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Silberlinge

Silberlinge

Titel: Silberlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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zurückweichen, warf mich trotz der Fesseln hin und her und klammerte mich an die verzweifelte Hoffnung, dass doch noch ein Seil reißen möge, damit ich kämpfen, weglaufen und überleben konnte. Natürlich riss nichts, und ich kam nicht frei. Nikodemus beobachtete mich, bis ich erschöpft aufgab.
    »Bleiben Sie ruhig«, sagte er, »dann haben Sie es rasch hinter sich.«
    »Willst du die Silberschale haben, Vater?«, fragte Deirdre.
    Einen Moment lang wirkte Nikodemus gereizt. »Wo habe ich heute nur meine Gedanken?«, brummte er. »Porter, bringen Sie sie mir.«
    Der grauhaarige Diener verließ den Raum.
    Gleich darauf hörte ich ein Keuchen und Grunzen, Porter kam durch die Tür geflogen und landete auf dem Rücken. Er krächzte unter Schmerzen und rollte sich zusammen.
    Seufzend drehte Nikodemus sich um. »Was ist denn jetzt schon wieder?«
    Als Anna Valmont ihr ganzes Magazin auf ihn abgefeuert hatte, war er mir eher gelangweilt vorgekommen. Als ich in die Wand des Hotels eine Delle in der Form seines Körpers geschlagen hatte, war nicht einmal seine Frisur in Unordnung geraten. Als er nun aber den Diener vor der offenen Tür auf dem Boden liegen sah, erbleichte Nikodemus. Er riss die Augen weit auf, trat mit zwei raschen Schritten hinter mich und setzte mir das Messer an die Kehle. Sogar sein Schatten zuckte zurück und entfernte sich von der offenen Tür.
    »Der Japaner«, knurrte Nikodemus. »Tötet ihn.«
    Darauf folgte ein kurzes, erschrockenes Schweigen, dann griffen die Handlanger nach ihren Waffen. Derjenige, der direkt neben der Tür stand, bekam sie nicht einmal aus dem Halfter. Immer noch in die Sachen gekleidet, die er im McAnnally’s getragen hatte, stürmte Shiro mit wehenden schwarzen, weißen und roten Kleidern und erhobenem Stock herein. Dem ersten Ganoven verpasste er einen Schlag auf den Hals, und der Mann ging sofort zu Boden.
    Sein Kumpan hatte inzwischen die Waffe gezogen und zielte auf Shiro, doch der alte Mann sprang nach links und rollte sich geschmeidig ab. An zwei Wänden flogen Funken, als der Querschläger durch den Raum irrte. Nun zog Shiro sein Schwert Fidelacchius aus der hölzernen Scheide und ging mit so schnellen Bewegungen auf den Wächter los, dass die Klinge wie ein verschwommener stählerner Schirm erschien. Als die Waffe des Gangsters in hohem Bogen durch die Luft flog, hing seine Hand noch daran. Der Mann starrte den Armstummel an, aus dem das Blut schoss. Abermals wirbelte Shiro herum und versetzte dem Wächter einen Tritt vors Kinn. Sein Kiefer brach, und er sank auf dem nassen Boden in sich zusammen.
    Binnen drei Sekunden hatte Shiro ebenso viele Gegner erledigt, ohne auch nur einmal zu zögern. Wieder blitzte Fidelacchius, und Deirdres Stuhl brach unter ihr zusammen. Sie fiel hin, worauf der alte Mann sich auf ihr volles, dunkles Haar stellte und die Spitze auf Deirdres Nacken setzte.
    Jetzt war es totenstill. Shiro bedrohte Deirdre, Nikodemus tat das Gleiche mit mir. Der kleine alte Mann erinnerte überhaupt nicht mehr an die Person, mit der ich gesprochen hatte. Äußerlich war er derselbe, aber seine Ausstrahlung und seine Miene hatten sich verändert. Sein Gesicht war hart wie Stein, mit den Jahren verwittert und nur noch stärker geworden. Er hatte sich mit der Anmut, der Geschwindigkeit und der Geschicklichkeit eines Tänzers bewegt. In seinen Augen schimmerte eine ruhige Kraft, die er vorher verborgen hatte, und auf seinen Händen und Unterarmen spannten sich kräftige Muskeln. Im Fackelschein glänzte rotes Blut auf der Klinge.
    Nikodemus’ Schatten wich weiter vor dem alten Mann zurück, das Messer drückte etwas fester auf meinen Hals.
    Ich konnte mich nicht länger zurückhalten. »Das war mal ein gekonnter Angriff. Ich bin ja kein Schwertkämpfer, aber der alte Mann hat sich ungeheuer schnell bewegt. Finden Sie nicht auch? Jede Wette, das Schwert könnte Sie töten, und Sie würden es erst bemerken, wenn Ihnen der Kopf auf die Füße fällt.«
    Nikodemus knirschte mit den Zähnen.
    »Harry«, warnte Shiro mich leise. »Bitte.«
    Ich hielt den Mund und stand schaudernd, mit Schmerzen und trotz des Messers an der Kehle voller Hoffnung da.
    »Der Magier gehört mir«, sagte Nikodemus. »Er ist erledigt, das wissen Sie. Er wollte sich einmischen.«
    »Ja«, sagte Shiro.
    »Sie können ihn mir nicht wegnehmen.«
    Shiro blickte demonstrativ zu den toten Ganoven und auf seine Gefangene hinab. »Vielleicht ja, vielleicht auch nein.«
    »Sobald Sie eine falsche

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