Silberschweine
mal unter vier Augen unterhalten.«
»Was dringend ist«, erklärte meine Mutter, »kann auch gleich hier besprochen werden!«
Heftiger feixend, als ich es für angebracht hielt, setzte sich Petronius Longus jetzt an den Tisch, stützte das Kinn in die Hand und wartete darauf, wie ich anfangen würde. Alle merkten, daß ich nicht wußte, was ich sagen sollte.
Mir hatten schon mehrmals empörte Angehörige des weiblichen Geschlechts geschildert, was für ein Gesicht meine Mutter machte, wenn sie in meiner Wohnung einer bemalten Dame mit duftendem Rock begegnete. Einige von ihnen habe ich danach nie wiedergesehen. Ich muß allerdings zugeben, daß unter meinen Eroberungen auch ein paar schlimme Fehler gewesen sind.
»Was ist denn hier los?« hatte meine Mutter geblafft, als sie Sosia während meiner Zwangsplauderei mit Pertinax entdeckte.
»Guten Morgen«, entgegnete Sosia. Meine Mutter rümpfte die Nase. Sie marschierte zum Schlafzimmer hinüber, riß den Vorhang beiseite und sah das Feldbett.
»Aha! Verstehe. Klientin?«
»Das darf ich nicht sagen«, sagte Sosia.
Meine Mutter erwiderte, was man hier dürfe und was nicht, darüber habe sie zu befinden. Dann ließ sie Sosia Platz nehmen und gab ihr etwas zu essen. Sie hatte ihre Methoden. Es dauerte nicht lange, und sie kannte die ganze Geschichte. Sie fragte, was Sosias ehrwürdige Mama wohl von der ganzen Sache halten würde, woraufhin Sosia unvorsichtigerweise erwähnte, sie habe keine ehrwürdige Mama. Meine alleinerziehende Mutter war entsetzt.
»Gut! Du kannst mitkommen!« Sosia murmelte, sie fühle sich hier sicher genug. Meine Mutter sah sie einmal scharf an, und Sosia kam mit.
Zum Glück kam mir jetzt Petronius zu Hilfe.
»Es wird Zeit, daß wir dich nach Hause bringen, Fräulein!«
Ich erzählte Sosia, wie mich der Senator engagiert hatte. Die Schlußfolgerungen, die sie daraus zog, gingen allerdings zu weit.
»Er hat es dir also erklärt? Ich dachte zuerst, Onkel Decimus würde mit seiner Vorsicht übertreiben –« Sie brach ab und fuhr mich an: »Du weißt ja überhaupt nicht, wovon ich spreche!«
»Dann erzähl es mir«, sagte ich sanft.
Sie wirkte ziemlich verstört. Ihre großen Augen flogen hinüber zu meiner Mutter. Alle Leute haben Vertrauen zu meiner Mutter.
»Ich weiß nicht, was ich tun soll!« jammerte Sosia.
»Mich brauchst du nicht so anzusehen«, sagte meine Mutter patzig. »Ich mische mich nie ein.«
Ich ließ ein Schnauben hören. Sie beachtete es nicht, aber selbst Petronius konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.
»Du mußt ihm von deinem Schließfach erzählen, Kind«, sagte meine Mutter. »Mehr als das, was drin ist, kann er auch nicht stehlen.« Dieses Vertrauen, das sie zu mir hatte! Aber man kann es ihr wohl nicht verdenken. Aus irgendeinem seltsamen Grund hat es mein älterer Bruder zum Nationalhelden gebracht. Dagegen komme ich einfach nicht an.
»Onkel Decimus hält etwas sehr Wichtiges in meinem Tresorfach auf dem Forum versteckt«, murmelte Sosia mit bedrückter Stimme. »Ich allein kenne die Nummer des Fachs. Diese Männer wollten mich dorthin bringen.«
Ich starrte sie an und ließ sie schmoren. Schließlich wandte ich mich zu Petronius um. »Was hältst du davon?« Ich wußte, wie er antworten würde.
»Wir gehen hin und sehen es uns an!«
Sosia Camillina war auf einmal sehr willig. Sie machte uns sogar darauf aufmerksam, daß wir einen Handkarren brauchen würden, um die Beute zu transportieren.
XI
Auf dem Forum war es jetzt kühler und ruhiger als bei meinem letzten Besuch zusammen mit Sosia, vor allem in dem langen Säulengang, wo die Geldwechsler für ängstliche Bürger Schließfächer bereithielten. Die Bankverbindung der Familie Camillus war ein grinsender Bithynier, der zuviel in überschüssiges Körperfett investiert hatte. Sosia flüsterte ihm die Nummer zu, und der Strahlemann öffnete das Fach. Es war ziemlich groß, aber das, was darin lag, entpuppte sich als ziemlich klein.
Der Deckel des Kastens klappte zurück. Sosia Camillina stand auf der einen Seite, Petro und ich spähten von der anderen hinein. Ihre Ersparnisse waren noch weniger beeindruckend als meine. Daß ihr Onkel diesen Tresor für sie gemietet hatte, war sicherlich eine vernünftige pädagogische Maßnahme, aber im Augenblick besaß sie nicht mehr als zehn Goldmünzen und ein paar anständige Schmuckstücke, und ihre Tante meinte, sie sei noch zu jung, um sie zu tragen. (So konnte man es auch sehen. Für mich war sie
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