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Silbermantel

Titel: Silbermantel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
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diskrete Fragen zu stellen, wobei ihm immer wieder und schmerzlich die Wirkung der Hungersnot auf jene zu Bewusstsein kam, mit denen er sich unterhielt.
    Doch es gab keine Neuigkeiten. Niemand hatte den hochgewachsenen, dunkelhaarigen Fremden gesehen oder von ihm gehört. Daher bestieg Loren am Morgen des dritten Tages in einem Hain westlich des Leinansees, wo er die Nacht verbracht hatte, in aller Frühe sein Pferd. Als er den Blick gen Osten richtete, konnte er hinter der Hügelkette jenseits des Sees die Sonne aufgehen sehen, und er wusste, dass dahinter Dun Maura lag. Selbst bei Tageslicht, unter einem blauen Himmel, hatte dieser Ort für den Magier etwas Düsteres an sich.
    Sie hatten nicht viel füreinander übrig, die Mormae aus Gwen Ystrat und die Magier, die dem Beispiel Amairgens folgend dem Reich der Mutter den Rücken gekehrt hatten. Blutzauber, dachte Loren kopfschüttelnd und stellte sich Dun Maura und die Riten von Liadon bildlich vor, die noch jedes Jahr durchgeführt worden waren, ehe Conary kam und sie verbot. Er gedachte der Blumen, welche die Jungfrauen streuten, während sie seinen Tod und die Wiedergeburt als Frühling besangen: Rahod hedai Liadon. In jeder Welt war das so, wusste der Magier, doch seine ganze Seele sträubte sich gegen die Düsternis dieser Macht. Mit grimmigem Gesicht wandte er sein Pferd ab vom Land der Priesterinnen und setzte seinen Weg nach Norden fort, folgte dem Latham auf seinem weiten Ritt zur Ebene.
    Er hatte vor, die Dalrei um Hilfe zu bitten, wie er es schon so oft getan hatte. Falls Dave Martyniuk sich irgendwo in den endlosen Weiten der Ebene befand, konnten nur die Reiter ihn finden. So ritt er nach Norden, eine große, grauhaarige, bärtige Gestalt, die nicht mehr als jung gelten konnte, allein auf dem Pferd inmitten der Weite der flachen Landschaft, und die hartgebrannte Erde dröhnte unter ihm wie eine Trommel.
    Obwohl Sommer herrschte, hoffte er, einen Reiterstamm in der südlichen Ebene zu finden, denn wenn er es schaffte, auch nur mit einem Stamm zu sprechen, würde man die Nachricht nach Celidon weiterleiten, und sobald seine Botschaft im Herzen der Ebene eingetroffen war, würden bald sämtliche Dalrei davon wissen, und den Dalrei vertraute er.
    Doch es war ein langer Ritt dorthin, und nun gab es inmitten des flachen Weidelands keine Dörfer mehr, in denen er etwas essen oder sich ausruhen konnte. Und so galoppierte er immer noch allein dahin, als der dritte Tag sich dem Sonnenuntergang zuneigte und die Nacht hereinbrach. Sein Schatten lag lang gestreckt neben ihm auf dem Erdboden, und der Fluss machte sich im Osten als glitzerndes, lautloses Etwas bemerkbar, als das Gefühl von Dringlichkeit, das ihn seit Paras Derval begleitet hatte, sich plötzlich in Entsetzen verwandelte.
    So heftig riss er die Zügel an sich, dass sein Pferd sich auf die Hinterhand erhob, ehe es zum Stehen kam, und dann sorgte er dafür, dass es wie erstarrt dastand. Einen Moment lang verweilte er mit plötzlich angstvoll verzerrtem Gesicht, dann stieß Loren Silbermantel inmitten der hereinbrechenden Nacht einen lauten Schrei aus, warf sein Pferd herum und machte sich in der Dunkelheit auf den Rückweg, zurück nach Paras Derval, wo gleich etwas Überwältigendes geschehen würde.
    In rasendem Galopp, heimwärts unter den Sternen, konzentrierte er sich und sandte in seiner Verzweiflung eine Warnung gen Süden, über die ganze ungeheure Entfernung hin. Doch er war zu weit weg und ohne seine Zauberkraft. Er trieb sein Pferd zu noch größerer Eile an, brauste im Dunkeln dahin wie der Wind, war sich jedoch, noch während er dies tat, darüber im Klaren, dass er zu spät kommen würde.
    *
    Jennifer fühlte sich gar nicht glücklich. Nicht nur war Dave verloren gegangen, nicht nur waren Kevin und Paul am Morgen mit Diarmuid zu irgendeinem verrückten Ausflug aufgebrochen, nein, jetzt war auch noch Kim fort, mit Matt zusammen, der sie zur Wohnstätte der alten Frau führte, von welcher die Leute am vergangenen Tag im Großen Saal behauptet hatten, sie sei eine Hexe.
    Und sie blieb zurück, in einem großen Raum an der kühleren Westseite des Palastes, wo sie auf einem niederen Fenstersitz Platz genommen hatte, umgeben von dem Geschwätz von Hofdamen, die nur darauf erpicht schienen, ihr alles über Kevin Laine und Paul Schafer zu entlocken, was sie nur konnten, wobei deren sexuelle Vorlieben einen besonderen und ausdrücklich hervorgehobenen Schwerpunkt bildeten.
    Während sie diese

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