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Silberschweine

Silberschweine

Titel: Silberschweine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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    Sosia Camillina war dort, wo ich vermutete.

X
    Mit eingezogenen Köpfen traten Petro und ich in einen Hauseingang, der zwischen der Werkstatt eines Messerschmieds und einem Käseladen lag. Kurz vor der eleganten Wohnung im Erdgeschoß, wo der Freigelassene wohnte, dem inzwischen der ganze Block gehörte (und noch ein paar andere dazu – diese Leute verstehen zu leben), bogen wir ab und nahmen die Treppe nach oben. Das schmuddelgraue Haus lag hinter dem Emporium, nicht allzu weit vom Fluß entfernt, aber auch nicht so nah, daß es im Frühjahr mit den Füßen im Wasser stand. Das Viertel war arm, aber an allen Säulen auf der Straßenseite ringelten sich Kletterpflanzen in die Höhe, Katzen schliefen in den Blumenkästen, Sommerblumen brachten Farbe auf die Balkone; irgend jemand fegte hier sogar regelmäßig die Treppe. Mir war diese Gegend immer sehr freundlich vorgekommen – ich kannte sie auch lange genug.
    Auf dem Treppenabsatz des ersten Stocks klopften wir an eine ziegelrote Tür, die ich unter massivem Druck eigenhändig gestrichen hatte. Eine schmächtige Sklavin ließ uns ein. Wir bahnten uns unseren Weg zu dem Zimmer, in dem alle zusammenhocken würden.
    »Hah! Machen die Kneipen neuerdings so früh zu?«
    »Hallo, Mutter«, sagte ich.
    Meine Mutter saß in der Küche und überwachte ihre Köchin, mit anderen Worten: Die Köchin war nirgendwo zu sehen, während meine Mutter einer Gemüseknolle mit einem scharfen Messer irgend etwas Schnelles zufügte. Ihr Grundsatz lautete: Wenn etwas gut werden soll, muß man es selber tun. Überall hockten Kinder von anderen Leuten herum und vernichteten mit stahlharten Kiefern jede Menge Brot und Obst. Sosia Camillina saß am Küchentisch und verschlang ein Stück Zimtkuchen, und zwar mit einer Wonne, die deutlich zeigte, daß sie sich schon ganz wie zu Hause fühlte. So ergeht es fast allen Leuten in meinem Elternhaus.
    Wo war eigentlich mein Vater? Lieber nicht daran rühren. Als ich sieben war, ging er mal weg und wollte irgendwo eine Partie Dame spielen. Muß ein langes Spiel geworden sein, bis jetzt ist er jedenfalls noch nicht zurück.
    Ich gab meiner Mutter pflichtschuldigst einen Kuß auf die Wange und hoffte, Sosia würde es mitbekommen. Statt dessen bekam ich eins mit dem Sieb über den Kopf. Für Petronius dagegen hatte sie ein freundliches Lächeln. (So ein netter Junge; so eine tüchtige Frau; so eine ordentliche, gut bezahlte Stelle!)
    Meine älteste Schwester Victorina war auch da. Petronius und ich gingen innerlich in Deckung. Ich hatte Angst, Victorina würde mich Minus nennen und Sosia würde es hören. Warum er so ängstlich dreinblickte, wußte ich nicht.
    »Hallo, Minus«, sagte meine Schwester, und dann zu Petronius: »Hallo, Primel!«
    Sie war jetzt mit einem Verputzer verheiratet, aber in mancher Beziehung hatte sie sich nicht verändert, seit sie in unserer Kinderzeit den Dreizehnten Bezirk tyrannisiert hatte. Uns andere hatte Petronius damals nicht gekannt, aber Victorina war ihm ein Begriff gewesen – ihm und allen anderen in einem Umkreis von mehreren Meilen ebenfalls.
    »Wie geht es denn meinem Lieblingsneffen?« fragte ich, denn sie hatte ihre jüngste Stupsnase auf dem Arm. Der Kleine hatte das Runzelgesicht und den vertränten Blick eines Hundertjährigen. Über ihre Schulter starrte er mich mit offenkundiger Verachtung an: konnte kaum krabbeln, aber einen Lügner erkannte er.
    Victorina warf mir einen müden Blick zu. Sie wußte, daß mein Herz Marcia gehörte, unserer dreijährigen Nichte.
    Meine Mutter brachte Petronius mit einem Kästchen Rosinen zur Ruhe und entlockte ihm nun allerlei Belanglosigkeiten über die Beziehung zu seiner Frau. Mir gelang es, einer Melonenschnitte habhaft zu werden, aber Victorinas Kleiner schnappte sich das andere Ende. Er hatte den Griff eines liburnischen Ringers. Wir kämpften ein paar Minuten, dann gab ich auf. Der Strolch schleuderte die Melone zu Boden.
    Sosia beobachtete alles aus riesengroßen, ernsten Augen. So ein munteres Chaos hatte sie vermutlich noch nie erlebt.
    »Hallo, Falco!«
    »Hallo, Sosia!« Ich ließ ein Lächeln spielen, das ihren Körper in flüssiges Gold hüllen sollte. Meine Schwester tauschte einen höhnischen Blick mit meiner Mutter. Ich stellte einen Fuß auf die Bank neben Sosia und grinste zu ihr herunter, bis meine Mutter es bemerkte.
    »Nimm den Schuh von meiner Bank!«
    Ich nahm den Schuh von der Bank.
    »Kleine Göttin, wir müssen uns dringend

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