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Silberlinge

Silberlinge

Titel: Silberlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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uns nehmen könnten. Nikodemus setzte sich, der Diener schenkte ihm Kaffee ein. Wahrscheinlich war es unter seiner Würde, sich selbst zu bedienen. »Ich habe versucht, Sie aus dieser Sache herauszuhalten.«
    »Ja, das war wirklich nett. Demnach haben Sie wohl die Prophezeiung verändert, die Ulsharavas erwähnte.«
    »Sie haben ja keine Ahnung, wie schwierig es ist, einen Boten der Engel zu überfallen.«
    »Äh«, machte ich. »Aber warum haben Sie das getan?«
    Nikodemus ließ sich herab, die Sahne persönlich in den Kaffee zu kippen. Zucker nahm er nicht. Sein Löffel klirrte in der Tasse. »Ich habe Ihre Mutter in bester Erinnerung behalten und musste mich kaum überwinden, um es zu tun. Warum also nicht?«
    »Das ist jetzt schon das zweite Mal, dass Sie meine Mutter erwähnen.«
    »Ja. Ich habe große Achtung für sie empfunden, und so etwas ist für mich eher untypisch.«
    »Ihre Achtung ist so groß, dass Sie mich entführen und hierherbringen. Ich verstehe.«
    Nikodemus winkte ab. »Das hat sich so ergeben. Ich brauchte jemanden mit einer gewissen metaphysischen Kraft. Sie haben meine Kreise gestört, waren aber durchaus passend fürs Rezept.«
    Rezept? »Was für ein Rezept?«
    Er trank einen Schluck Kaffee und schloss verzückt die Augen. Der Schweinehund. »Ich nehme an, dies ist der Teil der Unterhaltung, bei dem ich Ihnen meine Pläne offenbare?«
    »Was haben Sie schon zu verlieren?«
    »Anscheinend erwarten Sie nun, dass ich Sie auch über etwaige Schwächen informieren werde. Den Mangel an professionellem Respekt, den Sie damit an den Tag legen, empfinde ich allerdings als verletzend.«
    Ich knirschte mit den Zähnen. »Weichei.«
    Er nahm sich ein Stück Speck und knabberte daran. »Es reicht, wenn Sie wissen, dass eine von zwei Möglichkeiten sich erfüllen wird.«
    »Ach ja?« Wie immer zeigte ich mich als Meister der geistreichen Replik.
    »In der Tat. Entweder werden Sie freikommen und hier unten bei einem netten Frühstück sitzen…« Er nahm ein leicht gekrümmtes, offenbar sehr scharfes Messer in die Hand. »Oder ich schneide Ihnen die Kehle durch, sobald ich gefrühstückt habe.«
    Das versetzte mich nun wirklich in Angst und Schrecken, denn er sagte es ohne jede melodramatische Betonung. Ganz beiläufig, wie die meisten Menschen erwähnen würden, dass es mal wieder nötig ist, den Müll rauszubringen. »Ah, das klassische Dilemma – schlage dich auf meine Seite oder stirb«, sagte ich. »So abgedroschen es ist, ich finde es immer wieder spannend.«
    »Ihr bisheriges Verhalten beweist leider, dass Sie lebendig viel zu gefährlich sind. Abgesehen davon habe ich mich an einen Zeitplan zu halten.«
    Ein Zeitplan? Also stand er unter Druck. »In dieser Hinsicht bin ich wirklich ein Ärgernis. Nehmen Sie’s nicht persönlich.«
    »Mitnichten«, versicherte er mir. »Es ist für keinen von uns leicht. Ich würde es bei Ihnen ja mit psychologischen Tricks versuchen, habe aber die jüngsten Entwicklungen in der Branche nicht verfolgt.« Er butterte sich eine Scheibe Toast. »Andererseits können nicht viele Psychologen Streitwagen lenken, so gleicht es sich wieder aus.«
    Die Tür ging auf, und eine junge Frau trat ein. Sie hatte langes, vom Schlaf zerzaustes Haar, dunkle Augen und ein Gesicht, das ein bisschen zu schmal war, um nach den üblichen Maßstäben als hübsch zu gelten. Sie trug einen locker gegürteten Kimono aus roter Seide, der einige Einblicke gewährte, wenn sie sich bewegte. Anscheinend hatte sie nichts darunter. Wie ich schon sagte, es ist kalt in der Unterstadt. Das Mädchen gähnte, streckte sich wohlig und beobachtete mich dabei. Sie sprach ebenfalls mit einem eigenartigen, leichten britischen Akzent. »Guten Morgen.«
    »Auch dir einen guten Morgen. Harry Dresden, ich glaube, Sie sind meiner Tochter Deirdre noch nicht begegnet.«
    »Nein«, bestätigte ich, obwohl mir das Mädchen irgendwie bekannt vorkam.
    »Doch, wir kennen uns«, widersprach sie. Sie nahm eine Erdbeere vom Frühstückstisch, legte die Lippen um die Frucht und biss genüsslich ab. »Im Hafen.«
    »Ah, Madame Medusa, nehme ich an.«
    Deirdre seufzte. »Das habe ich noch nie gehört, es klingt allerdings amüsant. Darf ich ihn töten, Vater?«
    »Noch nicht«, erwiderte Nikodemus. »Aber wenn es dazu kommt, dann gehört er dir.«
    Deirdre nickte verschlafen. »Habe ich das Frühstück verpasst?«
    Nikodemus lächelte sie an. »Nein, nein. Gib uns einen Kuss.«
    Sie setzte sich auf seinen Schoß und gab ihm

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