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Silberfieber

Silberfieber

Titel: Silberfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wuehrmann
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vorangekommen. Sie nahm einen letzten Schluck aus dem Kaffeebecher und beschloss, die Gründe, weshalb sie McGuffin nicht schon in London hatte stellen können, für sich zu behalten. Im Gegenzug würde sie die erneute Flucht McGuffins vor der kanadischen Polizei nicht allzu genau hinterfragen. Sie fühlte sich so müde, dass sie kaum noch klar denken konnte. So viel war immerhin bei dieser späten Besprechung herausgekommen: Die Ausgangsposition aller an der Suche beteiligten Polizeibeamten war etwa die Gleiche.
    Weder sie selbst mit ihren weißen Tamponaden im Gesicht noch der ständig schniefende Captain und sein uniformierter dickbäuchiger Kollege mit den wüsten Bartstoppeln gaben ein sonderlich professionelles Bild ab. Sie hatte gehofft, Daniel McGuffin bei seiner Flucht aus dem Berner Spital mit ihren Schießkünsten wenigstens verletzt zu haben. Aber angesichts der Leichtigkeit, mit der sich McGuffin Ross’ Schilderung zufolge auf dem Montrealer Flughafen dem Zugriff der Bundespolizei entzogen hatte, konnte sie sich kaum vorstellen, dass sie ihn getroffen hatte.
    Bill Grimsby trank seinen Kaffee aus und blickte demonstrativ zur Wanduhr. Christine Keller wusste, dass sie schnell zu einem Ergebnis kommen mussten. Zu einem Entschluss, in welcher Form sie die Ermittlungen fortsetzen würden. Sie wandte sich an Frederic Ross, der trotz seiner heftigen Niesattacken aufmerksamer wirkte als Sergeant Grimsby.
    »Dieser Daniel McGuffin hat zwei Menschen umgebracht und dazu einen Studenten aus Hamburg massiv bedroht. Alles nur, um in den Besitz dieser Karte zu gelangen. Es kann nicht sein, dass sie vollkommen unwichtig ist. Was ist denn mit den Pfeilen? Vielleicht sollen die Pfeile auf der Karte Hinweise für die Schatzsuche geben.«
    Captain Frederic Ross zuckte mit den Schultern.
    »Dazu kann ich nichts sagen. Wir kennen uns mit der Geschichte der Schatzsuche zu wenig aus. Wir müssten die Historiker befragen, in Yarmouth oder in Halifax. Die Jungs aus dem Treasure Hunting Information Centre können bestimmt auch weiterhelfen. Irgendjemand wird ja die Broschüren für die Touristen geschrieben haben. Und denen können sie ja nicht nur Unsinn auftischen. Ein paar abgesicherte Fakten sind in den Broschüren bestimmt enthalten. Vielleicht steht ja auch etwas über die Pfeile drin.«
    Bill Grimsbys Gähnen war ein deutliches Zeichen, dass sich die Besprechung dem Ende zuneigte.
    »Das Beste wird sein, wir machen es wie sonst auch. Wahrscheinlich müssen wir nur nach Wavy Island rüber und warten, bis sie kommen«, sagte er. Christine Keller sah ihn überrascht an. »Bis wer kommt? McGuffin? Meinen Sie, er wird hier auftauchen? Er weiß doch, dass nach ihm gesucht wird. Der wird doch längst in irgendeiner kanadischen Großstadt untergetaucht sein.«
    Aber Frederic Ross widersprach ihr.
    »O nein, das glaube ich nicht, unterschätzen Sie die Gier dieser Leute nicht, die haben nur den Schatz im Kopf und sonst gar nichts. Es gibt unglaubliche Geschichten darüber, wie in den alten schottischen Familien die Kinder auf die Schatzsuche eingeschworen werden. Sind zwar alles Schauergeschichten, aber solange die Leute dran glauben, ist das alles nicht zu unterschätzen. Die jeweils nächste Generation wird gewarnt, niemals die Suche aufzugeben, bis der Schatz gefunden und endlich in den Familienbesitz übergegangen ist. Und dann dieser van Bronckship. Der ist der Schlimmste von allen. Er ist zwar nicht von hier, aber er ist noch gieriger als die anderen. Soweit ich weiß, besitzt er im Moment auch die Schürfrechte.«
    »Es gibt sogar Schürfrechte?«
    »O ja, die gibt es«, sagte Captain Ross, »irgendwann vor zwanzig, dreißig Jahren glitt den Behörden die Sache aus der Hand. Jeder Hobbyschatzsucher, der eine Schaufel tragen konnte, kam nach Nova Scotia und fing an, auf Wavy Island herumzubuddeln. Das konnte die Regierung auf Dauer natürlich nicht tolerieren. Und so wurde eine begrenzte Anzahl von Lizenzen vergeben.«
    »Und dieser van Bronckship ist der einzige Schatzsucher, der jetzt noch eine Lizenz hat?«, fragte Frau Keller.
    »Ich meine schon, stimmt doch, Bill, oder?«, fragte Ross und sah Sergeant Grimsby an.
    »Ja, ich glaube, der Letzte, der vor vier, fünf Jahren verkauft hat, war der alte Joe McGinnis«, antwortete er.
    »Ronald van Bronckship hat abgewartet, bis die hoffnungsvollen Schatzsucher genug davon hatten, im Dreck zu wühlen, und hat ihnen dann für wenig Geld die Lizenzen abgekauft«, erklärte Ross.

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