Silberfischchen
nahm den Bademantel von der Stuhllehne, ihre Arme fuhren hinein.
»Das ist meiner«, sagte er.
Sie lächelte ihm zu, »ich weiß.« Sie richtete den Kragen, er bekam das Ende des Gürtels zu fassen, »hey«, sie zog an dem Gürtel,
ein wenig nur, als würden sie spielen.
»Das ist meiner«, wiederholte er, wickelte das Gürtelende um seine Hand. Sie ließ den Bademantel von ihren Schultern gleiten,
lautlos landete er auf den Dielen, nahm das T-Shirt vom Fußende und zog es beim Hinausgehen über ihren Kopf. Im Flur bückte
sie sich und sammelte die Zeitungsseiten vom Boden.
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|151| 15.
Es fiel ihm schwer zu urinieren, er brauchte lange, drehte den Wasserhahn am Waschbecken auf, damit sie ihn in der Küche nicht
hörte.
Ein Topf stand auf dem Herd, sie hatte eine trockene Hose angezogen. Nahm eine gelbe Pappschachtel aus dem Küchenschrank,
Grieß ,
las er, sie ließ den Inhalt in die Milch rieseln, ihre andere Hand rührte mit dem Schneebesen. Er stellte sich dicht hinter
sie, lehnte mit der Hüfte an der Arbeitsplatte, sie sah sich nicht um.
»Es hat immer funktioniert«, sagte er leise zu ihrem Nacken, »es lag nicht an mir«, sagte er.
»Was?« Milch tropfte vom Schneebesen auf den Boden.
»Dass sie keine Kinder gekriegt hat«, er nahm das Küchentuch, bückte sich und wischte die Milch auf. Sie antwortete nicht,
sah nur in den Topf, schließlich drehte sie die Flamme aus.
Er nahm den Schneebesen und rührte in dem körnigen Brei. Sie hatte sich hingesetzt, ihre Ellbogen auf die Tischplatte, ihre
Stirn in beide Handflächen gestützt.
»Er muss ziehen, lassen Sie das«, sie hob den Kopf nicht, ihre Augen blieben geschlossen, »seien Sie artig und setzen Sie
sich hin.«
|152| Er ließ den Schneebesen in den Topf fallen, musste an seinen Hosenschlitz denken, den hervorquellenden Baumwollstoff, sein
schlaffes Glied.
»Sie sind ja auch nicht sonderlich ansehnlich«, sagte er.
Sie gähnte nur, hielt die Hand nicht vor den Mund. »Ich muss schlafen«, sagte sie, »nach dem Essen muss ich schlafen.«
»Sie haben gelogen«, er nahm Platz, auf dem Stuhl ihr gegenüber. Sie hatte mehrere Hämatome am Unterarm, vier zählte er, dicht
nebeneinander. Er hatte sie am Oberarm gefasst auf dem Weg ins Schlafzimmer, ihren Unterarm hatte er nicht angerührt. »Sie
haben gelogen«, wiederholte er, sie hob nur kurz die Schultern, als sei es egal. Als hätte er sie nicht erwischt.
»Ich bin also Ihre Strafe. Strafe wofür, Frau Potulski?« Sie hob den Kopf ein wenig, drehte ihr Gesicht zur
Seite, sah ihn an, »ich bin müde.«
»Wofür straft Gott Sie, Frau Potulski?« Er durfte nicht nachgeben, sie war erschöpft. Schloss nur wieder ihre Augen, es roch
nach warmer, süßer Milch. »Wieso haben Sie gelogen?« Vielleicht sollte er sie schubsen, leicht nur, damit sie verstand, dass
er sie nicht in Ruhe lassen würde. Nicht, bis sie gestanden hatte. »Machen Sie es sich nicht so schwer«, sagte er sanft. Ihre
Mundwinkel zuckten, zuckten nach oben, als müsste sie grinsen. Er schlug auf den Tisch. Unvermittelt mit der Handfläche auf
den Tisch, so dass die Platte vibrierte, ihr Kopf ruckte hoch. »Wo ist Ihre Tochter?« Seine Hand schmerzte.
»Das reicht«, sagte sie, die Fingerspitzen gegen ihre Schläfen gepresst, sie machte kreisende Bewegungen |153| mit ihnen, »der Grieß ist gleich fertig, wir brauchen Schälchen und Löffel«, und schloss die Augen.
»Sie kriegen erst etwas zu essen, wenn Sie antworten«, er nahm den Topf vom Herd, stellte ihn vor sich auf den Tisch und legte
die Arme um ihn. Der Topf war heiß, er musste aufpassen, »und die Wahrheit sagen«, setzte er hinzu.
Sie nahm zwei Glasschälchen aus dem Hängeschrank, stellte beide vor ihn hin, öffnete die Besteckschublade und legte die kleine
Schöpfkelle daneben. Blieb dicht vor ihm stehen, sah auf ihn herab, heißes Wasser lief den Topf hinab und versickerte in seinem
Ärmel. So heiß, dass es weh tat, er hätte gerne die verbrannte Stelle gerieben, er rührte sich nicht.
»Sie sind lächerlich«, sagte sie, sagte es ganz ruhig.
»Hier«, er stieß ihr den Topf gegen den Bauch, »fressen Sie es auf.«
Sie nahm die Henkel, starrte ihn an, schien zu überlegen, was sie tun sollte. »Essen«, sagte er schließlich, »essen Sie es
auf.« Sie füllte die Schälchen. »Strafe wofür«, fragte er, als sie ihm seines reichte. Sie aß, als hätte sie Hunger, »guten
Appetit«, sagte er, sie nickte nur. Der
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