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Silberflügel: Roman (German Edition)

Silberflügel: Roman (German Edition)

Titel: Silberflügel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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richtiger kleiner Unruhestifter bist du, oder? Gehst die Sonne anschauen, erschreckst deine Mutter halb zu Tode, lässt euren Schlafplatz von den Eulen niederbrennen. Ich möchte wetten, du bist zurzeit nicht gerade die beliebteste Fledermaus in deiner Kolonie.“
    „Das glaube ich auch nicht“, sagte Schatten, und trotz allem musste auch er grinsen.
    „Ich möchte Frieda und diese anderen Fledermäuse treffen“, sagte Marina. Jetzt lächelte sie nicht. „Ich möchte mit dir kommen.“

– 7 –
In die Stadt
    „Es kann ein bewegter Flug werden“, sagte Marina am nächsten Abend. Sie schwebten über die Bucht hinaus. Am klaren Himmel hing eine Mondsichel und es wehte nur eine leichte Brise. „Aber es sollte nicht allzu schwer für dich werden – trotz deiner Stummelflügel.“
    Verärgert stellten sich Schattens Ohren auf.
    „Ich habe keine Stummelflügel!“
    „Nun, jedenfalls sind sie nicht so lang wie meine“, sagte Marina und dehnte sie kurz. Er musste zugeben, sie waren länger und schmaler – aber nicht sehr viel länger und schmaler. „Es ist eine einfache Tatsache: Je länger die Flügel, desto schneller fliegt man.“
    „Meine sind ein bisschen kürzer“, sagte Schatten, „aber sie sind auch breiter, und das bedeutet, ich bin wendiger beim Flug.“ Er erinnerte sich daran, dass seine Mutter ihm das erklärt hatte, als er anfing fliegen zu lernen.
    „Hm“, sagte Marina zweifelnd.
    „Ich kann sogar auf der Stelle schweben. Und ich kann durch schmalere Zwischenräume im Wald fliegen.“
    „Interessant. Aber hier auf hoher See ist Geschwindigkeit angesagt, mein kleiner Freund. Und in der Beziehung habe ich den Vorteil.“
    Kleiner Freund? Sie war so schlimm wie Chinook. Er hoffte nur, er würde es nicht bereuen, mit ihr zusammen zu reisen.
    „Ich weiß nur, dass ich es letzte Nacht durch den Sturm geschafft habe“, murmelte Schatten, „und das waren ziemlich schlimme Winde. Ich komme schon zurecht.“
    Auf der Insel hatten sie noch eine Stunde mit dem Essen verbracht. Schatten hatte seine Nahrung ohne Begeisterung verschlungen. Er musste immer daran denken, wie sich mit jeder Sekunde seine Mutter und der Rest der Kolonie weiter von ihm entfernten. Er konnte es kaum erwarten aufzubrechen, aber er wusste, dass er essen musste. Er würde seine ganze Kraft brauchen über dem Wasser.
    Als sie höher flogen, nahm der Wind zu, und Schatten bekam Angst. Marina flog voran, und mit jedem Schlag blähten sich ihre Flügel eindrucksvoll. Schatten zog eine Grimasse und musste an Chinook denken.
    „Wie viel höher müssen wir denn noch?“, fragte er.
    „Eine Fledermaus mit Höhenangst? Das ist ja das Allerneueste.“
    „Ich frage mich nur, warum wir so hoch fliegen müssen.“
    „Um die richtige Luftströmung zu finden“, erklärte sie. „Ich habe mit diesen Strömungen herumgespielt. Manchmal erwischt man eine zum Land hin, das macht den Flug erheblich einfacher. Und schneller.“
    „In Ordnung.“ Es behagte ihm nicht, dass sie mehr wusste als er.
    Sie stellte die Flügel auf, kreiste einen Augenblick und schnupperte.
    „Ich glaube, wir sind nahe dran. Kannst du es riechen?“
    Schatten schnüffelte, konnte aber nichts erkennen außer dem scharfen Geruch der See. In der starken Brise brauchte er seine ganze Aufmerksamkeit allein, um die Höhe zu halten. In den Ohren brauste der Wind. Er hoffte nur, Marina wusste, was sie tat.
    „Noch ein bisschen mehr … da!“
    Schatten fühlte es ebenfalls: Der Wind legte sich, und er fühlte, wie er vorwärts gesaugt wurde. Jeder Flügelschlag war so gut wie zwei. Er schaute nach unten und bereute es sofort. Von hier oben war der Ozean nicht mehr als eine bewegte Schwärze. Es gefiel ihm nicht, so weit entfernt von Bäumen zu sein.
    „Das Festland ist unmittelbar geradeaus. Siehst du’s?“ Marina zeigte mit dem Kinn nach vorne.
    In der Ferne sah Schatten die dünne schwarze Linie der Küste und dann einen winzigen, aber intensiven Lichtblitz. Dann wieder Finsternis, dann wieder einen Blitz.
    „Das ist der Turm“, sagte Schatten aufgeregt. „Dort hat uns der Sturm erwischt.“
    „Der alte Leuchtturm. Ich erinnere mich. Die Menschen benutzen ihn für ihre Schiffe. Er sagt ihnen, dass da Felsen sind und sie sich besser fern halten.“
    Sie weiß alles, dachte Schatten. Sie ist größer, obwohl sie ein Mädchen ist, fliegt besser, ist in allem besser. Und dann hatte sie noch ihren Ring.
    „Eure Kolonie wollte also nach Süden ziehen,

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