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Silberfischchen

Titel: Silberfischchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inger-Maria Mahlke
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Turnschuhe, musterte
     die Zeitungsblätter auf den Dielen im Flur, im Wohnzimmer. Neben ihr auf dem Boden lag ihre Jacke, er hob sie auf, hängte
     sie an den Haken, an dem sonst der Schirm hing. Ging schweigend in die Küche, seine Schuhe hinterließen streusandbraune Abdrücke
     auf den Dielen, auf dem weißen Linoleum, er lehnte sich an die Spüle.
    »Meine Sachen«, ihre Stimme klang erstaunt. Das Lineal war noch immer an der Tischkante ausgerichtet, Wäsche, Haarbürste,
     ihre Badezimmerutensilien auf Tisch und Stühlen verteilt. Sie streckte die Hand aus, schloss die Finger um ein Stück Stoff,
     um ihre Unterhose, |142| so, dass sie nicht mehr zu sehen war. Sie blickte ihn an, als habe er etwas getan, etwas Schlimmes getan, ihre Hand verschwand
     in der Jackentasche, war leer, als sie wieder herauskam. Sie griff nach der Bürste, drückte sie gegen ihren Bauch, »was haben
     Sie mit meinen Sachen gemacht?«
    Sie ging an ihm vorbei, strich mit der Hand über die Platte des Küchentischs, musterte seine Teetasse vom Morgen, die auf
     der Arbeitsplatte stand. Stellte die Tasse nicht in die Spüle, ging langsam auf den Pfarrgarten zu, blieb unter der Wäscheleine
     stehen und streckte eine Hand aus.
    »Nicht anfassen«, sagte er.
    Sie schnaubte, es klang beinahe wie ein Lachen, »ja, nicht anfassen«, wiederholte sie.
    Die Tasse war halbvoll, auf dem Tee hatte sich eine dünne Haut gebildet, als er die Tasse anhob, zerfiel sie in eckige kleine
     Schollen, die im Licht regenbogenfarben schillerten. Er hielt die Tasse an seine Wange, der Tee war vollständig erkaltet,
     zögerte kurz, ob er ihn austrinken sollte, schließlich goss er ihn in den Abfluss.
    Die blaue Tasche lag unter dem Küchentisch, sie hob sie auf, packte rasch T-Shirts, Hose, Pullover hinein, schüttelte den
     Kopf, als sie ihren Kulturbeutel unter der Hose entdeckte. Ihr Deodorant fiel heraus, rollte über den Boden, auf ihn zu, stoppte
     kurz vor seinen Schuhen, er bückte sich nicht. Drehte das warme Wasser auf, füllte die Tasse zur Hälfte, gab einen Tropfen
     Spülmittel hinein, nahm den Schwamm und begann den angetrockneten braunen Ring von der Innenwand zu reiben.
    |143| »Was Sie mit meinen Sachen gemacht haben?«, wiederholte sie, ihre Stimme lauter als zuvor.
    Der Schwamm fuhr über den Tassenrand, er drehte das kalte Wasser auf und spülte den Schaum ab.
    Sie tat das Deo in die Tasche, packte schnell und mit routinierten Bewegungen, sah sich um, als sie fertig war. »Verdammter
     Schnüffler«, sagte sie, wollte sich umwenden, wollte gehen.
    »Was fällt Ihnen ein«, brüllte er. Brüllte es, so laut er konnte, Schleim wurde durch seine Luftröhre geschleudert, er musste
     husten, »nach allem, was Sie angerichtet haben.« Er griff nach ihr, bekam ihren Jackenärmel zu fassen, riss an ihm, riss,
     so kräftig er konnte, sie taumelte rückwärts in die Küche, musste sich an dem Stuhl festhalten, sonst wäre sie gestürzt.
    Er ging in den Flur, er trug noch immer seinen Mantel, die Aufschläge der Ärmel nass und warm, rochen nach Spülmittel, er
     hatte gar nicht gemerkt, dass sie sich vollgesogen hatten, er schob die Knöpfe durch die Ösen, hängte den Mantel auf seinen
     Bügel. Er brauchte eine trockene Hose, trockene Socken, Pulloverkragen und Bündchen waren durchweicht, ebenso sein Hemdkragen,
     seine Schuhe.
    »Schnüffler«, sie beugte sich vor, »perverser Schnüffler«, brüllte, ihr Mund so weit aufgerissen, dass er das Zäpfchen in
     ihrem Rachen hin und her tanzen sah.
    »Was glauben Sie, wer Sie sind?«, er versuchte ihre Stimme zu übertönen, »und wer ich bin?«
    Sie starrte ihn an, ihr Mund lächelte plötzlich. »Sie?«, sie stieß Luft aus, »Sie sind meine Strafe.« Sie lachte, als wäre
     es lustig, ihre Mundwinkel weit auseinandergezogen, |144| ihre Zähne sehr weiß. »Gott ist gerecht«, sagte sie, er konnte sie kaum verstehen, sie lachte noch immer. Er wartete, wartete
     stumm, dass sie sich beruhigen, zu Verstand kommen würde. Sie atmete tief ein, ging an ihm vorbei, wollte in den Flur, braune
     Lehmdreiecke auf dem beigen Jackenrücken.
    »Sie sind dreckig«, sagte er.
    Sie blieb stehen, lehnte ihren Kopf an den Türrahmen, ihren Körper, als hätte sie keine Kraft mehr.
    »Sie sind dreckig«, wiederholte er.
    Sie hob kurz ihre Schultern, wattierte Jackenschultern, ließ sie mit einem Ruck wieder sinken.
    »Sie sollten das auch tun. Büßen. Ihre Frau«, sagte sie, drehte sich nicht um.
    »Kommen Sie«,

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