Silberlinge
Gegenmittel, das die freudigen Gefühle zerstörte, die das Gift auslöste.
Als Trägersubstanz benutzte ich abgestandenen Kaffee. Hinzu kamen Skunkhaare für die Nase und ein Stückchen Sandpapier für den Tastsinn. Ein kleines Foto von Meat Loaf fügte ich für das Auge hinzu, für das Ohr einen Hahnenschrei, den ich in einem kleinen Quarzkristall gespeichert hatte, außerdem noch eine zerstoßene Aspirintablette für den Geschmackssinn. Schließlich entfernte ich die Warnung der Gesundheitsbehörden von einer Packung Zigaretten und hackte sie klein, um etwas für den Verstand zu tun, und als Letztes zündete ich Weihrauch an, den ich manchmal zum Meditieren benutze, und wedelte für den Geist ein paar Schwaden hinein. Sobald die Tränke über dem Bunsenbrenner brodelten, sammelte ich so viel Willenskraft, wie es mir angesichts meiner Müdigkeit noch möglich war, und schickte die Energie in die Mixturen, um ihnen die nötige Kraft zu verleihen. Sie zischten und schäumten erfreulich.
Ich ließ sie eine Weile köcheln, nahm sie herunter und kippte die Tränke in zwei kleine Trinkflaschen. Danach hockte ich mich hin und wartete auf Bob.
Anscheinend war ich eingenickt, denn ich schreckte auf, als das Telefon klingelte. Dabei wäre ich fast vom Hocker gefallen. Eilig stieg ich die Leiter hinauf und nahm den Hörer ab.
»Dresden.«
»Grünschnabel«, sagte eine knarrende, alte Stimme. Ebenezar McCoy, der eine Zeitlang mein Lehrer gewesen war, wollte nicht nur plaudern. »Hab ich dich geweckt?«
»Nein, ich war nicht im Bett«, sagte ich. »Ich arbeite an einem Fall.«
»Du klingst müde wie ein Grubenpferd.«
»War die ganze Nacht auf.«
»Ach so«, sagte Ebenezar. »Hör mal, ich wollte dich nur wissen lassen, dass du dir wegen dieses Duells keine Sorgen machen musst. Wir werden ablehnen.«
Mit »wir« meinte Ebenezar den Ältestenrat. Sieben der erfahrensten Magier des Weißen Rates bildeten dieses Gremium, das besonders in Krisen, wenn rasche Entscheidungen nötig waren, in Erscheinung tat. Beinahe fünfzig Jahre lang hatte Ebenezar seine Berufung in den Ältestenrat abgelehnt und erst vor kurzem angenommen, um einen möglicherweise tödlichen Angriff auf mich abzuwehren, den einige eher konservative (sprich: fanatische) Mitglieder des Weißen Rates ausgeheckt hatten.
»Ablehnen? Tut das nicht.«
»Was denn?«, fragte Ebenezar. »Willst du wirklich dieses Duell ausfechten? Hast du dir den Kopf gestoßen, Junge?« Ich rieb mir die Augen. »Da sagst du was. Ich arbeite gerade an etwas, das mir den Sieg ermöglichen könnte.«
»Du hast sowieso schon zu viel um die Ohren, um dich auch noch mit diesem Vampir herumzuschlagen.«
»Er hat gewusst, welche Knöpfe man bei mir drücken muss«, erwiderte ich. »Ortega hat einen Haufen Ganoven in die Stadt mitgebracht. Vampire und normale Menschen. Er sagt, wenn ich mich ihm nicht stelle, lässt er eine Menge Leute töten, die ich kenne.«
Ebenezar spie einen wahren Wortschwall aus, vermutlich war es Gälisch. »Dann erzähl mir mal, was passiert ist.«
Ich berichtete Ebenezar von meiner Begegnung mit Ortega. »Oh, und ein Informant hat mir zugetragen, dass der Rote Hof in dieser Angelegenheit gespalten sei. Es gibt viele, die den Krieg nicht beenden wollen.«
»Natürlich wollen sie das nicht«, stimmte Ebenezar zu. »Dieser Narr von Merlin weigert sich, in die Offensive zu gehen.
Er glaubt, seine hübschen Schutzsprüche reichen aus, damit sie irgendwann ermüden und aufgeben.«
»Wie funktioniert es denn bis jetzt?«, erkundigte ich mich. »Im Grunde nicht schlecht«, erklärte Ebenezar. »Einen großen Angriff haben sie mühelos abgehalten. Bei Überfällen auf ihre Wohnsitze wurden keine Ratsmitglieder mehr getötet, auch wenn die Verbündeten des Roten Hofs unsere Freunde unter Druck setzen und einige Hüter auf Erkundungsmissionen getötet haben. Aber so wird es nicht lange bleiben. Man kann keinen Krieg gewinnen, indem man hinter einer Mauer sitzen bleibt und hofft, dass der Feind irgendwann abzieht.«
»Was sollten wir deiner Ansicht nach tun?«
»Offiziell folgen wir dem Merlin«, sagte Ebenezar. »In einer solchen Lage müssen wir unbedingt zusammenhalten.«
»Und inoffiziell?«
»Denk mal drüber nach«, schnaubte Ebenezar. »Wenn wir nur hier herumsitzen, vernichten oder vertreiben die Vampire unsere Verbündeten, und am Ende müssen wir allein gegen sie kämpfen. Hör mal, Grünschnabel, bist du sicher, was dieses Duell angeht?«
»Zum
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