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Silberlinge

Silberlinge

Titel: Silberlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Einleitung. Seine Stimme war wie der Rest – ungefähr so aufregend wie ein alter Pantoffel. »Du weißt doch, dass ich mit ihm reden wollte«, sagte Susan.
    »Du hättest ihn auch anrufen können«, widersprach der Mann. »Es ist sinnlos, hierherzukommen.«
    »Hallo«, meldete ich mich endlich zu Wort und ging zu meiner Tür. Ich überragte Max Mustermann ein ganzes Stück, außerdem hatte ich eine riesige Kanone in der Hand, die im Moment allerdings auf dem Boden zielte. »Ich bin Harry Dresden.«
    Er beäugte mich, dann wandte er sich wieder an Susan. Susan seufzte. »Harry, das ist Martin.«
    »Hallo, Martin«, sagte ich, nahm die Waffe in die andere Hand und bot ihm meine freie Rechte an. »Angenehm.«
    Martin starrte meine Hand an. »Ich schüttele grundsätzlich niemandem die Hand.« Damit war die verbale Interaktion, die ich von ihm erwarten konnte, offenbar erschöpft, denn er drängte Susan: »Wir müssen früh aufstehen.«
    Wir? Wir?
    Ich warf einen fragenden Blick zu Susan, die vor Verlegenheit errötete. Sie warf Martin einen finsteren Blick zu. »Ich muss jetzt gehen, Harry«, erklärte sie mir. »Ich wünschte, ich hätte länger bleiben können.«
    »Warte«, sagte ich.
    »Ich wünschte, ich hätte mehr Zeit«, sagte sie. »Ich rufe dich noch mal an, ehe wir abreisen.« Wieder dieses wir. »Abreisen? Susan…«
    »Es tut mir leid.« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste mich mit ihren viel zu warmen Lippen auf die Wange. Dann ging sie und streifte Martin gerade fest genug, dass er einen kleinen Schritt zur Seite machen musste, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
    Martin nickte mir zu und ging ebenfalls hinaus. Nach einem Moment folgte ich ihnen und sah sie auf der Straße in ein Taxi steigen.
    Wir.
    »Bei den Toren der Hölle«, murmelte ich und kehrte in meine Wohnung zurück. Hinter mir knallte ich die Tür zu, dann zündete ich eine Kerze an, stampfte in mein kleines Bad und drehte die Dusche auf. Das Wasser war höchstens zwei Grad zu warm, um sich in Hagelkörner zu verwandeln, trotzdem zog ich mich aus und stellte mich darunter. Verschiedene Arten von Frustration brodelten in mir.
    Wir.
    Wir, wir, wir. Das bedeutete, dass sie mit jemandem zusammen war. Mit jemand anders als mir. Oder? Susan und dieser pedantische rächende Engel? Das passte nicht zusammen. Der Kerl war so was von fad und langweilig. Lächerlich.
    Außerdem war er vielleicht sehr zuverlässig.
    Finde dich damit ab, Harry. So interessant und aufregend du auch sein magst – zuverlässig bist du nicht.
    Ich streckte den Kopf unters eiskalte Wasser und ließ ihn dort. Susan hatte nicht gesagt, dass sie zusammen waren. Er auch nicht. Außerdem war er nicht der Grund dafür, dass sie den Kuss abgebrochen hatte. Sie hatte einen ziemlich guten Grund, mich nicht zu küssen.
    Andererseits waren wir auch nicht mehr richtig zusammen. Sie hatte schon vor mehr als einem Jahr die Stadt verlassen. In einem Jahr kann sich eine Menge ändern.
    Ihr Mund hatte sich so wenig verändert wie ihre Hände. Oder ihre Figur. Die sinnlich glühenden Augen. Die leisen Geräusche, als sie sich an mich gepresst hatte, als ihr Körper danach verlangt hatte, dass ich…
    Seufzend blickte ich an mir hinab und drehte das kalte Wasser weiter auf.
    Verschrumpelt und blau angelaufen, verließ ich nach einer Weile die Dusche, trocknete mich ab und ging ins Bett.
    Gerade als es mir unter der Decke so warm geworden war, dass ich aufhörte zu bibbern, schellte das Telefon.
    Ich fluchte wütend, stand auf und setzte mich der kalten Luft aus. Aufgebracht nahm ich ab und knurrte: »Was gibt es?«
    Dann fiel mir ein, dass es vielleicht Susan war, und ich zwang mich, etwas ruhiger hinzuzufügen: »Hallo?«
    »Tut mir leid, dass ich Sie geweckt habe«, sagte Karrin Murphy, die Leiterin der Chicagoer Sondereinheit.
    Diese Abteilung kümmert sich um alle Verbrechen, die nicht ins Raster der anderen Abteilungen passen, und obendrein um die wirklich üblen Fälle, die niemand sonst haben will. Die Folge ist, dass sie immer wieder mit Dingen konfrontiert wird, die sich nicht so leicht erklären lassen. Ihre Aufgabe besteht darin, die Schmutzarbeit zu erledigen und nachher alles ordentlich in einem Bericht festzuhalten.
    Hin und wieder zieht Murphy mich als Berater hinzu, wenn sie auf etwas Verrücktes stößt, das sie nicht kennt und mit dem sie nicht umzugehen weiß. Wir arbeiten schon eine ganze Weile zusammen, und inzwischen sind Murphy und ihre Einheit so

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