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Silberschweine

Silberschweine

Titel: Silberschweine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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alt genug.)
    Der eigentliche Gegenstand unseres Interesses war in ein Filztuch gehüllt und mit einer Hanfkordel verschnürt. Da uns der Bankier mit unverhohlener bithynischer Neugier zusah, half mir Petronius, das Päckchen unausgepackt herauszunehmen. Es war unglaublich schwer. Zum Glück hatten wir uns den Handkarren von meinem Schwager, dem Verputzer, geborgt, der wie üblich arbeitslos war. (Aber nicht etwa deshalb, weil alle Mauern Roms sauber und glatt gewesen wären. Es lag nur daran, daß den Leuten in Rom der Anblick nackter Latten an den Mauern lieber war als der Gedanke, einen scheeläugigen, stinkfaulen Schurken wie ihn anzustellen.) Wir zogen mit unserem Wägelchen ab, das unter seiner Last knarrte. Petro überließ mir die meiste Arbeit.
    »Tu dir nicht weh!« rief Sosia besorgt.
    Petronius zwinkerte ihr zu. »So kümmerlich, wie er aussieht, ist er gar nicht. Trainiert heimlich Gewichtheben in einer Gladiatorenschule. Komm, laß die Muskeln spielen, Sportsmann –«
    »Irgendwann mußt du mir mal erzählen, warum Victorina dich Primel nennt«, versetzte ich keuchend.
    Er sagte nichts. Aber er wurde rot, ich schwöre es.
    Zum Glück ist Rom eine Weltstadt. Zwei Männer, die mit einem Mädchen und einem Handkarren in der Gegend herumziehen, können hier in einer Kneipe einkehren, ohne Aufsehen zu erregen. Wir suchten uns eine aus, die in einer schattigen Seitengasse lag. Ich belegte einen Tisch in einer dunklen Ecke, während Petro uns ein paar Pasteten organisierte. Wir mußten beide zupacken, um das wertvolle Stück auf den Tisch zu wuchten. Vorsichtig streiften wir den Filz zurück.
    »Schatten des Hades!« entfuhr es Petronius.
    Jetzt sah ich, warum Onkel Petronius dieses Baby nicht im Römischen Tageblatt ankündigen wollte.
    Sosia Camillina hatte keine Ahnung, was es war.
    Petro und ich wußten es. Uns wurde beiden ein bißchen flau. Aber Petro mit seinem eisernen Magen lehnte sich trotzdem auf seinem Klappschemel zurück und schlug seine Zähne in eine Gemüsepastete. Statt unerfreulichen Erinnerungen nachzuhängen, biß auch ich erst einmal zu. In meiner war vor allem Kaninchen, mit Hühnerleber und wahrscheinlich Wacholder – nicht übel. Außerdem gab es noch einen Teller mit Leckerbissen vom Schwein; den überließen wir Sosia.
    »Diese verfluchte Zollstation«, erinnerte sich Petro voller Grauen. »Total einsam an der Mündung der Sabrina, auf der falschen Seite der Grenze. Nichts zu tun, als die Fischerboote im Nebel zu zählen und ein Auge darauf zu haben, ob die kleinen dunklen Männer mal wieder zu einem Raubzug über den Fluß kommen. O Götter! Weißt du noch, Falco, der Regen?«
    Ich wußte noch. Der lange, trübselige Regen in Südwestbritannien ist nämlich unvergeßlich.
    »Falco, was ist denn das nun?« zischte Sosia.
    Ich genoß die Dramatik, während ich verkündete: »Sosia Camillina, das ist ein Silberschwein!«

XII
    Es war ein Bleibarren.
    Er wog zweihundert römische Pfund. Ich habe mal einer Frau zu erklären versucht, wie schwer das ist:
    »Kein bißchen schwerer als du selbst. Du bist ein großes Mädchen mit was dran. Ein Bräutigam könnte dich noch gerade über seine Schwelle wuchten, ohne daß ihm das alberne Lächeln vergeht …« Das Mädchen, das sich meine Frechheiten anhören mußte, war ziemlich kräftig gebaut, aber ohne Übergewicht. Es klingt vielleicht unfreundlich, aber wenn Sie jemals versucht haben, eine wohlgenährte junge Dame auf den Arm zu nehmen, dann müssen Sie zugeben, daß der Vergleich durchaus trifft.
    Petronius und ich betrachteten das Silberschwein wie einen alten, etwas ungelegen kommenden Freund.
    »Was ist ein Silberschwein?« fragte Sosia. Ich sagte es ihr. »Und warum nennt ihr sie Schweine?«
    »Wenn man wertvolle Erze verfeinert, läuft das flüssige Metall aus dem Schmelzofen in einen langen Kanal, von dem zu beiden Seiten die Formen der Barren abzweigen – sie liegen da, wie saugende Ferkel an der Muttersau.«
    Petronius starrte mich skeptisch an, während ich sprach.
    Manchmal wundert er sich darüber, was ich alles zu wissen behaupte.
    Dieses wertvolle Mastferkel war ein glanzloser Metallblock, ungefähr fünfzig Zentimeter lang, zwölf Zentimeter breit und zehn hoch, an den Kanten leicht abgeschrägt, mit dem Namen des Kaisers und dem Datum an einer Längsseite. Er sah wirklich nach nichts aus, aber wer ihn zu schleppen versuchte, ging bald in die Knie. Vierundzwanzig Schöpfkellen flüssiges Metall pro Standardform, gerade so

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