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Silberschweine

Silberschweine

Titel: Silberschweine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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schwer, daß man noch damit hantieren konnte. Aber zu schwer, um ihn zu stehlen. Dabei hätte es sich gelohnt. Der Silbergehalt des Bleis aus den Mendip-Bergen ist beträchtlich, im Schnitt hundertdreißig Unzen pro Tonne. Ich fragte mich, ob dem Spielzeug auf dem Tisch das Silber schon entzogen war.
    Der Staat hatte ein Monopol auf Edelmetallerze. Egal, woher dieser Barren kam, er gehörte der Münze. Wir drehten ihn um und suchten nach einer offiziellen Prägung.
    Er war ordnungsgemäß gestempelt: T CL TRIF, irgendein Unsinn, nicht einmal, sondern gleich viermal, und dann EX ARG BRIT – die altbekannte Prägung, die wir zugleich befürchtet und erhofft hatten. Petronius stöhnte.
    »Britannien; die Signatur stimmt! Irgendwem geht da jetzt ganz ordentlich die Muffe.«
    Ein unbehagliches Gefühl überkam uns beide.
    »Sehen wir zu, daß wir weiterkommen«, meinte Petro. »Soll ich ihn wegräumen? Der übliche Platz? Kümmerst du dich um das Mädchen?«
    Ich nickte.
    »Falco, was ist denn jetzt?« fragte sie aufgeregt.
    »Er deponiert das Silberschwein an einem Ort, wo es ein bißchen riecht und wo Verbrecher mit ihren empfindlichen Nasen nie nachsehen würden. Du gehst jetzt nach Hause. Und ich muß mich dringend mit deinem Onkel Decimus unterhalten.«

XIII
    Ich brachte Sosia in einer Sänfte nach Hause. Wir hatten beide Platz darin. Sosia war eine halbe Portion, und ich konnte mir ausgiebige Mahlzeiten nur so selten leisten, daß die Träger uns zusammen hineinließen. Lange sagte ich keinen Ton, aber als sie merkte, daß ich ihr nicht mehr böse war, begann sie zu plappern. Ich hörte es, aber ich hörte nicht zu. Sie war noch so jung; sie konnte nach einer Überraschung einfach nicht stillsitzen.
    Langsam begann mich die ganze Familie Camillus zu ärgern. Nichts von dem, was diese Leute sagten, stimmte wirklich, immer fehlte irgend etwas, oder es erwies sich als so unerfreulich, daß ich lieber nichts davon gehört hätte. Mit meinem unbefristeten Vertrag war ich in eine Sackgasse geraten.
    »Warum bist du so still?« fragte Sosia plötzlich. »Würdest du das Silberschwein gern stehlen?« Ich sagte nichts. Natürlich hatte ich darüber nachgedacht, wie sich das organisieren ließe. »Hast du überhaupt jemals Geld, Falco?«
    »Hin und wieder.«
    »Und was machst du damit?«
    »Ich würde meine Miete damit bezahlen«, sagte ich.
    »Aha!« meinte sie mit ernster Miene. Sie sah mich mit diesen großen Augen an, die mich jedesmal aus der Fassung brachten. Ihre Miene verdunkelte sich zu einem schmollenden Schmachten – wegen meiner Aggressivität. Ich wollte ihr sagen, es sei nicht besonders klug, Männern, mit denen sie allein war, solche Blicke zuzuwerfen, aber dann ließ ich es bleiben. Es wäre mir schwergefallen, ihr zu erklären, warum.
    »Didius Falco, was tust du wirklich damit?«
    »Ich schicke es meiner Mutter.« Mein Tonfall ließ sie dort, wo ich Frauen am liebsten lasse: im unklaren darüber, ob ich es ernst meine oder nicht.
    Zu jener Zeit war ich der Meinung, ein Mann solle Frauen nie sagen, was er mit seinem Geld tut. (Damals war ich natürlich noch unverheiratet, und meine Frau hatte mir ihre Einstellung zu diesem Problem noch nicht klargemacht.)
    In Wirklichkeit bezahlte ich mit meinem Geld manchmal die Miete. (Aber nicht oft.) Von dem, was nach Abzug der unvermeidlichen Ausgaben übrigblieb, schickte ich die Hälfte meiner Mutter; den Rest gab ich der jungen Frau, die mein Bruder aus Mangel an Zeit nicht mehr geheiratet hatte, bevor er in Judäa fiel, und dem Kind, dessen nichtsahnender Vater er war.
    Aber das alles ging eine Senatorennichte nichts an.
    Ich lud sie bei ihrer erleichterten Tante ab.
    Aus meiner Sicht gibt es drei Arten von Senatorenfrauen. Jene, die mit Senatoren schlafen, aber nicht mit denen, die ihnen angetraut sind; jene, die mit Gladiatoren schlafen; und einige wenige, die zu Hause bleiben. In der Zeit vor Vespasian traf man die beiden ersten Sorten auf Schritt und Tritt. Und nachher noch häufiger, denn als Vespasian, während er mit seinem älteren Sohn im Orient unterwegs war, Kaiser wurde, lebte Domitian, sein Jüngster, in Rom und hegte die Vorstellung, der Weg zum Cäsarenthron führe durch die Betten möglichst vieler Senatorenfrauen.
    Die Frau des Decimus Camillus gehörte zur dritten Sorte: sie blieb zu Hause. Soviel wußte ich, anderenfalls hätte ich von ihr schon gehört. Sie war so, wie ich sie mir vorgestellt hatte: stattlich, ein bißchen angespannt,

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