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Silberlinge

Silberlinge

Titel: Silberlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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fragte ich schließlich.
    Charity drehte sich um. Sie hatte dunkle Ringe unter den Augen, die ich bisher nicht bemerkt hatte. »Was meinen Sie damit?«
    »Gerade eben. Sie hätten nur zu Shiro sagen müssen, dass Michael mir nicht helfen würde.«
    »Er hätte Ihnen aber geholfen, und das wissen Sie auch.«
    »Shiro wusste es nicht.«
    Sie sah mich verwirrt an. »Da komme ich nicht mit.«
    »Sie hätten lügen können.«
    Jetzt verstand sie es, und in ihren Augen glommen helle Funken. »Ich mag Sie nicht, Mister Dresden. Aber Sie sind mir sicher nicht wichtig genug, um Ihretwegen meine Überzeugungen über den Haufen zu werfen oder um Sie zum Anlass zu nehmen, mich selbst zu entehren oder das zu verraten, wofür mein Mann einsteht.« Sie marschierte zu einem Schränkchen und holte einen kleinen, blitzsauberen Erste-Hilfe-Kasten heraus. Ohne ein weiteres Wort öffnete sie den Kasten und verarztete meine Hand.
    »Dennoch helfen Sie mir?«
    »Ich erwarte nicht, dass Sie das verstehen. Es hat keinerlei Einfluss auf meine Entscheidungen, ob ich Sie persönlich leiden kann oder nicht. Michael ist Ihr Freund, er würde für Sie sein Leben riskieren. Es würde ihm das Herz brechen, wenn Ihnen etwas zustieße, und das werde ich nicht zulassen.« Dann schwieg sie und kümmerte sich mit den gleichen energischen, zielstrebigen Bewegungen, mit denen sie gekocht hatte, um meine Verletzung.
    Es soll heutzutage ja Desinfektionsmittel geben, die nicht brennen.
    Charity benutzte allerdings Jod.

16. Kapitel
     
     
     
    Shiro kam aus dem Büro und zeigte mir die Adresse, die er notiert hatte. »Wir treffen uns heute Abend um acht.«
    »Nach Sonnenuntergang«, bemerkte ich. »Den Weg kenne ich. Soll ich Sie hier abholen?«
    »Ja. Ich brauche etwas Zeit, um mich vorzubereiten.«
    »Ich auch. Also um sieben.« Ich verabschiedete mich und ging. Draußen kamen mir drei weitere Kinder entgegen, zwei Jungen und ein Mädchen. Der kleinere Junge beäugte mein Auto, doch dann erschien Charity in der Haustür und scheuchte ihn hinein. Mit gerunzelter Stirn beobachtete sie mich, bis mein blauer Käfer zum Leben erwachte.
    Auf der Heimfahrt hatte ich einiges zu überdenken. Auf das Duell mit Ortega konnte ich mich nicht vorbereiten. Er war ein Kriegsherr des Roten Hofs und hatte sich bereits in zahlreichen Duellen bewährt. Demnach hatte er eine Reihe von Gegnern getötet, womöglich sogar einige Magier. Ich hatte mich schon mehrmals gegen üble Angreifer behauptet, aber das waren stets Freistilkämpfe gewesen, in denen ich immer zu irgendwelchen Tricks gegriffen hatte. In einem Duell Mann gegen Mann halfen mir kluge Einfälle nicht weiter, und es gab kein Umfeld, das mir irgendwelche Hilfsmittel zur Verfügung stellen konnte.
    Es würde ein offener Kampf werden, und falls Ortega besser war als ich, dann würde er mich töten. So einfach war das. Meine Angst war genauso schlicht. Urtümlich und klar.
    Ich schluckte schwer, meine Knöchel liefen weiß an, doch meine Hände wollten sich nicht entspannen und das Lenkrad loslassen. Dumme Finger.
    Als ich zu Hause eintraf, stand meine Tür halb offen. Ich näherte mich geduckt, falls jemand mit einer Pistole in der Hand meine Kellertreppe überwachte, und hob den Sprengstock. »Harry?«, rief eine Frau leise herauf. »Sind Sie es?«
    Ich ließ den Sprengstock sinken. »Murph?«
    »Kommen Sie rein«, sagte sie, und ihr bleiches Gesicht erschien in der Tür. »Beeilen Sie sich.«
    Vorsichtig ging ich die Treppe hinunter und tastete dabei meine Wachsprüche ab. Sie waren intakt, und ich entspannte mich ein wenig. Ich hatte Murphy einen persönlichen Talisman gegeben, mit dem sie meine Verteidigungseinrichtungen überwinden konnte. Er wirkte allerdings nur bei ihr selbst. Kaum war ich eingetreten, da schloss Murphy schon hinter mir die Tür und verriegelte sie. Im Kamin hatte sie ein Feuer entfacht, und eine meiner alten Kerosinlampen brannte. Ich wärmte mir am Kamin die Hände und beobachtete die Polizistin schweigend. Sie stand einen Moment mit hochgezogenen Schultern im Raum, ehe sie sich neben mich ans Feuer stellte. Ihre Lippen waren schmale Striche. »Wir müssen reden.«
    »Das höre ich ständig«, murmelte ich.
    »Sie haben mir versprochen, mich anzurufen, sobald sich etwas ergibt.«
    »Immer mit der Ruhe. Wer sagt denn, dass ich etwas herausgefunden habe?«
    »Auf einer Jacht im Burnham Harbor wurde eine Leiche gefunden, und mehrere Augenzeugen erwähnen einen großen, dunkelhaarigen Mann, der

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