Silberlinge
Teufel, nein«, gab ich zu. »Aber ich habe keine andere Möglichkeit gesehen. Ich werde mir schon was ausdenken, und wenn ich siege, dann zahlt es sich für den Rat vielleicht aus. Ein neutraler Ort für ein Treffen und Verhandlungen, vielleicht wäre das eine Möglichkeit.«
Ebenezar seufzte schwer. »Aye. Der Merlin denkt sicher ähnlich.« Er schwieg einen Moment. »Das ist was anderes als die Zeit damals auf der Farm, was?«
»Irgendwie schon«, stimmte ich zu.
»Erinnerst du dich an das Teleskop, das wir auf dem Heuboden aufgebaut haben?«
Ebenezar hatte mir an langen, dunklen Sommerabenden in den Ozarkbergen einiges über Astronomie beigebracht. Wir hatten die Tore der Scheune geöffnet und in der ländlichen Finsternis Millionen von Sternen bewundert.
»Ja, ich weiß – der Asteroid, den wir entdeckt haben, entpuppte sich als alter russischer Satellit.«
»Asteroid Dresden klang aber viel besser als Kosmos fünf.« Kichernd fügte er hinzu: »Weißt du noch, was aus dem Teleskop und den anderen Dingen geworden ist? Ich wollte dich schon immer mal danach fragen.«
»Wir haben die Sachen in die Schiffskiste im Pferdestall gepackt.«
»Auch die Beobachtungsnotizen?«
»Ja«, sagte ich.
»Oh, du hast recht«, erinnerte Ebenezar sich. »Vielen Dank.«
»Gern geschehen.«
»Wenn du dich wirklich darauf einlassen willst, dann stimmen wir dem Duell zu, aber pass auf dich auf.«
»Ich habe nicht die Absicht, einfach tot umzukippen«, erwiderte ich. »Falls mir etwas zustoßen sollte…« Ich hustete. »Also, wenn mir was passiert, dann findest du in meinem Labor einige Papiere. Es geht da um Menschen, die ich schützen möchte.«
»Natürlich«, sagte Ebenezar. »Allerdings würde es mich verrückt machen, wenn ich nach so vielen Jahren jetzt schon zum zweiten Mal nach Chicago fahren müsste.«
»Das würde ich natürlich gern vermeiden.«
»Viel Glück, Grünschnabel.«
»Danke.«
Ich legte auf, rieb mir müde über die Augen und kletterte wieder nach unten ins Labor. Ebenezar hatte es nicht offen ausgesprochen, aber indirekt hatte er mir, als er über die guten alten Zeiten gesprochen hatte, auf seiner Farm Asyl angeboten.
Nicht, dass ich Chicago nicht mochte, doch das Angebot war durchaus verlockend. Nachdem ich mich eine Reihe von Jahren mit verschiedenen Schurken herumgeschlagen hatte, waren ein oder zwei stille Jahre auf einer Farm in der Nähe von Hog Hollow in Missouri eine recht angenehme Alternative.
Andererseits wäre es eine Illusion gewesen zu glauben, ich wäre dort in Sicherheit. Ebenezars Haus war so gut geschützt wie das jedes anderen Magiers auf der Welt, und er selbst konnte ein schrecklicher Gegner sein. Doch der Rote Hof der Vampire hatte viele Unterstützer auf der ganzen Welt, die nicht immer fair agierten. Im vergangenen Sommer hatten sie eine Festung der Magier zerstört, und wenn es ihnen gelungen war, dort einzudringen, dann würde ihnen das auch in Ebenezars Heim in den Ozarkbergen gelingen. Wenn ich mich dort versteckte und sie davon erfuhren, wäre die Farm des alten Mannes ein verlockendes Ziel.
Ebenezar wusste das so gut wie ich, doch wir hatten eine gemeinsame Eigenschaft – wir mochten es nicht, wenn man uns herumschubste. Er hätte mich gern aufgenommen und mit mir bis zum Tod gegen die Roten gekämpft, falls sie aufgetaucht wären. Allerdings wollte ich ihn nicht in die Sache hineinziehen. Ich war dankbar für die Unterstützung des alten Mannes, aber so viel war ich ihm schuldig.
Außerdem war ich in Chicago fast ebenso gut geschützt. Meine eigenen Schutzsprüche, die defensiven magischen Vorrichtungen, die meine Wohnung sicherten, hatten sich in den letzten Jahren bewährt, und die Nähe einer großen Einwohnerschaft hinderte die Vampire daran, offen zuzuschlagen. Im übernatürlichen Reich wusste jeder, dass die ganz normalen Sterblichen so ziemlich die gefährlichsten Zeitgenossen auf dem Planeten waren, deshalb bemühten sich alle, nicht zu deutlich in Erscheinung zu treten.
Die Einwohner taten unterdessen alles Menschenmögliche, um die übernatürliche Ebene zu übersehen, und so funktionierte alles recht gut. Die Vampire hatten seit Beginn des Krieges ein paar Anschläge auf mich verübt, doch damit war ich allein fertig geworden. Offensichtlich wollten sie nicht riskieren, in der Öffentlichkeit bemerkt zu werden.
Daher hatte Ortega mich zum Duell gefordert.
Aber wie zum Teufel sollte ich gegen ihn kämpfen, ohne Magie zu benutzen?
Mein Bett
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