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Silberlinge

Silberlinge

Titel: Silberlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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versucht, die Wahrheit aufzudecken und anderen Menschen mitzuteilen. Ihre Artikel im Arcane waren die Folge ihrer störrischen Weigerung gewesen, etwas zu verleugnen, das sie für die Wahrheit hielt, auch wenn es allen anderen verrückt vorkam. Sie gehörte zu den wenigen Menschen, die innehielten und über die Dinge nachdachten, selbst wenn sie absurd und übernatürlich schienen, statt alles so schnell wie möglich zu verdrängen. So hatten wir uns kennengelernt.
    »Wie geht es dir?«, fragte ich. »Alles klar?«
    »Im Grunde geht es mir nicht schlecht«, erwiderte sie. »Aber du steckst in Schwierigkeiten, und deshalb bin ich hier.«
    »Was meinst du damit?«
    »Ich muss dich warnen. Der Rote Hof…«
    »… hat Paolo Ortega geschickt, um mich herauszufordern. Das weiß ich schon.«
    Sie seufzte. »Aber du weißt nicht, worauf du dich einlässt, Harry. Ortega ist einer der gefährlichsten Adligen an ihrem Hof. Er ist ein Kriegsherr, er hat seit Beginn des Krieges in Südamerika ein halbes Dutzend Hüter des Weißen Rates getötet, und er war derjenige, der im letzten Jahr den Angriff in Archangelsk plante und ausführte.«
    Kreidebleich fuhr ich auf. »Woher weißt du überhaupt davon?«
    »Ich bin eine investigative Journalistin. Ich forsche nach.« Ratlos spielte ich mit der Coladose. »Wie auch immer, er hat mich zum Duell gefordert. Zu einem fairen Kampf. Wenn er es ernst meint, nehme ich an.«
    »Du musst vorher noch einiges wissen«, wandte Susan ein.
    »Was denn?«
    »Ortegas Haltung zum Krieg stößt am Roten Hof nicht auf ungeteilte Gegenliebe. Ein paar hochrangige Vampire unterstützen ihn zwar, aber die meisten finden das ständige Blutvergießen gar nicht schlecht. Außerdem würden sie gern den Weißen Rat ausschalten. Sie glauben, wenn sie die Magier ein für alle Mal beseitigen, müssen sie sich in Zukunft nicht mehr so sehr verstecken.«
    »Was hat das eine mit dem anderen zu tun?«
    »Denk mal drüber nach«, erwiderte Susan. »Der Weiße Rat führt diesen Krieg nur widerwillig und wird ihn beenden, sobald sich ein passender Vorwand bietet. Darauf baut Ortegas Plan. Er kämpft gegen dich und tötet dich, und dann bittet der Weiße Rat um Frieden. Sie machen irgendwelche Zugeständnisse, die aber nicht den Tod von Mitgliedern einschließen, und das war’s dann. Der Krieg wäre vorbei.«
    Ich blinzelte verdutzt. »Wie hast du denn herausgefunden, dass…«
    »Hallo, Erde an Harry. Wie ich schon sagte, ich stelle Nachforschungen an.«
    Ich runzelte die Stirn, bis mir die Muskeln weh taten. »Na gut, na gut. Ich muss zugeben, dass es nicht einmal ein schlechter Plan ist. Abgesehen vom mittleren Teil, in dem ich sterbe.«
    Sie lächelte leicht. »Den meisten Angehörigen des Roten Hofs wäre es lieber, wenn du lebst, denn solange du nicht tot bist, haben sie einen Grund, weiter Krieg zu führen.«
    »Reizend«, sagte ich.
    »Sie werden versuchen, das Duell zu stören. Ich dachte, das solltest du vielleicht wissen.«
    »Danke«, sagte ich. »Ich werde…«
    In diesem Moment klopfte jemand energisch an die Tür. Susan zuckte zusammen und stand, den Schürhaken noch in der Hand, sofort auf. Ich brauchte etwas mehr Zeit, öffnete eine Schublade im Schränkchen neben dem Sessel und nahm eine alte Dirty-Harry-Kanone heraus, die ungefähr dreißigtausend Kilo wog. Außerdem legte ich mir ein Stück Seidenschnur von etwa einem Meter Länge locker um den Hals, damit ich es im Bedarfsfall griffbereit hatte.
    Ich hielt die Waffe mit beiden Händen, zielte auf den Boden und spannte den Abzug. »Wer ist da?«, rief ich.
    Es dauerte einen Moment, dann ertönte eine ruhige Männerstimme: »Ist Susan Rodriguez da?«
    Ich warf einen raschen Blick zu Susan. Sie stand jetzt sehr aufrecht, in ihren Augen blitzte der Zorn, doch sie hängte den Schürhaken wieder an den Ständer neben dem Kamin. Dann winkte sie mir. »Schon gut, ich kenne ihn.«
    Ich ließ den Hammer zurückgleiten, steckte die Waffe jedoch nicht weg, als Susan zur Tür ging und öffnete.
    Draußen stand ein in jeder Hinsicht durchschnittlicher Mann. Er war ungefähr eins fünfundsiebzig groß und normal gebaut. Seine Haare waren mittelbraun, die Augen von undefinierbarer Farbe. Er trug Jeans, eine braune Jacke und abgestoßene Turnschuhe. Sein Gesicht war wenig bemerkenswert, weder attraktiv noch hässlich. Er war weder besonders stark noch besonders zaghaft oder besonders klug. Einfach schrecklich normal.
    »Was willst du denn hier?«, fragte Susan ohne

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