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Silbernes Band (German Edition)

Silbernes Band (German Edition)

Titel: Silbernes Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Jaedig
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Weile unters eiskalte Wasser, wusch anschliessend das blutige Messer und das Schneidbrett gründlich ab, bevor sie mit klopfendem Herzen ins Bad ging. Für einen winzigen Moment hatte sie Angst, Heiðar könnte sich plötzlich auf sie stürzen. Die Tür zum Schlafzimmer war verschlossen, vermutlich hatte er dort Zuflucht gesucht. Im Bad lag Verbandszeug bereit. Sie klebte ein grosses Pflaster auf die Wunde, die zum Glück bereits aufgehört hatte zu bluten.

    Als sie in die Küche zurückkehrte, sass er Gæfa gegenüber am Tisch. Der gefährliche Ausdruck in seinem Gesicht war verschwunden. Er gab ihr mit einem Nicken zu verstehen, dass alles in Ordnung war. Gæfa hatte die restlichen Orangen ausgepresst und den Saft auf drei Gläser verteilt. Rúna setzte sich wieder und nahm erst mal einen Schluck Kaffee. Er hatte sich im Griff gehabt, das war die Hauptsache.

Eisblaue Seide

    Rúnas Familie flog mit der Mittagsmaschine nach Akureyri zurück. Auf der Rückfahrt vom Inlandflughafen stoppten sie am Busbahnhof, wo Fionn sie bereits erwartete. „Ihr wolltet euch mit mir über Rúnas Vater unterhalten?“, kam er ohne Umschweife zum Thema. „Du hast bestimmt seinen Geruch bemerkt. Gibt es viele Menschen, die nach Hund oder einem anderen Tier riechen?“, wollte Rúna wissen. „Nein, das ist äusserst selten. Mir ist bisher erst einmal ein Mann mit einer ähnlichen Duftnote begegnet. Ebenfalls hier auf Island, das war im Jahr 1976. Auf die näheren Umstände der Begegnung möchte ich nicht eingehen“, erwiderte er mit vielsagendem Blick. Rúna überhörte die grausige Andeutung und fuhr fort: „Vielleicht solltest du erst mal die Geschichte meines Vorfahren Bjálfi hören. Es muss damit zusammenhängen.“ – „Danke Rúna, ich bin bereits im Bild. Heiðar hat mir die Geschichte eben geschildert.“ – „Du meinst, während wir zwei uns unterhalten, erzählt er dir nebenbei etwas, das ich nicht hören kann?“ – „Verzeih bitte, das erscheint dir bestimmt unhöflich, aber es ist sehr praktisch und zeitsparend.“ – „Entschuldige, Rúna.“ Heiðar langte zu ihr hinüber und strich beschwichtigend über ihre Wange. Mit der anderen Hand schlug er das Lenkrad ein und parkte flüssig vor dem schmutzig-grauen Mehrfamilienhaus an der Miklabraut.

    Während sie gemeinsam Küche und Wohnzimmer räumten, unterhielten sie sich weiter über Péturs Erbe. „Hast du jemals von Berserkern und Abendwölfen gehört?“, fragte Rúna. „Nein. Wenn man davon ausgeht, dass die Geschichten keine Erfindung der Sterblichen sind, dann müssen diese Kreaturen vor langer Zeit gelebt haben“, erklärte Fionn. „Wie deutest du die Begegnung des Wiedergängers mit dem Fremden? Die Beschreibung ..könnte.. auf einen Unsterblichen hindeuten.“ – „Das ist mehr als unwahrscheinlich, mein Liebes. Ich glaube nicht, dass die Unsterblichen jemals etwas mit anderen übernatürlichen Kreaturen zu schaffen hatten. Und wenn doch, gibt es keine Zeitzeugen mehr. Unsterbliche legen niemals schriftliche Zeugnisse ab. Wenn ein alter Unsterblicher stirbt, bleibt nur zurück, was er anderen anvertraute – seine Erinnerungen sterben mit ihm. Einer der ältesten Unsterblichen, die ich kenne, ist unser Vorsitzender, er stammt aus dem späten 15. Jahrhundert. Er hat nie von solchen Phänomenen berichtet, obwohl er noch einige der alten Unsterblichen kannte.“ – „Du glaubst nicht, dass es zu jener Zeit Unsterbliche gab auf Island?“ – „Nein. Die Insel ist auch heute nicht sonderlich beliebt bei Unsterblichen. Mein Schöpfer wollte mich im Jahr 1713 dazu überreden, nach Island zu schwimmen. Ich habe dankend abgelehnt und ging fortan meiner eigenen Wege.“ – „Warum wollte dein Schöpfer ausgerechnet nach Island?“ – „Um sich die feuerspeienden Berge anzusehen – was für eine verrückte Idee!“ – „Hatte er einen Bezug zu Island?“ – „Nicht dass ich wüsste. Er hielt sich sehr bedeckt, was seine Lebensgeschichte anging, aber wenn es eine Verbindung zu Island gegeben hätte, wäre mir das bestimmt aufgefallen. Ich werde auf keinen Fall nach ihm suchen, um ihn danach zu fragen – vergesst es einfach!“

    „Na ja, in Bezug auf Pétur scheint das alles keine grosse Rolle zu spielen“, lenkte Heiðar ein, „Seine spürbare Reserviertheit mir gegenüber muss nicht zwingend mit dem Erbe zusammenhängen. Er ist ein sehr aufmerksamer, aber ansonsten normaler Mensch mit einem etwas besonderen Geruch – das ist alles. In

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