Silbernes Mondlicht, das dich streichelt
stammte, aber ihre Möglichkeiten waren sehr
beschränkt. Sie hatte im Laufe der Jahre zwar ein wenig Geld gespart, aber es
war zum größten Teil fest angelegt, und sie konnte es nicht flüssig machen,
ohne unerwünschte Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.
»Danke«, sagte sie, ohne den
Umschlag zu öffnen oder den Senator anzuschauen. Dann stieg sie aus, und noch
bevor das Motorengeräusch des Mietwagens vollkommen verklungen war, packte sie
bereits ihren Koffer.
Danach borgte sie sich Bens Wagen
und fuhr in die Stadt, um Danny von der Schule abzuholen. Er strahlte, als er
sie sah, und trennte sich von seinen Freunden, die einen Bus bestiegen.
»Hi«, sagte er und ließ sich auf dem
brüchigen Ledersitz neben ihr nieder. »Was ist los?« fragte er stirnrunzelnd.
»Ich muß doch nicht zum Zahnarzt oder- so?«
Neely schüttelte den Kopf, lächelte
und drängte ihre Tränen zurück. »Nein, Danny. Ich habe andere Neuigkeiten für
dich, und — ganz ehrlich gesagt — mache ich mir ein bißchen Sorgen, wie du
darauf reagieren wirst.«
Dannys Sommersprossen hoben sich
klar von seiner blassen Haut ab. »Diese schlimmen Männer sind hinter dir her,
nicht?«
Neely fuhr über die Main Street, am
Drugstore und am Eiscafe vorbei und an der Bank. Sie würde diese Stadt
vermissen, aber bei weitem nicht so sehr wie Ben und Danny. »Was weißt du über
Männer, die hinter mir her sind?« fragte sie stirnrunzelnd.
»Ich hörte einmal, wie du mit Dad
darüber sprachst.«
Neely sah das Büro des Sheriffs im
Vorbeifahren und wünschte, ihr Problem lösen zu können, indem sie hineinging
und die Sache anzeigte. Aber das würde ihr nicht viel nützen. Wenn das FBI
bisher nichts unternommen hatte, durfte sie wohl kaum Schutz von einem
alternden, übergewichtigen Sheriff erwarten. Nein, ihre einzige Hoffnung war,
die Kopien ihrer Beweise gegen Senator Hargrove und seine Komplizen an die
Presse zu übergeben. Sie mußte nur lange genug am Leben bleiben, um das
Vorhaben wahrmachen zu können.
Sie streckte die Hand aus und strich
Danny über das weiche braune Haar. »Ich hätte wissen müssen, daß ich so etwas
nicht vor einem Superdetektiv wie dir verbergen konnte.«
Tränen schimmerten in Dannys Augen.
»Aber du wirst doch irgendwann zurückkommen?«
Ein jäher, völlig unerwarteter
Optimismus erwachte in Neely. So unwahrscheinlich es auch sein mochte, daß sie
dies hier alles überleben würde, sie mußte sich zwingen, daran zu glauben. Denn
wenn sie es nicht tat, würde das Entsetzen sie lähmen und sie handlungsunfähig
machen.
»Worauf du dich verlassen kannst«,
beantwortete sie Dannys Frage. »Aber zwei Dinge mußt du mir versprechen — daß
du jeden Abend für mich beten wirst und daß du dich um deinen Vater kümmerst.«
Danny hob zu einem feierlichen
Schwur die Hand, und Neely schloß ihn in die Arme. Jetzt brauchte sie sich nur
noch von Ben zu verabschieden, ihre Koffer zu nehmen und sich auf den Weg zu
machen. Sie hätte auch gern Aidan noch einmal gesehen, doch dazu blieb ihr
keine Zeit. Und im übrigen kannte sie den Mann doch kaum ...
Fünf Stunden später war Neely nach
Norden unterwegs, in dem Wagen, den sie Doris Craig abgekauft hatte. Der
Abschied von Ben war ihr nicht leichtgefallen, aber er hatte sie gedrängt, so
rasch wie möglich aufzubrechen, und hatte ihr die gesamte Tageskasse des
Restaurants in die Jackentasche gestopft.
Neely hatte Doris ihren Wohnwagen
und ihren Job überlassen, bevor sie sich in dem klapprigen alten Wagen auf die
Reise machte. Sie hatte noch noch einmal kurz angehalten, bevor sie Bright
River verließ, und an Aidan Tremaynes Tür geklingelt, um sich zu verabschieden.
Aber er war ganz offensichtlich nicht zu Hause gewesen.
Auf einem Zettel hatte sie eine
kurze Nachricht für Aidan hinterlassen und sie im Rahmen seiner Tür
festgeklemmt. Es wurde bereits dunkel in Bright River, als Neely die Stadt verließ.
Maeve war zu Besuch auf dem Landsitz der
Havermails im England des späten neunzehnten Jahrhunderts. Sie war gerade in
eine Partie Kricket vertieft, die im Schein Tausender bunter Papierlaternen
gespielt wurde, als Aidan sich an ihrer Seite verkörperlichte.
Mit einem leisen Schrei wich Maeve
zurück. »Du lieber Güte, Aidan«, zischte sie, »ich hasse es, wenn du das tust!«
Ohne die neugierigen Blicke der
Umstehenden zu beachten, ergriff er ihren Arm und zog sie auf eine Hecke zu.
»Ich komme wegen Valerian — er hat einen Weg gefunden, einen Vampir wieder in
einen
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