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Silbernes Mondlicht, das dich streichelt

Silbernes Mondlicht, das dich streichelt

Titel: Silbernes Mondlicht, das dich streichelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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Reißzähne, die ihn als den gefürchteten Vampir
auswiesen.
    Neely nahm die Fernbedienung, um den
Kanal zu wechseln. Aber irgendwie konnte sie die Bewegung nicht ganz zu Ende
führen. Sie war für einen Moment wie erstarrt, erfüllt von einer seltsamen
Mischung aus Gefühlen — Panik, Freude, Faszination und dem fieberhaften
Wunsch, sich selbst gegenüber abzustreiten, daß eine solche Kreatur jemals
existiert haben könnte.
    Als die eigenartige Starre nachließ,
ging sie ins Schlafzimmer und tauschte ihre Uniform gegen einen warmen Pyjama
aus. Danach würde sie einen anderen Kanal wählen.
    Doch sie ließ sich auf der Couch
nieder und starrte wieder wie hypnotisiert auf den Bildschirm. Sie wußte, sie
hätte aufstehen sollen, um ins Bett zu gehen oder ein Buch zu lesen, anstatt
nur einfach dazusitzen und sich einen Film anzusehen, den sie gar nicht sehen
wollte, aber sie fand einfach nicht die Kraft dazu. Ihr Blick glitt zum Telefon
auf der anderen Seite des Raums; sie fragte sich, ob sie unter der Anspannung
allmählich zusammenbrach. Vielleicht sollte sie Dr. Fredricks anrufen ...
    Um ihr was zu sagen ...? Tut mir
leid, daß ich Sie störe, aber es läuft gerade ein Vampirfilm, und ich finde
nicht die Kraft, ihn abzustellen ...
    Neely nahm ihren rechten Daumen in
den Mund und biß kräftig zu. Der Film lief weiter, es wurde draußen langsam dunkel,
und sie saß noch immer da, wie gebannt, und schaute zu.
    Ein plötzlicher Lichtstrahl ließ
Neely zusammenzucken und aufschreien.
    Valerian persönlich stand vor der
Couch, hager und irgendwie gealtert, aber prächtig und beeindruckend wie eh
und je. Statt seiner üblichen eleganten Abendkleidung trug er mittelalterliche
Beinkleider, weiche Lederschuhe und eine Tunika aus grobem braunem Wollstoff.
Ein langes Schwert hing in einer Scheide an seiner Hüfte.
    Als er die Filmversion von Graf
Dracula sah, lachte er.
    Neelys Erstarrung ließ nach; sie
stand auf und schaute sich nach einer Waffe um, aber alles, was sie fand, war
der Hüttenkäse.
    Valerian lächelte spöttisch. »Wollen
Sie mir den Teelöffel ins Herz bohren?«
    Neelys eigenes Herz schlug so
heftig, daß sie kaum Luft bekam. Valerian war freundlich genug gewesen, in der
Vergangenheit, aber sie hatte sich nie die Illusion gestattet, daß er ihr
Freund war.
    »Was wollen Sie?« fragte sie.
    Valerian seufzte. »Ihnen das zu
erklären würde mehr Zeit in Anspruch nehmen, als ich besitze, Mylady«, sagte er
traurig.
    Neely ließ sich auf einen Sessel
fallen. Nachdem ihre erste Angst verflogen war, wollte sie etwas über Aidan
erfahren. Gleichzeitig jedoch fürchtete sie Valerians Antwort — was war, wenn
das Experiment mißlungen war und Aidan nicht mehr lebte? Oder falls Valerian
ihr sagte, daß sein Freund zwar lebte, aber beschlossen hatte, doch nicht den
mühevollen Weg zu beschreiten und eine menschliche Frau zu lieben?
    »Er liebt Sie noch«, sagte Valerian,
der — natürlich — Gedanken lesen konnte wie jeder andere Vampir.
    Neely hob eine Hand an ihre Kehle.
»Dann hat er überlebt?«
    Valerians breite Schultern schienen
herabzusacken; er stellte plötzlich ein Bild der Trauer dar. »In gewisser Weise
ja. Er ist jetzt ein ganz normaler Mensch — attraktiv, aber eigentlich nichts
Besonderes im Vergleich zu dem, was er einmal war. Ich werde nie begreifen,
warum er bereit war, ein derartiges Opfer zu bringen.«
    Neely wollte vor Freude aufschreien,
aber sie beherrschte sich, weil sie jemandem wie Valerian nicht ihre geheimsten
Gefühle verraten wollte. Aber sie besaß auch noch einen anderen Grund für ihre
Zurückhaltung. Aidan war wieder ein Mensch geworden, wie er es sich sehnlichst
gewünscht hatte, doch anscheinend hatte er keinerlei Versuche unternommen, sie
zu finden.
    Selbst ohne seine übernatürlichen
Eigenschaften wäre es nicht schwer für ihn gewesen, sie zu finden. Obwohl sie
auf der Post in Bright River keine Adresse hinterlassen hatte, wußte ihr Bruder
Ben, wo sie sich aufhielt.
    Ben war ein sturer, eigensinniger
Mensch, der Aidan zwar vielleicht nicht verraten hätte, wo seine Schwester sich
befand, aber sich bestimmt als Vermittler zwischen ihr und Aidan angeboten
hätte.
    »Aidan erinnert sich nicht an Sie«,
sagte Valerian, der wieder ihre Gedanken gelesen hatte. »Nicht richtig
jedenfalls. Ihm sind nur Bruchstücke seiner Erinnerung geblieben, die mit der
Zeit ebenfalls verblassen werden. Die Bruderschaft hält es für besser, wenn er
bestimmte Dinge aus seiner Vergangenheit

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