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Silberfieber

Silberfieber

Titel: Silberfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wuehrmann
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befahren. Captain Ross erläuterte, dass die Konstruktion des Dammes nur auf diese Weise möglich gewesen sei, da jedes andere Baumaterial zu leicht oder zu unbeständig gewesen wäre, um der täglich zwei Mal über den Damm rauschenden Strömung standzuhalten.
    Die Konstruktion bildete nebenbei ein erwünschtes Hindernis für ungebetene Gäste. Es war verboten, Wavy Island unangemeldet zu erkunden. Das Betreten der Insel war nur in Form einer so genannten historischen Führung möglich, zu der ein gemieteter Guide eine Gruppe von mindestens fünf Personen um sich versammelte und dann eine halbtägige Inselrundfahrt unternahm, das alles zu einem stolzen Preis von siebzig Dollar, aber einschließlich eines Mittagessens im Café des Treasure Hunting Centre, so hatte Captain Ross betont und erstmals gegenüber Christine Keller eine Spur Lokalpatriotismus gezeigt. Die Erzählungen ihrer beiden Kollegen bewegten sich auf der Grenze zwischen dem Bemühen, ihre Heimat in einem möglichst vorteilhaften Licht erscheinen zu lassen, und einer lässig vorgetragenen Portion Skepsis, was den Schatz und die leichtgläubigen Touristen betraf. Eine Art Seeungeheuer von Loch Ness in der Neuen Welt.
    »Ein bisschen wie im alten Schottland«, sagte sie dann auch, verzichtete aber auf eine Erklärung, obwohl sie die verständnislosen Blicke von Ross und Grimsby bemerkte.
    »Die Überwachung funktioniert allerdings nicht«, sagte sie. »Wenn man am Morgen nur früh genug losfahren muss, um an den Posten vorbeizukommen, kann doch jeder auf die Insel gelangen, der will. Vorausgesetzt natürlich, er hat einen Geländewagen mit Vierradantrieb, oder etwa nicht?«
    »Sie haben Recht«, sagte Captain Ross. Offenbar hatte er mit den Reifenspuren nicht gerechnet. Dann rechtfertigte er sein County.
    »Aber Sie müssen auch sehen, dass zu dieser späten Jahreszeit kaum noch Touristen unterwegs sind. Es lohnt sich also nicht, jemanden die ganze Nacht über in die kleine Hütte zu setzen, damit er den Damm überwacht.«
    Sergeant Grimsby stimmte ihm zu.
    »Der arme Kerl würde erfrieren. Was meinen Sie, was hier in diesem Herbst schon los war? Wir hatten Stürme von bis zu neunzig Meilen Geschwindigkeit. Letzten Winter ist eins der Lagerhäuser am Dammeingang einfach weggeflogen. Diesen Sommer haben wir alles mit Drahtseilen verankert. Ist ja nicht so, dass wir nichts tun für die Gegend.« Aha, Grimsby war also der Lokalpatriot.
    »Wird die Insel denn im Winter auch überwacht?«, fragte Christine Keller.
    »Ja, tagsüber ist immer jemand da. Aber das Touristen-Center schließt Anfang Dezember für den Winter. Dann ist das hier der einsamste Job in der Gegend. Keiner reißt sich darum. Todlangweilig«, sagte Frederic Ross.
    »Sie haben ja gesehen, eben war außer Bob kein Mensch da. Die Leute, die heute Morgen rübergefahren sind, haben die frühe Ebbe ausgenutzt. Wir haben erst jetzt den tiefsten Stand. In einer halben Stunde beginnt das Wasser schon wieder aufzulaufen. Danach gibt das Meer den Damm erst heute Abend wieder frei«, erklärte Ross.
    »Sieht so aus, als würden wir den Tag heute hier verbringen. Unsere Schatzsucher sind jedenfalls sehr früh aufgestanden«, sagte Grimsby.
    Christine Keller hatte nichts dagegen einzuwenden. Seeluft sollte ja gesund sein. Sie zog die dicke Regenjacke enger, die ihr Ross gegeben hatte, um sich gegen den scharfen Wind zu schützen. Den salzigen Geruch des Ozeans hätte sie gern gerochen. Der Gedanke an ihre verletzte Nase erinnerte sie daran, dass sie nicht zum Ausspannen hier war.
    »Wo haben Sie vor drei Wochen den Toten gefunden?«, fragte sie.
    Ross zeigte zum Anleger hinüber, zur Spitze der Cruden Bay, wo zu dieser Zeit schon lange kein Wasser mehr stand, sodass der Schlamm zu trocknen begann. Die Hauptstraße führte am Touristen-Center vorbei über den steinernen Damm nach Wavy Island. Kurz vor der Dammauffahrt zweigte eine schmale, nur etwa zweihundert Meter lange Straße ab und führte zum Anleger hinunter. Es war nur eine Zufahrtstraße für ein paar Segler oder einen verirrten Fischer, die ihre Boote unten am Steg festmachen konnten. Von hier aus war auf dem gegenüberliegenden Festland weit und breit nichts anderes zu erkennen als dieser Steg.
    »Da drüben haben wir ihn gefunden. Er kann nicht länger als zwei Stunden im Wasser gelegen haben, wenn man bedenkt, wie er ausgesehen hat, als wir ihn rausgefischt haben. Rechnen Sie dann die Strömungsrichtung mit ein, kann er nur von hier gekommen

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