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Silberlinge

Silberlinge

Titel: Silberlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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und war ein großer Mist.
    Verstehen Sie mich bitte nicht falsch – an Prophezeiungen kann durchaus etwas dran sein. Sterbliche, was uns Magier einschließt, existieren im Lauf der Zeit an einem bestimmten Punkt. Wenn man sich die Zeit als Fluss vorstellt, dann sind Sie und ich die Kieselsteine darin, und gelegentlich stoßen uns die Strömungen hin und her. Geister bewegen sich auf einer anderen Ebene. Manche ähneln eher einem langen Faden als einem Stein – ihre Gegenwart ist gewissermaßen gestreckt und wirkt sich ein Stück stromaufwärts oder stromabwärts aus. Sie können daher mehr von dem Strom erkennen als der Kieselstein.
    Auf diese Weise bekommen Orakelgeister einen Einblick in die Zukunft und die Vergangenheit. Sie leben in beiden Augenblicken zugleich und können daher geheimnisvolle Botschaften überbringen. Leider übermitteln sie meist nur kurze Warnungen, oder sie geben uns eigenartige Träume ein, manchmal hören wir auch prophetische gute Wünsche oder Scherze. Es gibt ganz unterschiedliche Arten, wie wir ihre Hinweise bekommen können. Wenn sie jedoch zu viel verraten, dann verändert dies die Zukunft, die sie erleben, also sind ihre Ratschläge immer ein wenig irreführend.
    Ich weiß. Mir tut auch schon wieder der Kopf weh.
    Außerdem gebe ich sowieso nicht so viel auf Prophezeiungen. So weit und klar diese Geister auch blicken können, sie sind nicht allwissend. Da die Menschen nun einmal ziemlich verrückt sind, kann ich nicht glauben, dass irgendein Geist jeden möglichen Ausgang im Auge behalten kann.
    Abgesehen von alledem konnte ich den Fall nicht einfach niederlegen. Zunächst einmal hatte ich einen Vorschuss kassiert und nicht genügend finanziellen Spielraum, um das Geld zurückzugeben und dennoch meine Rechnungen bezahlen zu können.
    Zweitens fand ich den Gedanken an meinen drohenden Tod nicht mehr so schlimm wie früher. Nicht, dass ich keine Angst hatte. Ich hatte sogar schreckliche Angst und war nervös, weil ich nicht einmal genau wusste, woran ich meine Angst festmachen sollte. Doch ich habe schon mehrmals gefährliche Situation überstanden, warum also nicht auch diese?
    Möchten Sie noch einen weiteren Grund dafür hören, dass ich nicht kneifen wollte? Ich lasse mich nicht gerne herumschubsen und mag keine Drohungen. So höflich und fürsorglich Michaels Drängen auch gemeint gewesen war, ich hatte danach nicht übel Lust gehabt, irgendjemandem die Nase einzuschlagen. Die Prophezeiung des Orakels war in gewisser Weise ebenfalls eine Drohung gewesen, und ich lasse mir natürlich auch nicht von Geistern aus dem Niemalsland sagen, was ich zu tun und zu lassen habe.
    Falls die Prophezeiung zutraf, waren außerdem Michael und seine ritterlichen Brüder in Gefahr, die mir gerade erst das Leben gerettet hatten. Ich konnte ihnen helfen. Wenn es darum ging, die Schurken im offenen Kampf zu schlagen, waren sie unübertroffen, aber sie waren keine Detektive. Sie konnten diese Gauner nicht so aufspüren, wie ich es vermochte. Ich musste sie nur zur Vernunft bringen, und sobald ich sie überzeugt hätte, dass die Prophezeiung, die sie erhalten hatten, nicht ganz zutraf, wäre alles in Ordnung.
    Aber sicher doch.
    Ich schob diese Gedanken zur Seite und sah auf die Uhr. Eigentlich wollte ich Ulsharavas’ Hinweisen so bald wie möglich nachgehen, doch ich war völlig erledigt, und wenn man müde ist, macht man Fehler. Da gerade so viele Schurken in der Stadt herumliefen, war es keine gute Idee, erschöpft und unvorbereitet im Dunkeln loszuziehen. Ich wollte warten, bis die Tränke fertig waren und Bob von seinem Ausflug zurückkehrte. Das Sonnenlicht minderte das Risiko, denn es verbrannte die Vampire des Roten Hofs – und ich hatte den Verdacht, dass auch diese verrückten Denarier nicht gut damit zurechtkamen.
    Nachdem dies geklärt war, überprüfte ich meine Notizen und braute mir zwei Tränke, die mir wenigstens ein paar Stunden Schutz vor dem berauschenden Gift des Roten Hofs bieten würden. Eigentlich waren sie recht einfach. Jeder Trank erfordert eine Flüssigkeit als Träger, dazu kommen noch mehrere andere Zutaten, die die Magie im Trank binden und die gewünschte Wirkung erzielen. Für jeden der fünf Sinne gibt es eine Zutat, außerdem je eine für den Geist und den Verstand.
    In diesem Fall wollte ich etwas herstellen, das den giftigen Speichel der Vampire des Roten Hofs neutralisierte – eine Droge, die das Opfer passiv und euphorisch machte. Also brauchte ich ein

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