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Silberflügel: Roman (German Edition)

Silberflügel: Roman (German Edition)

Titel: Silberflügel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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richtig?“
    „Ein paar Nächte lang, denke ich.“
    „Denkst du?“
    „Ich bin ziemlich sicher.“
    „Wir holen sie entlang der Küste ein, wenn wir Glück haben. Hängt davon ab, wie schnell sie fliegen. Vielleicht ein paar Nächte. Solange du uns nur auf der Route hältst, werden wir letztendlich hinkommen. Du kennst doch die Route, oder?“
    Schattens Magen fühlte sich an, als ob er gerade an die hundert Meter abgesackt wäre.
    „Nun“, sagte er, „meine Mutter hat mir eine Karte gesungen.“
    „Du hast sie vergessen?“
    „Nein“, blaffte er zurück. „Ich erinnere mich an alles.“ Das war nicht gerade gelogen. Er wusste, dass er alle Geräusche und Bilder ins Gedächtnis zurückrufen konnte – er wusste nur nicht, was sie bedeuteten. Er wünschte, er hätte seine Mutter vor dem Sturm alles erklären lassen.
    „Nun, das ist eine Erleichterung“, murmelte Marina.
    „Jedenfalls erwischen wir sie entlang der Küste, oder?“
    Marina grunzte nur.
    Schatten fand, das Beste wäre, seine Augen auf den blitzenden Leuchtturm auszurichten und ihn näher heranzuzwingen. Sie unterhielten sich anfangs ein bisschen, dann immer weniger, um nicht außer Atem zu kommen.
    Die Winde blieben konstant, und Schatten war sich klar, wie viel Glück sie hatten. Der östliche Himmel begann heller zu werden, als sie das Festland erreichten und um den Leuchtturm eine Wende machten. Schatten war erschöpft, aber auch froh. Er hatte es zurück geschafft.
    Unter einer umgestürzten Birke fanden sie eine verborgene Höhle und krochen hinein, gerade als sich in den Bäumen der Morgenchor der Vögel erhob. Sie schliefen sofort ein.
    „Wach auf.“
    Schatten öffnete ein Auge und blickte Marina trübe an. Noch einmal stupste sie ihn mit der Nase an.
    „Was ist los?“
    „Vor einer halben Stunde ist die Sonne untergegangen.“
    Also schon Nacht. Er hatte das Gefühl, dass kaum Zeit verstrichen war. Er raschelte mit den Flügeln, und ein brennender Schmerz durchzog die Muskeln an Brust und Rücken.
    „Hättest mich wecken sollen“, stöhnte er.
    „Sah so aus, als ob du dringend Schlaf brauchtest nach der letzten Nacht.“
    „Lass uns losfliegen.“
    „Hast du keinen Hunger?“
    Natürlich hatte er Hunger. Aber es war eine Quälerei, angesichts der langen Reise, die vor ihnen lag, so viel Zeit mit der Jagd auf Käfer und Moskitos zu verschwenden. Jede Sekunde bedeutete ein Dutzend verlorener Flügelschläge.
    „Die anderen müssen auch essen, weißt du“, sagte Marina.
    Er nickte und fühlte sich gleich besser. Daran hatte er nicht gedacht.
    „Und es sieht so aus, als könntest du es brauchen. Seid ihr Silberflügel alle so klein?“
    „Nein, sind wir nicht“, sagte Schatten zornig. „Ich bin nun einmal ein Knirps.“ Er musste fast lachen. Knirps. Das Wort war so ein großer und verhasster Teil seines Lebens, er hätte nie gedacht, dass er es je benützen würde, um sich zu verteidigen. „Im Übrigen denke ich, dass wir bessere Jäger sind als ihr Glanzflügel.“
    „Glaubst du?“ Sie klang amüsiert.
    „Ja. Denk nur mal darüber nach. In engen Räumen sind wir schneller, wie um Bäume herum, wo die Moskitos sind. Und unser Fell ist dunkler, also ist unsere Tarnung besser. Jedes Insekt, das nicht gerade blind ist, kann euch meilenweit kommen sehen!“
    „Nun, es gibt nur einen Weg, um das herauszufinden, nicht wahr?“
    „Ich wette, ich fange mehr Moskitos als du. Wer als Erster tausend hat.“
    „Abgemacht“, sagte sie. „Los!“
    Eilig verließen sie ihr Versteck unter der umgestürzten Birke und schossen in die Luft.
    Während Marina sich zu den Baumwipfeln aufmachte, wedelte Schatten zwischen den Bäumen selbst hindurch, futterte dichte Moskitoschwärme, ließ sich hinab über kleine Wasserpfützen, um frisch ausgebrütete Eier zu sammeln. Während des Fluges vergingen seine Muskelschmerzen. Nie hatte er so viel in so kurzer Zeit gegessen.
    Er raste an Marina vorbei und sie schrien sich ihre Zahlen zu.
    „Sechshundertfünfundzwanzig!“, rief er.
    „Sechshundertzweiundachtzig!“
    Angeberin! Er beschleunigte, wirbelte und flitzte durch die Luft, schnappte jeden Moskito, der seinen Pfad kreuzte.
    „Eintausend!“, brüllte er eine Minute später. „Ich hab’s geschafft! Wo bist du?“
    „Was hast du so lange gebraucht?“, fragte Marina. Sie hing in der Nähe von einem Ast und pflegte genüsslich ihre Flügel.
    „Hast du tausend?“
    „Hmhmhm.“
    „Hast du nicht!“
    „Doch, vor ein paar

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