Silberband 120 – Die Cyber-Brutzellen
Tosen verzichtete darauf, den Halkonen aufzuwecken.
Mit leicht gesenktem Kopf betrat er den Saal, nahm einem der Bediensteten ein Glas Wein vom Tablett und schob sich wie selbstverständlich durch die Menge. Natürlich achtete er darauf, dass er möglichst großen Abstand zu den Springern hielt.
Nach einigen Minuten fühlte er sich schon merklich sicherer. Er entdeckte den Bürgermeister. Kulgar Hars unterhielt sich angeregt mit mehreren Arkoniden. Ein Springer kam und teilte ihm etwas mit, Hars nickte und zeigte auf eine Tür im Hintergrund.
Bruke stellte sein Glas ab und schlenderte quer durch den Saal. Mehrmals blieb er bei einer Gruppe von Gästen stehen, als gehöre er dazu. Dennoch erreichte er rasch die Tür, auf die Hars gezeigt hatte, und betrat den Raum dahinter, ein Empfangszimmer, das mit einem großen Büro verbunden war.
Überzeugt davon, dass es sich bei dem Büro um das Arbeitszimmer des Bürgermeisters handelte, platzierte Tosen sich an der Wand hinter dem Durchgang. Hier konnte er von dem Empfangsraum aus nicht gesehen werden.
Sekunden später kamen der Bürgermeister und der Patriarch. Tosen spähte mit einem Auge um die Ecke. Seit langer Zeit sah er Hars wieder aus der Nähe. Er erschrak, denn der Arkonide hatte sich völlig verändert. Bruke kannte ihn als asketischen hochgewachsenen Mann, dessen Selbstdisziplin schon sprichwörtlich war. Jetzt war sein Gesicht aufgedunsen, und sein Blick wirkte unstet. Außerdem bewegte er unaufhörlich die Hände, als suche er nach etwas.
Endlich erkannte Tosen, weshalb Xingar so viele Personen durch Bestechungsgelder an sich gebunden hatte.
»Auf dem Planeten Serlitt steht eine komplette Verarbeitungsanlage«, eröffnete der Patriarch ohne Umschweife. »Sie holt die Schwingquarze nicht nur aus dem Boden, sondern bereitet sie auf, formt sie um und produziert positronische Elemente daraus. Das ist ein höchst komplizierter Prozess.«
»Ich bin informiert«, sagte der Arkonide.
»Die Schwingquarzgruben sind erschöpft. Das wurde schon vor Jahren vorausberechnet, und jeder hat sich darauf eingestellt. Die gesamte Fabrikanlage ist abgeschrieben und soll verkauft werden. Ihr ursprünglicher Wert lag bei mehr als einer Milliarde Galax. Ich kann sie dir komplett und arbeitsbereit auf einem Planeten mit hohem Vorkommen an geeigneten Schwingquarzen für 100 Millionen anbieten.«
Die genannte Zahl schien Hars den Atem zu verschlagen.
»Ich habe mehrere Trümpfe in der Hand«, fuhr Xingar fort. »Ich weiß, wo die Anlage steht. Ich habe qualifizierte Arbeiter, die sie abbauen können. Ich habe den Transportraum zur Verfügung, sodass ich sie zum neuen Einsatzort bringen kann – und ich weiß, wo dieser ist.«
»Warum machst du das Geschäft nicht selbst?«, fragte der Arkonide.
»Ich bin Händler, kein Produzent.« Xingar schnaubte verächtlich. »Ich will, dass du den Vertrag jetzt aufsetzt und unterschriftsreif machst.«
Bruke Tosen erschrak. Er war überzeugt davon, dass der Bürgermeister dem Springerpatriarchen die Tür weisen würde. Kulgar Hars war nicht der Mann, mit dem jemand so reden durfte.
Doch der Arkonide beugte sich dem Willen des Springers. »Einverstanden«, sagte er. »Ich kaufe die Anlage für die Bewohner von Jarvith-Jarv, du erhältst das Handelsrecht für die Endprodukte.«
»Die Kosmische Hanse wird leer ausgehen.«
»So ist es.«
»Endlich. Es wurde Zeit, dass du zur Vernunft kommst.«
Der Springer kehrte in den Saal zu den anderen Gästen zurück. Kulgar ging an Tosen vorbei, ohne den ungebetenen Eindringling zu bemerken. Er setzte sich an seinen Arbeitstisch, vergrub das Gesicht in den Händen und stöhnte verhalten.
Der Importkontrolleur huschte zurück in den Empfangsraum. Für ihn bestand nicht mehr der geringste Zweifel, dass auch der Bürgermeister auf der Bestechungsliste des Patriarchen stand.
Bruke Tosen dachte nicht darüber nach, ob das geplante Geschäft gut für die Bewohner von Jarvith-Jarv sein mochte. Das konnte er nicht beurteilen. Er war jedoch überzeugt, dass Xingar den Arkoniden gewaltig übervorteilt hatte und damit die Bevölkerung von Jarvith-Jarv.
Während Tosen darüber nachdachte, erlitt er einen Schwächeanfall. Seine Beine gaben nach, er stürzte zu Boden.
Hars erhob sich und kam überrascht zu ihm. Tosen wollte aufstehen, schaffte es aber nicht. Seine Muskeln versagten. Er glaubte, dass die eingeatmeten Schadstoffe an seiner Schwäche schuld waren.
»Was machst du hier?« Der Arkonide
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