Silberband 120 – Die Cyber-Brutzellen
und blickte flüchtig zu ihm herüber. Sie wusste ihn nicht unterzubringen, war jedoch nicht beunruhigt, weil sie viele Ärzte in der Klinik nicht kannte.
Tosen betrat das Treppenhaus. Er wollte sich dem Lift nicht anvertrauen, weil er fürchtete, dort jemandem zu begegnen, der aufmerksamer als die Schwestern war. Auf den Treppen hielt sich sonst niemand auf. Keiner der Ärzte und Assistenten verzichtete auf die Annehmlichkeiten des Lifts. So überwand Tosen ungehindert drei Stockwerke. An der Tür zur Station für extraterrestrische Großwesen verharrte er und lauschte. Alles war ruhig. Er berührte den Öffnungskontakt, drückte die Hand aber gegen das Türblatt, als dieses ein paar Zentimeter weit zur Seite geglitten war. Die Sensoren reagierten auf den Druck und hielten die Tür an.
Tosen spähte durch den Spalt. Er sah einen hochgewachsenen Mann, der kaum drei Schritte von ihm entfernt war und ihm den Rücken zuwandte. Vorsichtig löste er seine Hand von der Tür und ließ sie weitergleiten. Leise zischend rastete sie ein.
Der Wächter drehte sich um. Da war Bruke Tosen schon bei ihm, hielt ihm die Hochdruckspritze an den Nacken und injizierte ihm das Narkotikum. Der Angegriffene brach lautlos zusammen. Tosen fing ihn auf, um unnötige Geräusche zu vermeiden, und zog ihn ins Treppenhaus. Er war sicher, dass der Mann für wenigstens zwei Stunden ausgeschaltet war, sodass es nicht notwendig war, ihn zu fesseln.
Niemandem war etwas aufgefallen. Auf dem Gang blieb es ruhig, und auch im Stationszimmer am Ende des Korridors ertönte kein Alarmsignal, obwohl die Szene von der Stationskamera erfasst worden sein musste. Das Aufzeichnungsgerät war offensichtlich nicht so programmiert, dass es bei einem Vorfall dieser Art Alarm auslöste.
Bruke Tosen war unentschlossen, weil er nicht wusste, wohin er sich zuerst wenden sollte. War eine Überprüfung des Stationszimmers notwendig? Oder war es besser, sich sofort Icho Tolot zuzuwenden?
Er entschloss sich, einen Blick ins Stationszimmer zu werfen. Geräuschlos eilte er über den Gang. Dann schob er sich an der Wand entlang und spähte um die Ecke ins Stationszimmer.
In einem gepolsterten Sessel vor dem Monitor saß eine Schwester und schlief. Er hatte Glück gehabt. Wenn sie weniger unaufmerksam gewesen wäre, hätte sie gesehen, wie er den Wächter ausgeschaltet hatte.
Vielleicht sollte ich die Aufnahme löschen und die Spuren verwischen, dachte er, verwarf den Gedanken jedoch sogleich wieder. Es würde ihm ohnehin nicht gelingen, seine Spuren zu verwischen.
Entschlossen wandte er sich dem Ende des Ganges zu, wo sich eine große weiße Tür befand. Jetzt beschleunigte sich sein Herzschlag doch. Etwas in ihm sträubte sich gegen das, was er tat, aber die fremde Kraft, die ihn lenkte, war zu stark.
Icho Tolot war endlich zur Ruhe gekommen. Seine Qualen hatten sich wesentlich verringert. Ihm war es zwar nicht gelungen, die fremde Macht zurückzudrängen, die sein Ordinärhirn übernommen hatte und ständig versuchte, ihn vollends in ihre Gewalt zu bringen, aber seine Freunde hatten ihm geholfen. Sie hatten ihn gefesselt und ihn so daran gehindert, weiteren Schaden anzurichten. Sie hatten ihm Medikamente verabreicht und damit bewirkt, dass seine psychischen Spannungen sich verringerten.
Damit war er zugleich stärker geworden. Es gelang ihm immer häufiger, die fremde Macht zumindest so weit zurückzudrängen, dass er klar denken und seine Umgebung bewusst in sich aufnehmen konnte.
Tolot wusste, dass er sich in einer Spezialklinik befand und dass es richtig gewesen war, ihn zu fesseln. Er bemühte sich, den Ärzten bei ihrer Diagnose zu helfen, indem er seinen parapsychischen Abwehrblock ihren Bedürfnissen entsprechend gezielt öffnete.
An seinem Lager standen der Ara Kar-kaa und Fellmer Lloyd. Icho Tolot erinnerte sich, auch Gucky im Behandlungsraum gesehen zu haben. Inzwischen war der Ilt nicht mehr da.
Icho Tolot versuchte etwas zu sagen, um dem Arzt und dem Freund anzuzeigen, dass er bei klarem Bewusstsein war, doch das Medikament, das man ihm verabreicht hatte, war zu stark. Es beruhigte ihn, und es lähmte ihn zugleich, sodass er Zunge und Lippen nicht ausreichend bewegen konnte.
»Nach wie vor ist unklar, was geschehen ist«, erläuterte der Mediziner. »Wir können nur vermuten. Sicher ist, dass Tolot einen inneren Kampf austrägt, der bislang nicht zu Ende ist.«
Die Blicke des Aras richteten sich auf den Haluter, und dieser versuchte, ihm mit den
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