, schoss es ihm durch den Kopf.
Bebend öffnete er eines seiner Gepäckstücke. Der Metallkoffer enthielt tatsächlich eine primitiv anmutende Bombe.
Nachdem Bruke Tosen auch den Inhalt der anderen Koffer inspiziert hatte, war ihm klar, dass er genug Sprengstoff an Bord des Schiffes
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